- von Gernot Heller und Susan Heavey und Doina Chiacu
Berlin/Washington (Reuters) - US-Präsident Donald Trump heizt trotz eindringlicher Mahnungen von Bundeskanzlerin Angela Merkel und Wirtschaftsvertretern den weltweiten Handelsstreit immer weiter an.
In einem TV-Interview drohte er am Freitag, praktisch alle Einfuhren aus China im Wert von rund 500 Milliarden Dollar mit Sonderzöllen zu belegen. Die Börsen reagierten umgehend mit Verlusten. Merkel sprach von einer sehr ernsten Lage, die inzwischen Institutionen wie den Internationalen Währungsfonds ihre Prognosen für das Wirtschaftswachstum kürzen ließen. Sollte EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker kommende Woche in Washington Trump nicht zum Verzicht auf die ebenfalls angedrohten Auto-Sonderzölle bewegen können, müsse die EU Gegenmaßnahmen in Erwägung ziehen.
Trump stößt sich am riesigen Defizit seines Landes im Handel mit China und der EU. Er hat deswegen bereits Schutzzölle auf Stahl und Aluminium verhängt - die Volksrepublik und die EU konterten mit vergleichbaren Maßnahmen. Es müsse den USA erlaubt sein, schlechte Handelsabkommen aus der Vergangenheit sowie Währungsmanipulationen anderer Staaten wieder einzufangen.
CNBC sagte Trump zudem mit Blick auf das Defizit im US-Warenhandel mit China von 375 Milliarden Dollar im vergangenen Jahr: "Die USA liegen gewaltig zurück." Er sei "bereit, bis 500 zu gehen". Damit spielte er offensichtlich auf die US-Importe aus China im Volumen von 505,5 Milliarden Dollar an. Zuletzt hatte der Republikaner angekündigt, chinesische Waren im Wert von 200 Milliarden Dollar mit Sonderzöllen zu belegen. Dies ist allerdings noch nicht umgesetzt.
Die Regierung in Peking reagierte zunächst nicht auf die neuen Drohungen aus Washington. In der Vergangenheit hatte sie stets betont, ihr Land schützen und zurückschlagen zu wollen. Die USA haben schon Importe aus China im Gesamtwert von 34 Milliarden Dollar mit Zöllen belegt, woraufhin Peking in gleicher Höhe vorging. Trumps Wirtschaftsberater Larry Kudlow machte am Freitag Chinas Staatspräsident Xi Jingping dafür verantwortlich, dass es bisher keine Fortschritte in den bilateralen Gesprächen über den Handelsstreit gebe. Trump werde China das nicht durchgehen lassen, sagte Kudlow der Internet-Nachrichtenplattform Axios.
JUNCKER-BESUCH IN WASHINGTON WICHTIG
Auch im Handelsstreit mit den Europäern droht eine weitere Eskalation. Trump lässt derzeit untersuchen, ob er bei Autoimporten nicht auch europäische Fahrzeuge mit einem Einfuhrzoll von 20 Prozent belegen sollte. Juncker dürfte am kommenden Mittwoch versuchen, Trump davon abzubringen. Treffen würden diese Abgaben insbesondere die auf dem US-Markt starken deutschen Hersteller. Sollte der Kommissionspräsident erfolglos bleiben, hält Merkel EU-Gegenmaßnahmen für geboten.
"Natürlich agieren wir nur, wenn Maßnahmen notwendig sind", sagte die CDU-Chefin in Berlin. "Wir wollen diese Zölle nicht, wir glauben, dass wir uns gegenseitig schaden." Die EU müsse aber gegenüber Trump entschieden auftreten und die Dinge beim Namen nennen. Autozölle seien eine Gefahr für die Prosperität vieler Länder.
Ähnliche Warnungen kamen auch aus der deutschen Wirtschaft. DIHK-Präsident Eric Schweitzer rechnet mit einem Schaden für Deutschland von rund sechs Milliarden Euro, sollte es zu den US-Autozöllen kommen, wie er dem ZDF sagte. Neue Abgaben würden einen tiefen Einschnitt in die Verflechtung zwischen den Unternehmen bedeuten und Arbeitsplätze in den USA gefährden, sagte der Präsident des deutschen Automobilverbands, Bernhard Mattes, bei einer Anhörung im US-Handelsministerium. Ähnlich äußerte sich der US-Verband, zu dem Firmen wie General Motors (NYSE:GM) gehören.