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Veröffentlicht am 18.09.2013, 19:27
Börsen-Zeitung: Aufräumarbeiten, Kommentar zum Gesetzesvorschlag von

EU-Kommissar Michel Barnier zur Regulierung von Indizes und

Referenzsätzen, insbesondere des Libor, von Christopher Kalbhenn.

Frankfurt (ots) - Kein anderer Skandal hat bisher das Vertrauen in

den Finanzmarkt derart erschüttert wie die Libor-Manipulation. Gerade

das völlige Fehlen von Unrechtsbewusstsein oder ethischer Bedenken

bei den an dem Betrug beteiligten Personen lassen befürchten, dass es

noch sehr lange dauern kann, bis das Vertrauen in Zins- und andere

Referenzindizes wieder hergestellt ist.

Immerhin machen die Aufräumarbeiten Fortschritte, so dass man

hoffen darf, dass sich ein Betrug dieses Ausmaßes nicht wiederholen

wird. Allerdings ist es unschön, dass die britische Regierung andere

Prioritäten setzt als die für das Funktionieren des Finanzmarkts

unerlässliche Integrität von Eckzinssätzen, die für Kredite,

Hypotheken, Anleihen und außerbörsliche Derivate maßgeblich sind. Nur

unter der Voraussetzung, dass nicht die europäische Aufsicht ESMA,

sondern die nationalen Instanzen federführend zuständig sind, scheint

Großbritannien bereit, dem EU-Gesetzesvorschlag zuzustimmen. Das

heißt, dass die Aufsicht über den Eckzins in London bleibt.

Es ist mehr als verständlich, dass dies wie andere Verwässerungen

auf Misstrauen und heftige Kritik stößt. Schließlich hat man die

Erfahrung gemacht, dass es viel zu lange Aufgabe der heimischen

Aufsicht gewesen ist, das Gedeihen des Londoner Finanzplatzes zu

fördern, in dem sie die Marktteilnehmer nicht allzu sehr 'belästigt'.

Das hat einen Beitrag zur Finanzkrise als auch zum Libor-Skandal

geleistet. Doch der Vorwurf, es werde nun alles beim Alten bleiben,

ist überzogen.

Schließlich bleibt es dabei, dass die Teilnehmer an der Ermittlung

des Referenzzinses künftig keine Chance mehr haben, Mondscheinsätze

zurechtzufantasieren, sondern ihre Eingaben auf tatsächlichen

Transaktionen basieren und dieses auch belastbar dokumentieren

müssen. Hinzu kommen die geplanten strafrechtlichen Sanktionen, was

zugegebenermaßen angesichts bereits vorhandener Gesetze gegen

Betrugsdelikte nur begrenzt als Veränderung angesehen werden kann.

Entscheidend wird aber sein, dass die Aufsichten die

Zinsermittlung ernsthaft überwachen, und es kann vermutet werden,

dass man sich selbst in London entsprechend bemühen wird. Denn ebenso

wie die Finanzindustrie, die längst interne Aufräumarbeiten als Folge

des Skandals gemacht hat und einen glaubwürdigen Eckzins auch

dringend braucht, muss London darauf bedacht sein, seinen Ruf als

Finanzzentrum nicht durch einen weiteren großen Skandal vollends zu

ruinieren.

(Börsen-Zeitung, 19.9.2013)

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