Berlin (Reuters) - Trotz schwächeren Wirtschaftswachstums und Steuererleichterungen will Bundesfinanzminister Olaf Scholz auch in den kommenden Jahren keine neuen Schulden aufnehmen.
Seine Eckwerte für den Bundesetat 2020 und die Finanzplanung sehen nach Angaben vom Montag aber vor, dass alle Ministerien zusammen jährlich einen "Konsolidierungsbeitrag" von 625 Millionen Euro einsparen müssen. Manche Ressorts wie Verteidigung und Entwicklungshilfe bekommen zwar mehr Geld, aber weniger als gefordert. In der Finanzplanung ist nicht erkennbar, wie die Zusage von Kanzlerin Angela Merkel eingelöst werden soll, die Verteidigungsausgaben bis 2024 auf 1,5 Prozent der Wirtschaftsleistung zu erhöhen.
Die Absenkung der Regierungserwartung für das Wirtschaftswachstum auf 1,0 Prozent im Jahr 2019 wirkt sich auf die Steuereinnahmen aus. "Die Steuern wachsen weiterhin, aber nicht mehr so dynamisch", sagte ein Ministeriumsvertreter. Die Eckwerte für den Bundesetat 2020 und die Finanzplanung bis 2023, die am Mittwoch vom Kabinett beschlossen werden sollen, kämen ohne neue Schulden aus. Für 2020 sei im Bundeshaushalt eine Ausgabensteigerung gegenüber 2019 um 1,7 Prozent auf 362,6 Milliarden Euro geplant. Die Einnahmen werden in gleicher Höhe veranschlagt. Davon sind 328,6 Milliarden Euro Steuereinnahmen.
"WIR NEHMEN KEINEM GELD WEG"
In der Finanzplanung berücksichtigt sind den Angaben zufolge Einnahmeausfälle von jährlich etwa zehn Milliarden Euro durch das Vorhaben, 2021 den Solidaritätszuschlag für 90 Prozent derjenigen abzuschaffen, die den Aufschlag von 5,5 Prozent auf die Einkommen- und Körperschaftsteuer derzeit zahlen müssen. Keine Vorsorge getroffen wurde dagegen für die Grundrente, die im Koalitionsvertrag grundsätzlich vereinbart ist, über deren Details in der Koalition aber gestritten wird. Die Mittel würden eingerechnet, sobald ein Gesetzentwurf vorliege. Diesen will Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) bis Mai ausarbeiten.
Maßstab bei der Haushalts- und Finanzplanung bleibe es, ohne neue Schulden auszukommen. "Wir nehmen keinem Geld weg", hieß es im Finanzministerium. "Es wird nicht ins operative Geschäft eingegriffen." Um in der Finanzplanung rechnerisch ohne neue Schulden auszukommen, setzt das Ministerium neben dem Konsolidierungsbeitrag aller Ministerien eine jährliche "Bodensatz-Globale-Minderausgabe" in Höhe von einem Prozent des Etats voraus. Das wären jährlich etwa 3,7 Milliarden Euro. Das Finanzministerium sieht darin kein Problem, weil sich in der Vergangenheit am Jahresende stets gezeigt habe, dass beim Haushaltsvollzug Mittel nicht abgerufen worden seien.
QUOTE DER VERTEIDIGUNGSAUSGABEN STEIGT UND SINKT DANACH
Der in der Koalition besonders umstrittene Verteidigungsetat erhält den Angaben zufolge 2020 rund 6,2 Milliarden Euro mehr als im Jahr 2018. Der Anteil der Verteidigungsausgaben am Bruttoinlandsprodukt steige daher 1,25 Prozent (2018) auf 1,37 Prozent im Jahr 2020. Das sei ein "bemerkenswerter Anstieg", hieß es im Ministerium. Die Quote werde danach in den Jahren 2021 bis 2023 laut Finanzplanung aber leicht zurückgehen und bis 2023 auf 1,25 Prozent sinken. "Wir fahren auf Sicht", hieß es aus dem Ressort von Scholz. Der Etat von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) sei zunächst nur für 2020 mit deutlich mehr Mitteln ausgestattet worden.
Die Grünen bezeichneten die Eckwerte als ein Armutszeugnis. "Für Panzer und Drohnen werden neue Milliarden lockergemacht, während beim Kampf gegen Hunger und internationalen Klimaschutz der Rotstift angesetzt wird", sagte ihr Haushaltsexperte Sven-Christian Kindler. Investitionen gebe es nur nach Kassenlage. Den Eckwerten zufolge sollen die Investitionen 2020 auf 39,6 Milliarden Euro steigen und bis 2023 konstant bleiben.