Brüssel/Rom (Reuters) - Das Ringen zwischen Brüssel und Rom über die italienische Neuverschuldung im kommenden Jahr geht in die nächste Runde.
Um ein EU-Defizitverfahren und damit eine milliardenschwere Strafe gegen sein Land zu vermeiden, wollte Ministerpräsident Giuseppe Conte noch im Laufe des Dienstags einen neuen Vorschlag präsentieren. Dieser könne ein geringeres Defizit beinhalten als bislang geplant, sagte Conte der Tageszeitung "Avvenire". Die EU-Kommission fordert Bemühungen für eine geringere Neuverschuldung. "Wir brauchen Zusagen, die glaubwürdig sein müssen", sagte EU-Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici in Brüssel. Er warte jetzt auf Einzelheiten.
Die Regierung in Rom plant eigentlich für nächstes Jahr eine deutlich höhere Neuverschulung als nach EU-Regeln erlaubt und von der Vorgängerregierung zugesagt - nämlich 2,4 Prozent des Bruttoinlandsproduktes statt der zuvor erklärten 0,8 Prozent. Die neue Regierung aus populistischer Fünf-Sterne-Bewegung und rechter Lega will damit teure Wahlversprechen finanzieren, etwa ein Grundeinkommen in Form eines Bürgergeldes und eine Senkung des Renteneintrittsalters.
"STREITEN NICHT ÜBER RENTENREFORM"
Moscovici betonte, dass sich die Kommission nicht in die Steuerpolitik einmischen, sondern lediglich ihre Vereinbarkeit mit EU-Vorschriften sicherstellen wolle. "Wir streiten nicht über die Rentenreform", sagte der Franzose. "Denn es liegt an der italienischen Regierung, ihre eigenen politischen Entscheidungen zu treffen."
Der italienische Wirtschafts- und Finanzminister Giovanni Tria erklärte, neue Maßnahmen dürften das Wachstum nicht behindern. Zudem dürften die Schlüsselprojekte der Koalition nicht infrage gestellt werden. Tria wollte Insidern zufolge noch am Abend einen Parlamentsausschuss über die Haushaltsziele und den Stand der Gespräche mit der EU informieren.
An den Finanzmärkten wird die Entwicklung genau verfolgt. Denn Italien sitzt auf einem Schuldenberg von rund 130 Prozent des Bruttoinlandsproduktes. In der Euro-Zone kommt nur Griechenland auf einen schlechteren Wert. Investoren zweifeln angesichts der Ausgabenpläne der italienischen Regierung, ob der Staat seine Schulden auf Dauer zurückzahlen kann. Sie verlangen deshalb für frisches Geld deutlich höhere Risikoaufschläge. Derzeit liegt die Rendite für zehnjährige italienische Staatsanleihen bei knapp 3,2 Prozent, die der zehnjährigen deutschen Bundesanleihe hingegen nur bei knapp 0,3 Prozent.