Frankfurt (Reuters) - Wenige Tage vor dem Zinsentscheid der EZB gehen Anleger in Europa in Lauerstellung.
Dax und EuroStoxx50 schlossen am Montag jeweils 0,2 Prozent fester bei gut 12.289 und knapp 3488 Punkten. Börsianer hoffen darauf, dass die Währungshüter um Mario Draghi die Geldschleusen öffnen. Selten sei vor einer Sitzung der Europäischen Zentralbank so unklar gewesen, wo die Zinsen nach der Sitzung stehen würden, sagte Portfolio-Manager Thomas Altmann vom Vermögensberater QC Partners. "Genau so spannend wird die Frage, ob Notenbank-Chef Mario Draghi eine Wiederaufnahme der Anleihekäufe ankündigt oder zumindest in Aussicht stellt." Investoren sehen die Wahrscheinlichkeit einer Senkung des Zinses für Einlagen bei der EZB auf minus 0,5 von minus 0,4 Prozent bei etwa 50 Prozent. In den USA bewegten sich die Aktienkurse kaum.
Analyst Rupert Thompson vom Vermögensverwalter Kingswood sagte, er rechne damit, dass die EZB ihr Pulver diesmal noch trocken halte, aber sehr deutlich mache, dass sie im September aktiv werde. "Damit würde Draghi Zeit gewinnen, eine Mehrheit zu finden, wie genau der Geldhahn weiter aufgedreht wird." Während die EZB und die US-Notenbank noch über eine Lockerung redeten, seien andere Notenbanken schon weiter: In den vergangenen Wochen hätten die Zentralbanken in Australien, Indien, Südkorea, Indonesien und Südafrika die Zinsen bereits gekappt.
IRAN-KRISE VERSCHÄRFT SICH - PFUND ERNEUT UNTER DRUCK
Für Nervosität am Ölmarkt sorgten die wachsenden Spannungen zwischen dem Westen und dem Iran, sagte Analyst Edward Moya vom Brokerhaus Oanda. Die Regierung in London berät über Reaktionen auf die Festsetzung eines britischen Tankers im Persischen Golf. Die Sorte Brent aus der Nordsee verteuerte sich deswegen um bis zu 2,5 Prozent auf 64,03 Dollar je Barrel (159 Liter). Sollte Iran die wichtige Tanker-Route durch die Straße von Hormus blockieren, müsse mit weiteren Preisaufschlägen gerechnet werden, sagte Neil Wilson, Chef-Analyst des Online-Brokers Markets.com. Spekulativ orientierte Anleger hätten sich bereits entsprechend positioniert. Parallel dazu verteuerte sich auch die "Antikrisen-Währung" Gold. Das Edelmetall kostete mit 1429,43 Dollar je Feinunze (31,1 Gramm) zeitweise 0,3 Prozent mehr als am Freitag.
Am Devisenmarkt steuerte das Pfund Sterling wieder auf sein Zweieinhalb-Jahres-Tief aus der Vorwoche zu und verbilligte sich auf 1,2455 Dollar. Die wahrscheinliche Inthronisierung des ehemaligen Außenministers Boris Johnsons als Nachfolger von Premierministerin Theresa May mache Anleger nervös, sagte Commerzbank-Analystin Antje Praefcke. "Die Sorge wächst, 'BoJo' könne im Oktober das Parlament suspendieren, um über das Parlament hinweg einen No-Deal-Brexit durchzuziehen."
PHILIPS ÜBERZEUGT MIT ZAHLEN
Am Aktienmarkt rückte Philips (DE:PHI1) ins Rampenlicht. Dank eines Quartalsergebnisses über den Markterwartungen stiegen die Titel des niederländischen Medizintechnik-Herstellers auf 41,21 Euro, den höchsten Stand seit mehr als 18 Jahren. Analyst Max Yates von der Bank Credit Suisse (SIX:CSGN) bemängelte allerdings die schrumpfenden Margen in der Sparte Personal Health und den erneut schwächelnden Auftragseingang im Geschäftsbereich Connected Care.
Die Neuauflage von "König der Löwen" gibt Walt Disney (NYSE:DIS) Auftrieb, die Aktien des Unterhaltungskonzerns legten 1,1 Prozent zu. Das Remake des Erfolgfilms von 1994 spielte den Angaben zufolge am ersten Wochenende in Nordamerika 185 Millionen Dollar ein. Das ist das zweitbeste Debüt des Jahres nach "Avengers: Endgame".