FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - 27. April. Nach der Herabsetzung der Kreditwürdigkeit Spaniens stehen nicht nur iberische Anleihen unter Druck, auch Italien bekommt nur zu schlechteren Konditionen frisches Kapital. Bundesanleihen bleiben indes beliebt.
Das politische Parkett im Euroraum bestimmt das Geschehen an den Kapitalmärkten und sorgt für anhaltend hohe Volatilität von Aktien und Anleihen. Zu der Unsicherheit über den Ausgang der Präsidentenwahl in Frankreich und der bevorstehenden Neuwahl des Parlaments in Griechenland gesellte sich in dieser Woche das Ende der Regierung in den Niederlanden. 'Es besteht die Gefahr, dass sich die Bürger im Euroraum lieber ihren eigenen Problemen widmen und für Verfehlungen Anderer nicht mehr zahlen wollen', kommentiert Klaus Stopp. Nach Auffassung des Rentenexperten der Baader Bank könnten die sich abzeichnenden politischen Änderungen weiter an dem stabilen Rahmen für die Finanzmärkte nagen.
Risikoprämien steigen meist
Angeführt von mittleren und kurzen Laufzeiten bleiben in diesem Krisenumfeld deutsche Bundesanleihen das Maß aller Dinge, wie HSBC Trinkaus & Burkhardt bemerkt. 'Die Risikoprämien der Staatsanleihen der meisten EU-Peripheriestaaten sind gestiegen.' Mit 5,61 Prozent lägen die Renditen zehnjähriger italienischer Bonds um sechs Basispunkte höher, spanische Staatsanleihen hätten um neun Basispunkte auf 5,79 Prozent zugelegt. Portugiesische Werte hingegen bildeten die Ausnahme, der Spread zu deutschen Staatsanleihen gleicher Laufzeit verringerte sich um 36 Basispunkte.
Etwas holprige Auktion
Nicht ganz reibungslos sei jedoch der Tender einer neuen 30-jährigen Bundesanleihe (WKN 113548) verlaufen. Statt der angestrebten 3 Milliarden Euro sind lediglich 2,75 Milliarden Euro platziert worden, wie die Hellwig Wertpapierhandelsbank berichtet. Als kleines Vorzeichen wertet sie den Verlauf des Bund-Future im Vorfeld der Emission. Von seinem erneuten Allzeithoch bei 141,37 Prozent habe das Rentenbarometer am Emissionstag bis auf 140,37 nachgegeben. 'Einige Investoren hat vermutlich der niedrige Kupon von lediglich 2,5 Prozent für die am 4. Juli 2044 fällig werdende Anleihe abgeschreckt.'
Spanische Staatsanleihen unter Druck
Die jüngste Herabstufung der Kreditwürdigkeit Spaniens durch die Ratingagentur Standard & Poor's um zwei Stufen von A auf BBB+ mit negativem Ausblick war dem Händler der Hellwig Wertpapierhandelsbank zufolge zwar erwartet worden, dennoch reagierten Anleger verstärkt mit Verkäufen von spanischen Bonds. Zehnjährige Anleihen rutschten um 1,16 Punkte auf 98,8 Punkte nach unten und rentierten damit wieder über der für die Refinanzierung kritischen Marke von 6 Prozent. Zu dem Verkaufsdruck beigetragen hätte die am heutigen Freitag veröffentlichte Arbeitslosenquote, die im ersten Quartal einen Anstieg von 22,9 Prozent auf 24,4 Prozent ausweise.
Teure Kredite für italienische Regierung
'Auch für Italien kommt die Herabstufung Spaniens zu einem ungünstigen Zeitpunkt', meint die Helaba. Für Auktionen von BTPs mit Laufzeiten bis 2016, 2017, 2019 und 2022 müsse der Mittelmeerstaat am heutigen Freitag deutlich tiefer in die Tasche greifen.
