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Investing.com – Trump hat es tatsächlich getan – wie versprochen setzt er sich für eine US-Kryptoreserve ein und die Verfechter von Bitcoin, Ethereum & Co jubeln. Aber keiner von ihnen begreift auch nur ansatzweise, auf welch abenteuerliche Reise Donald Trump die Welt mit seinem Vorhaben schickt und was das für Konsequenzen mit sich bringt. Was oberflächlich nur wie eine technokratische Initiative erscheint, entpuppt sich bei näherer Betrachtung als gezielte Strategie, Zentralbanken zu entmachten und Geld zu privatisieren, so der ehemalige griechische Finanzminister Yanis Varoufakis im Wirtschaftsmagazin Surplus.
Die Zentralbanker in Sorge
Die Frühjahrstagungen des Internationalen Währungsfonds und der Weltbank waren in diesem Jahr alles andere als unspektakulär. Mehrere Notenbanker kehrten mit einem mulmigen Gefühl zurück. Der Grund? Der GENIUS Act, ein Gesetzentwurf zu Stablecoins, der nach Trumps Durchführungsverordnung vom 6. März zur Einrichtung einer strategischen Kryptowährungsreserve kurz vor der Verabschiedung steht.
Bislang betrachteten die Zentralbanker Kryptowährungen als lästiges Übel, das glücklicherweise nicht in der Lage ist, die von ihnen verwalteten Währungssysteme ernsthaft zu destabilisieren. Doch nun fürchten sie, dass Trumps Team gezielt Kryptowährungen fördert, die an den Dollar gekoppelt sind – und damit die Währungsordnung des 20. Jahrhunderts bewusst unterwandert.
Das Ende der Zentralbanken?
Was die Zentralbanker besonders beunruhigt, ist die Möglichkeit, dass der GENIUS Act private Stablecoins zulässt, während ein anderer Gesetzentwurf die Federal Reserve daran hindert, eine digitale Zentralbankwährung (CBDC) auszugeben. „Das ist keine Innovation, sondern eine feindliche Übernahme der Geldversorgung“, warnt Yanis Varoufakis. „Stablecoins sind weder stabil noch eine alternative Dollar-Zahlungsoption. Vielmehr handelt es sich um ein trojanisches Pferd für die Privatisierung des Geldes.“
Varoufakis weiter: „Die Ironie ist grotesk. Genau jene Libertären, die immer gegen den Staat wettern, betteln nun darum, dass der Staat ihre Stablecoins de facto zur offiziellen Währung kürt.“ Tatsächlich fordern private Emittenten Zugang zur Bilanz der Federal Reserve, um ihre Token mit Zentralbankreserven zu decken. „Man stelle sich eine Welt vor, in der Tether, Circle oder ein von Elon Musk unterstützter, nicht betrügerischer ›X Token‹ die implizite Unterstützung des US-Finanzministeriums genießen, obwohl sie außerhalb bankenrechtlicher Vorschriften operieren. Das ist nicht nur regulatorische Willkür, sondern geldpolitischer Feudalismus.“
Die Rückkehr zur monetären Dystopie
Zur Erinnerung: Das Amerika des 19. Jahrhunderts war eine monetäre Dystopie. Tausende von Wildcat-Banken gaben private Banknoten aus, und häufige Finanzpaniken ließen die Arbeiterschicht mit wertlosem Papier zurück. „Jetzt bewegen sich die USA in rasendem Tempo zurück in diese Vergangenheit – und reißen den Rest der Welt mit sich“, so Varoufakis.
Trumps Durchführungsverordnung vom 23. Januar definiert dollarbasierte Stablecoins als Instrumente, die „die Souveränität des US-Dollars fördern und schützen“ würden. Doch in Wirklichkeit handelt es sich um eine Formel für die Entfesselung einer digitalen Wildcat-Ära. „Private Stablecoins haben keine Chance, die Dollarbindung ihrer Token aufrechtzuerhalten, wenn ihr Marktvolumen nach der offiziellen Bestätigung durch die Bundesbehörden in die Höhe schießt“, erklärt Varoufakis. „Selbst wenn sich Länder vom Dollar verabschieden, werden sie weiterhin in seinem digitalen Schatten gefangen bleiben.“
Europas halbherzige Gegenwehr
Europa versucht, gegenzusteuern. Die Europäische Zentralbank (EZB) treibt die Einführung einer institutionellen Zentralbank-Digitalwährung voran – eine Notlösung, die traditionelle Zahlungen mit der Blockchain-Infrastruktur synchronisiert. Doch allem Anschein nach ist es bereits zu spät. „Während Europa sich in Ausschüssen verliert, handeln die USA“, kritisiert Varoufakis. „Die EU-Verordnung über Märkte für Krypto-Werte (MiCA) hat Tether bereits aus Europa vertrieben – nicht weil MiCA zu streng ist, sondern weil die politische Führung der EU immer noch nicht begreift, worum es geht.“
Die Wahl der Entwicklungsländer: Zwischen Pest und Cholera
Die Entwicklungsländer stehen vor einer brutalen Wahl. Sie müssen entweder Stablecoins verbieten und den Zugang zu Krypto-Kapitalflüssen verlieren oder eigene Coins kreieren, um mit den Netzwerkeffekten des Dollars zu konkurrieren. Eine dritte, wenig attraktive Alternative wäre, sich einer neuen – noch gefährlicheren – Form der Defacto-Dollarisierung zu unterwerfen.
Chinas Widerstand – und das Dilemma der Billionen
Die einzige Zentralbank, die vorausschauend geplant hat, ist die chinesische Zentralbank. Da sie über eine eigene, bereits funktionierende digitale Währung verfügt, kann sie es sich leisten, Stablecoins durch ein Verbot jegliche Legitimität zu verweigern.
Doch Varoufakis weist auf ein gigantisches Dilemma hin: „Chinas öffentliche und private Institutionen verfügen über angehäufte Ersparnisse in Höhe von etwa 4,5 Billionen US-Dollar. Sollten sie ihre Dollar abstoßen und damit den Plan des Trump-Teams zur Abwertung des Greenback unterstützen, oder sollten sie ihre Dollar behalten und sich weiterhin den Turbulenzen aussetzen, die Trump so geschickt zu schüren versteht?“
Die Zukunft: Zwei parallele Währungssysteme
Langfristig besteht die Gefahr, dass die monetäre Spaltung die geopolitische und geoökonomische Unsicherheit verschärft. „Zwei parallele Währungssysteme – eines basierend auf öffentlichen Geldern, die in China, Indien und möglicherweise in der Eurozone ausgegeben werden, und das andere bestehend aus privaten Geldern, die zunehmend von an den Dollar gekoppelten Stablecoins dominiert werden – würden unweigerlich aufeinanderprallen“, warnt Varoufakis.
Die Frage ist nicht mehr, ob die Währungsordnung des 20. Jahrhunderts zerbricht, sondern ob wir bereit sind, die Konsequenzen zu tragen. Nicht nur die Zentralbanker sollten sich Sorgen machen.