Berlin (Reuters) - Bundesfinanzminister Olaf Scholz drückt bei Reformen in Deutschland und in Europa aufs Tempo.
Noch in diesem Jahr sollten in Europa wichtige Entscheidungen fallen, kündigte Scholz am Dienstag bei den Beratungen zum Bundeshaushalt 2019 an. Als Beispiel nannte er das Euro-Zonen-Budget und Verabredungen, die eine Besteuerung der Digital-Konzernriesen in Zukunft sicherstellen sollen. Aber auch in Deutschland gelte es, Reformen voranzutreiben. So kündigte er für das kommende Jahr Vorschläge für eine Grundrente an, die Bezieher von niedrigen Renten besserstellen soll. Scholz' Darstellung, dass mit dem Etat 2019 der Wohlstand und der Zusammenhalt gestärkt würden, widersprachen Sprecher der Oppositionsparteien ganz entschieden.
"Eine gute Finanzpolitik ist der Stabilitätsanker unseres Gemeinwesens", sagte Scholz. Der Haushalt 2019 komme nicht nur zum sechsten Mal in Folge ohne neue Schulden aus, sondern ermögliche, dass Deutschland erstmals seit vielen Jahren wieder die europäische Schuldenobergrenze von 60 Prozent unterschreite. Das sei gut, damit der Staat bei einer neuen Krise handeln könne. Wie wichtig das sei, zeigt nach den Worten von Scholz das Beispiel Italien, dessen Schulden mehr als 130 Prozent seiner Wirtschaftsleistung erreichen. Solche Länder "müssen viel vorsichtiger agieren mit ihren Möglichkeiten". Zudem gebe es viele Risiken, wie den Brexit. Europa müsse daher stärker werden und Fortschritte erreichen. "Und das ist wirklich die Zeit, in der das jetzt ansteht", lautete der Appell des Ministers.
HÖHERE INVESTITIONEN
Der Bundeshaushalt 2019 sieht Ausgaben von 356,4 Milliarden Euro vor, ein Plus von 3,7 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Die Investitionen wurden gegenüber den ursprünglichen Plänen noch einmal um eine Milliarde Euro auf rund 39 Milliarden Euro erhöht. Größter Einzeletat ist der des Arbeitsministeriums mit 145,3 Milliarden Euro an Ausgaben, gefolgt vom Budget des Verteidigungsministeriums mit 43,2 Milliarden Euro. Insgesamt sollen Ministerien und Bundesbehörden rund 8750 neue Stellen erhalten, davon knapp 1000 allein in den Ministerien.
Sprecher der Oppositionsparteien AfD, Linke, FDP und Grünen warfen der Regierung vor, keine Akzente für die Zukunft zu setzen und nur mit Tricks die "schwarze Null" gerettet zu haben. Der FDP-Haushaltspolitiker Otto Fricke etwa attackierte Scholz, nur mit dem Griff in Rücklagen sei eine "gequetschte schwarze Null" gelungen. In Wahrheit sei das ein Haushalt mit einer "roten Null". Der AfD-Politiker Peter Boehringer warf der großen Koalition Finanztricksereien vor. Für die Linken bemängelte die Abgeordnete Gesine Lötzsch, Union und SPD hätten die Chance verspielt, das Land gerechter und friedlicher zu machen. Anja Hajduk von den Grünen warf der Bundesregierung zu wenig europapolitisches Engagement und eine Blockadehaltung bei der Digitalsteuer vor.
Über den Haushaltsentwurf 2019 stimmt das Parlament abschließend am kommenden Freitag ab.