Berlin (Reuters) - Die Bundesregierung muss führenden Instituten zufolge nach dem schwachen Abschneiden der deutschen Wirtschaft im Sommer ihre Wachstumsprognose senken.
Bislang geht sie für das zu Ende gehende Jahr von einem Anstieg des Bruttoinlandsproduktes (BIP) von 1,8 Prozent aus, doch hat sie dafür ein leichtes Wachstum im dritten Quartal unterstellt. Tatsächlich schrumpfte es aber um 0,2 Prozent. "Das Schlussquartal müsste mit 1,3 Prozent recht kräftig ausfallen, damit die 1,8 gehalten werden kann", sagte der Konjunkturchef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Claus Michelsen, am Donnerstag zu Reuters. Das Ifo-Institut sieht das genauso. "Eine Gegenbewegung ist zwar angelegt, allerdings würde mich ein solcher Wert wirklich überraschen", betonte Michelsen.
Das Münchner Ifo-Institut etwa sagt für das laufende Schlussquartal lediglich plus 0,4 Prozent voraus. Damit würde das BIP in diesem Jahr insgesamt nur um 1,5 zulegen, sagte Ifo-Konjunkturchef Timo Wollmershäuser. Er hält auch die Prognose der Regierung für 2019 von ebenfalls 1,8 Prozent für gefährdet. Dafür müsste die deutsche Wirtschaft einen sehr guten Start ins neue Jahr erwischen und um 0,6 Prozent expandieren. "Insgesamt scheint mir aber ein derart starker Jahresauftakt 2019 vor dem Hintergrund der Verschlechterung des Geschäftsklimas im Verlauf von 2018 eher unwahrscheinlich, auch wenn die Umsetzung einiger Maßnahmen des Koalitionsvertrags Anfang 2019 stimulieren dürfte", sagte Wollmershäuser.
Die Bundesregierung hat beispielsweise die Rückkehr zur paritätischen Finanzierung der Beiträge zur Gesetzlichen Krankenversicherung beschlossen, was die verfügbaren Einkommen erhöhen dürfte. Geplant sind weitere Maßnahmen, vom Baukindergeld über die Anpassung des Kinderfreibetrags bis hin zur Ausweitung der Mütterrente.
Probleme in der Autoindustrie haben die deutsche Wirtschaft im Sommerquartal erstmals seit dreieinhalb Jahren schrumpfen lassen. Durch den Zulassungsstau infolge der Umstellung auf den neuen Abgasprüfzyklus sank das Bruttoinlandsprodukt von Juli bis September um 0,2 Prozent zum Vorquartal. Das war nicht nur der erste Rückgang seit Anfang 2015, sondern zugleich der stärkste seit fünfeinhalb Jahren.