'Drachme-Klausel' auch für andere Eurostaaten?
Die ersten Banken wappneten sich für einen Euroraum ohne Griechen, wie der Händler der Hellwig Wertpapierhandelsbank berichtet. Neue Kreditverträge der Europäischen Investitionsbank mit griechischen Unternehmen nach angelsächsischem Recht enthielten nun eine 'Drachme-Klausel'. 'Sollte Griechenland aus der Währungsunion aussteigen, müssen diese Kredite in Euro zurückgezahlt werden.'
Klaus Stopp spricht sich für eine Ausweitung dieser Klauseln auch für Kreditverträge mit anderen Ländern des Euroraums aus und empfiehlt gar, falls juristisch machbar, eine nachträgliche Vertragsanpassung für bestehende Kreditvereinbarungen. 'Nur so kann ein Missbrauch europäischer Hilfen verhindert werden, und man würde den Bürgern der Geberländer gerecht.'
Kaum Neuemissionen
Weiterhin in einer Art Dornröschenschlaf befinde sich der Markt für neue Unternehmensanleihen. Neben dem Schicksal der Schuldensünder bremsten erste Anzeichen einer nachlassenden konjunkturellen Entwicklung, wie Stopp vermutet.
Dennoch emittierte das britische Unternehmen G4S PLC erstmals erfolgreich einen in Euro notierten Bond in Höhe von über 600 Millionen Euro. Für 2,875 Prozent jährlich refinanzierte sich das mit der Note BBB ausgestattete Sicherheitsunternehmen für Geld- und Wertdienste bis 2017.
Bereits zum vierten Mal in diesem Jahr habe sich Renault über den Kapitalmarkt frisches Geld besorgt. Mit einer ebenfalls bis 2017 laufenden Anleihe und einem jährlichen Kupon von 4,25 Prozent sammelte der französische Autobauer rund 650 Millionen Euro ein. Für einen etwas höheren Zinssatz von 4,75 Prozent könne zudem die französische Kaufhauskette Galeries Lafayette nun über 500 Millionen Euro verfügen.
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© 27. April 2012 / Iris Merker
(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)
Das politische Parkett im Euroraum bestimmt das Geschehen an den Kapitalmärkten und sorgt für anhaltend hohe Volatilität von Aktien und Anleihen. Zu der Unsicherheit über den Ausgang der Präsidentenwahl in Frankreich und der bevorstehenden Neuwahl des Parlaments in Griechenland gesellte sich in dieser Woche das Ende der Regierung in den Niederlanden. 'Es besteht die Gefahr, dass sich die Bürger im Euroraum lieber ihren eigenen Problemen widmen und für Verfehlungen Anderer nicht mehr zahlen wollen', kommentiert Klaus Stopp. Nach Auffassung des Rentenexperten der Baader Bank könnten die sich abzeichnenden politischen Änderungen weiter an dem stabilen Rahmen für die Finanzmärkte nagen.
Risikoprämien steigen meist
Angeführt von mittleren und kurzen Laufzeiten bleiben in diesem Krisenumfeld deutsche Bundesanleihen das Maß aller Dinge, wie HSBC Trinkaus & Burkhardt bemerkt. 'Die Risikoprämien der Staatsanleihen der meisten EU-Peripheriestaaten sind gestiegen.' Mit 5,61 Prozent lägen die Renditen zehnjähriger italienischer Bonds um sechs Basispunkte höher, spanische Staatsanleihen hätten um neun Basispunkte auf 5,79 Prozent zugelegt. Portugiesische Werte hingegen bildeten die Ausnahme, der Spread zu deutschen Staatsanleihen gleicher Laufzeit verringerte sich um 36 Basispunkte.
