Zwischen aufkommenden Krankheiten, Klimawandel und humanitärer Hilfe in Kriegsgebieten haben Donald Trump und Kamala Harris sehr unterschiedliche Vorstellungen von globaler Gesundheit. Das Ergebnis der bevorstehenden US-Präsidentschaftswahlen wird nicht nur in Europa, sondern weltweit nachhallen.
Trumps frühere Amtszeit lässt erahnen, wie seine Gesundheitspolitik in einer zweiten Amtszeit aussehen könnte: Budgetkürzungen für internationale Gesundheitsprojekte, ein US-Ausstieg aus der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und die Ablehnung einer Beteiligung am COVID-19-Impfstoffprogramm COVAX prägten damals seine Politik. Als Reaktion darauf erhöhte Deutschland seine Mittel für die WHO signifikant und avancierte kurzzeitig zum größten Geber. Angesichts aktueller Sparmaßnahmen und eines konservativen Kurses in Europa ist jedoch unklar, ob dies heute wieder möglich wäre. "Das Engagement Deutschlands während der COVID-Krise war wichtig, aber in einer Ausnahmesituation", sagt Suerie Moon vom Global Health Centre in Genf.
Potenzielle Auswirkungen einer Trump-Administration
Trump könnte erneut versuchen, die Verhandlungen über ein weltweites Pandemieabkommen zu torpedieren und internationale Initiativen zur reproduktiven Gesundheit weiter zu beschneiden. Bereits 2017 dehnte er das sogenannte "Mexico-City-Policy"-Verbot deutlich aus, wodurch ausländische Organisationen keine US-Gelder erhalten, wenn sie Abtreibungsangebote machen oder fördern. Ein von den Niederlanden initiierter Fonds brachte daraufhin 260 Millionen Euro für internationale Gruppen auf, die durch diese Beschränkungen finanzielle Einbußen erlitten.
Lisa Goerlitz von der Deutschen Stiftung Weltbevölkerung betont, dass die USA wesentlich mehr Mittel für sexuelle und reproduktive Gesundheitsrechte bereitstellen als Europa. Ein Rückzug der USA würde daher eine massive Finanzierungslücke hinterlassen, die Europa allein kaum füllen könne.
Ein Wahlsieg Trumps würde zudem das politische Engagement der europäischen Staaten für globale Gesundheitsfragen auf die Probe stellen. "Die Folgen könnten dieses Mal schlimmer ausfallen, und Europa wäre in einer schwächeren Position, darauf zu reagieren", so Goerlitz. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat die globale Gesundheitsstrategie der EU vorangetrieben, aber angesichts interner Differenzen und dem Fokus auf den Ukraine-Krieg könnte die Priorität auf Gesundheit weiter sinken.
Wie Harris die globale Gesundheitspolitik prägen könnte
Unter einer Präsidentschaft von Kamala Harris würde die globale Gesundheitspolitik vermutlich eine Fortsetzung der Biden-Ära erfahren. Biden erhöhte die Mittel für sexuelle Gesundheitsprogramme und setzte auf internationale Zusammenarbeit zur Pandemievorsorge. Doch auch Harris’ Regierung stünde vor Herausforderungen. Kürzlich reduzierte die Biden-Administration die Unterstützung für den PEPFAR-Plan, ein 20 Jahre altes Hilfsprogramm gegen HIV/AIDS, das aufgrund innenpolitischer Konflikte um Abtreibungsfragen unter Druck steht.
Langfristig werden sich die Prioritäten in Europa wie den USA wohl mehr auf eigene gesundheitspolitische Herausforderungen verlagern, prognostiziert Moon. Die Themen Pandemievorsorge und Antibiotikaresistenz, die sowohl für die heimische Bevölkerung als auch global von Bedeutung sind, könnten vermehrt im Fokus stehen. "Europa wird voraussichtlich Themen stärker priorisieren, die seine Bürger direkt betreffen und gleichzeitig zur globalen Gesundheit beitragen", sagt Moon.