BERLIN (dpa-AFX) - Deutschland braucht nach Aussage des russischen Energieriesen Rosneft trotz der wachsenden Spannungen zwischen der EU und Russland keine Lieferstopps zu befürchten. "Rosneft und andere russische Unternehmen werden sich streng an ihre Lieferverträge halten, die mit Krediten und Vertragsstrafen abgesichert sind", sagte Rosneft-Chef Igor Setschin dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel". Russland ist einer der wichtigsten Lieferanten von Öl und Gas für die EU und Deutschland.
Die Energieexpertin Claudia Kemfert erwartet auch im Falle einer Eskalation im Ukraine-Konflikt keine Lieferengpässe beim Erdgas oder Preissprünge. "Es gibt ausreichend Gas auf den Märkten. Im Winter wird die Nachfrage wieder steigen und man wird sehen, inwieweit der geopolitische Konflikt mit Russland überhaupt Auswirkungen haben wird", sagte Kemfert den "Kieler Nachrichten" (Samstag). Die Gaspreise seien in langfristigen Verträgen geregelt. "Somit ist aufgrund des entspannten Marktes erst einmal nicht mit Preisreaktionen zu rechnen."
Bisher sei Russland immer vertragstreu gewesen, sagte Kemfert. "Wir befinden uns nun jedoch in einer neuen Dimension der geopolitischen Konflikte. Es ist nicht ausgeschlossen, dass Russland Gas als politische Waffe einsetzt, vermutlich jedoch wohl eher gegen die Ukraine als gegen die EU."
Die EU hatte wegen des Ukrainekonflikts bereits erste Sanktionen gegen Russland beschlossen. Laut Gipfelbeschluss vom Samstag ist die EU bereit, "weitere energische Schritte zu unternehmen" und ersucht die EU-Kommission, innerhalb einer Woche Vorschläge für neue Sanktionen vorzulegen.
Setschin bezeichnete die Sanktionen im "Spiegel" als "eine Art von Krieg". Sein Konzern werde aber trotz ausbleibender Kredite aus Europa und den USA seine Investitionsprojekte finanzieren können. "Wir werden unseren Verpflichtungen leicht aus eigener Kraft nachkommen." Vermehrt kauften Indien und China Öl oder Flüssiggas von Rosneft. "Russland isolieren zu wollen, ist deshalb unmöglich", sagte Setschin. Nach seiner Einschätzung leiden vor allem deutsche Unternehmen unter den Sanktionen gegen sein Land. Wenn die Deutschen nicht liefern wollten, "kaufen wir eben in Südkorea oder China".mu