Etwas holprige Auktion
Nicht ganz reibungslos sei jedoch der Tender einer neuen 30-jährigen Bundesanleihe (WKN 113548) verlaufen. Statt der angestrebten 3 Milliarden Euro sind lediglich 2,75 Milliarden Euro platziert worden, wie die Hellwig Wertpapierhandelsbank berichtet. Als kleines Vorzeichen wertet sie den Verlauf des Bund-Future im Vorfeld der Emission. Von seinem erneuten Allzeithoch bei 141,37 Prozent habe das Rentenbarometer am Emissionstag bis auf 140,37 nachgegeben. 'Einige Investoren hat vermutlich der niedrige Kupon von lediglich 2,5 Prozent für die am 4. Juli 2044 fällig werdende Anleihe abgeschreckt.'
Spanische Staatsanleihen unter Druck
Die jüngste Herabstufung der Kreditwürdigkeit Spaniens durch die Ratingagentur Standard & Poor's um zwei Stufen von A auf BBB+ mit negativem Ausblick war dem Händler der Hellwig Wertpapierhandelsbank zufolge zwar erwartet worden, dennoch reagierten Anleger verstärkt mit Verkäufen von spanischen Bonds. Zehnjährige Anleihen rutschten um 1,16 Punkte auf 98,8 Punkte nach unten und rentierten damit wieder über der für die Refinanzierung kritischen Marke von 6 Prozent. Zu dem Verkaufsdruck beigetragen hätte die am heutigen Freitag veröffentlichte Arbeitslosenquote, die im ersten Quartal einen Anstieg von 22,9 Prozent auf 24,4 Prozent ausweise.
Teure Kredite für italienische Regierung
'Auch für Italien kommt die Herabstufung Spaniens zu einem ungünstigen Zeitpunkt', meint die Helaba. Für Auktionen von BTPs mit Laufzeiten bis 2016, 2017, 2019 und 2022 müsse der Mittelmeerstaat am heutigen Freitag deutlich tiefer in die Tasche greifen.
'Drachme-Klausel' auch für andere Eurostaaten?
Die ersten Banken wappneten sich für einen Euroraum ohne Griechen, wie der Händler der Hellwig Wertpapierhandelsbank berichtet. Neue Kreditverträge der Europäischen Investitionsbank mit griechischen Unternehmen nach angelsächsischem Recht enthielten nun eine 'Drachme-Klausel'. 'Sollte Griechenland aus der Währungsunion aussteigen, müssen diese Kredite in Euro zurückgezahlt werden.'
Klaus Stopp spricht sich für eine Ausweitung dieser Klauseln auch für Kreditverträge mit anderen Ländern des Euroraums aus und empfiehlt gar, falls juristisch machbar, eine nachträgliche Vertragsanpassung für bestehende Kreditvereinbarungen. 'Nur so kann ein Missbrauch europäischer Hilfen verhindert werden, und man würde den Bürgern der Geberländer gerecht.'
Kaum Neuemissionen
Weiterhin in einer Art Dornröschenschlaf befinde sich der Markt für neue Unternehmensanleihen. Neben dem Schicksal der Schuldensünder bremsten erste Anzeichen einer nachlassenden konjunkturellen Entwicklung, wie Stopp vermutet.
Dennoch emittierte das britische Unternehmen G4S PLC erstmals erfolgreich einen in Euro notierten Bond in Höhe von über 600 Millionen Euro. Für 2,875 Prozent jährlich refinanzierte sich das mit der Note BBB ausgestattete Sicherheitsunternehmen für Geld- und Wertdienste bis 2017.
Bereits zum vierten Mal in diesem Jahr habe sich Renault über den Kapitalmarkt frisches Geld besorgt. Mit einer ebenfalls bis 2017 laufenden Anleihe und einem jährlichen Kupon von 4,25 Prozent sammelte der französische Autobauer rund 650 Millionen Euro ein. Für einen etwas höheren Zinssatz von 4,75 Prozent könne zudem die französische Kaufhauskette Galeries Lafayette nun über 500 Millionen Euro verfügen.
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© 27. April 2012 / Iris Merker
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