Berlin (Reuters) - Die Industrie der Euro-Zone kommt immer besser in Schwung: Ihre Geschäfte legten im Juni so kräftig zu wie seit mehr als sechs Jahren nicht mehr.
Der Einkaufsmanagerindex kletterte um 0,4 auf 57,4 Punkte, wie das Markit-Institut am Montag zu seiner monatlichen Umfrage unter 3000 Firmen mitteilte. Damit liegt das Barometer deutlich über der Marke von 50 Punkten, ab der es Wachstum signalisiert. "Die Exporte, die ja in den vergangenen Monaten nicht zuletzt dank des schwachen Euro so stark zugelegt haben wie seit sechs Jahren nicht mehr, liefern nach wie vor wichtige Wachstumsimpulse", sagte Markit-Chefvolkswirt Chris Williamson: "Allerdings profitieren die Unternehmen momentan auch von der anhaltend starken Verbrauchernachfrage in den jeweiligen Binnenmärkten."
Der Aufschwung kommt auf dem Arbeitsmarkt in der Währungsunion an: Die Zahl der Arbeitslosen sank im Mai auf 15 Millionen, wie das Statistikamt Eurostat mitteilte. Dies sind 5000 weniger als im Monat davor und 1,43 Millionen weniger als vor einem Jahr. Die um jahreszeitliche Schwankungen bereinigte Arbeitslosenquote verharrte mit 9,3 Prozent auf dem tiefsten Stand seit März 2009.
Die Industriemanager blicken auch optimistisch nach vorn: Ihre Geschäftsaussichten bewerteten sie so gut wie seit fünf Jahren nicht mehr, während die Auftragsbestände sogar so deutlich zulegten wie seit sieben Jahren nicht mehr. "Es gibt jedenfalls keinerlei Anzeichen dafür, dass die beeindruckende Industriekonjunktur nur von kurzer Dauer sein könnte", sagte Williamson. Die meisten Euro-Länder beschleunigten ihr Wachstum, vom krisengeplagten Griechenland bis hin zu Frankreich. Das Barometer für die deutsche Industrie kletterte auf 59,6 Zähler und damit auf den höchsten Stand seit rund sechs Jahren. Ihre Aufträge nahmen so kräftig zu wie zuletzt im März 2011, die Exportaufträge erreichten ein Sieben-Jahres-Hoch. "Die deutsche Industrie wartete mit einer beeindruckenden Vorstellung auf", sagte Markit-Experte Trevor Balchin.
Der Aufschwung hat den als vorsichtig bekannten EZB-Chef Mario Draghi dazu bewegt, die Finanzmärkte auf einen schrittweisen Ausstieg aus der ultra-lockeren Geldpolitik vorzubereiten. Laut Bundesbankpräsident Jens Weidmann wird in der Führungsetage der Europäischen Zentralbank (EZB) bereits konkret über eine Eindämmung der Geldflut diskutiert. Sie pumpt monatlich 60 Milliarden Euro in den Markt, um die Wirtschaft zu stützen und die unerwünscht niedrige Inflation anzuheizen. Experten erwarten, dass die Währungshüter nächstes Jahr den Fuß vom Gas nehmen: Bereits im September könnte Draghi Details zur Dosis der künftig wohl immer geringer ausfallenden Konjunkturspritzen nennen.