Investing.com – Der US-Wirtschaftsmotor droht ins Stottern zu geraten – nicht wegen globaler Krisen, sondern aufgrund der Politik des eigenen Präsidenten. Danik Rodrik, Harvard-Professor für internationale politische Ökonomie, rechnet in einem Artikel des Wirtschaftsmagazins Surplus schonungslos mit Donald Trumps Zerstörungswut ab: „Amerikas ungeheurer Reichtum und seine Macht beruhen auf zwei Säulen: Universitäten und Unternehmen. Doch nun scheint Präsident Donald Trump entschlossen, beides zu zerstören.“
Wirtschaftseliten im Schweigemodus
Dass Trump „wirtschaftspolitische Ideen“ verfolge, die „schon immer verrückt“ waren, sei nichts Neues. Überraschend ist jedoch, dass die Wirtschaftseliten, die einst „vorsichtigen Optimismus“ nach Trumps Wahl zeigten, nun „kaum einen Mucks von sich geben“. Entgegen ihren Hoffnungen auf Steuersenkungen und sprudelnde Gewinne habe Trump der US-Wirtschaft stattdessen „eine unangenehme Überraschung nach der anderen“ beschert, sodass die Aktienmärkte „mehr als ihre Gewinne seit November wieder eingebüßt haben“.
Rodrik stellt fest: „Schwer zu sagen, welche Vorgehensweise schlimmer war: die hohen Zölle auf verbündete Länder oder das ständige Getöse, das die Unsicherheitsindikatoren höher steigen ließ als 2008.“
Elon Musk: Staatsgelder ja, Rechtsstaat nein?
Besonders brisant: Trumps Verbündeter Elon Musk, dessen Unternehmen Tesla (NASDAQ:TSLA) und SpaceX einst von Multi-Milliarden Staatshilfen profitierten, agiere heute als Handlanger einer Politik, die „grundlegende Rechtsgrundsätze verletzt“. Musks „Behörde für Effizienz in der Verwaltung“ habe bereits „mehr als 100.000 Beschäftigte im öffentlichen Dienst entlassen“ – während gleichzeitig die Mittel für Grundlagenforschung gekürzt werden. Rodrik spricht Klartext: „Ohne einen staatlichen Kredit zum richtigen Zeitpunkt wäre Tesla bankrott gegangen. Doch Trump hat staatliche Aufgaben zugunsten einer Agenda aufgegeben, die keine kohärente Strategie erkennen lässt.“
Angriff auf die Wissenschaft: „Willkürliches Aushungern“
Noch brutaler trifft es die Universitäten. Unter dem Vorwand der Antisemitismus-Bekämpfung würden Eliteeinrichtungen wie Columbia, Johns Hopkins und Harvard gezielt „willkürlich ausgehungert“. Rodrik, selbst Harvard-Professor, warnt: „Trumps Angriff auf die demokratischen Institutionen ist hinsichtlich Geschwindigkeit, Dreistigkeit und Durchschaubarkeit atemberaubend. Da kann man nicht mehr sagen: So redet er halt, er wird seine Drohungen schon nicht wahr machen.“
„Stille Beschwichtigung“ – der Fehler, den Orbáns Gegner auch machten
Doch statt Widerstand gebe es nur „stille Beschwichtigung“ – eine Strategie, die laut den Harvard-Politikwissenschaftlern Ryan D. Enos und Steven Levitsky bereits in Ländern wie Venezuela, Ungarn oder der Türkei scheiterte. Rodrik erinnert: „Autoritäre Populisten wie Putin oder Erdoğan treten akademische Freiheit mit Füßen. Selbst wenn sie sich marktfreundlich geben, untergraben sie am Ende die Wettbewerbsfähigkeit.“
Rodrik fordert die Wirtschafts- und Universitätsführer auf, endlich ihre Stimmen zu erheben. „Dutzende Millionen Amerikaner fragen sich, wann endlich jemand den Mut aufbringen wird, seine Meinung zu sagen.“ Eine öffentliche Erklärung der Elite würde „Trump nicht beeindrucken, aber demokratischen Kräften Mut machen“. Sein Fazit ist ein Alarmsignal: „Wer schweigt, verliert. Wer handelt, stellt sich auf die richtige Seite der Geschichte.“
Rodriks Analyse entlarvt Trumps Politik als existenzielle Gefahr für das, was Amerika einst stark machte: Freiheit, Innovation und Rechtsstaatlichkeit. Doch solange Milliardäre wie Musk die Klappe aufreißen und Universitätspräsidenten schweigen, wird der Autoritarismus siegen – nicht durch Gewalt, sondern durch kollektives Wegschauen. Wer das von Musk und Vance propagierte Free Speech bisher als Meinungsfreiheit feierte und sich für Europa wünscht, sollte hellhörig werden, wenn die klügsten Köpfe eines Landes schweigen, aus Angst ins Visier der Regierung zu geraten.