von Robert Zach
Investing.com - Die Marktteilnehmer an den internationalen Finanzmärkten fiebern jetzt mit großer Spannung der zinspolitischen Entscheidung der Notenbank Federal Reserve (Fed) entgegen.
Die Entscheidung wird um 20.00 Uhr mitteleuropäischer Zeit bekannt gegeben (hier können Sie die Zinsentscheidung live mitverfolgen). Um 20.30 Uhr erläutert der Fed-Chef Jerome Powell die geldpolitischen Beschlüsse in einer Pressekonferenz (die Pressekonferenz können Sie später bei uns live mitverfolgen).
Zentrale Fragen für den Markt sind, ob die Währungshüter …
- eine Zinssenkung im Juli signalisieren
- die Dot-Plot-Matrix (Zinsprognose) überarbeiten
- die Inflations- und Wachstumsprognosen herabsetzen
- den US-Handelskrieg mit China größerer Bedeutung zusprechen.
Trotz der zuletzt etwas schwächeren Konjunkturdaten gehen die Analysten nicht davon aus, dass die Fed die Zinsen auf der Sitzung im Juni senkt. Sie dürfte die Märkte aber verbal auf eine Zinssenkung im weiteren Jahresverlauf vorbereiten. Der Grund: die tiefen Inflationserwartungen.
Problem an der Sache ist jedoch: Zahlen wie die Einzelhandelsumsätze, die im April und Mai überraschend stark anzogen, rechtfertigen Stand heute noch keine Zinswende. Für eine Zinssenkung bräuchte die Fed schon noch Argumente in Form harter Daten. Insofern ist das Entäuschungspotenzial extrem hoch, da die Märkte bis zu drei Zinssenkungen im weiteren Jahresverlauf bereits eingepreist haben.
Wenden wir uns nun den Einschätzungen der Banken zu, was sie erwarten.
Die Tauben-Fraktion
Die nordische Investmentbank Nordea Markets erwartet, dass die Federal Reserve ihren Leitzinskorridor heute unverändert bei 2,25 bis 2,50 Prozent belässt. Den Zinssatz für Überschussreserven (IOER), den die Notenbank erst auf der letzten Sitzung herunterschraubte, dürfte unverändert bei 2,35 Prozent bleiben.
"Wir erwarten klare Signale für Zinssenkungen auf der Pressekonferenz von Fed-Chef Jerome Powell und glauben, dass der Dot-Plot diese taubenhafte Botschaft unterstützt."
"Wir haben unsere Fed-Prognose überarbeitet und gehen nun von vier Zinssenkungen ab Juli aus, obwohl die Fed dafür noch nicht annähernd so taubenhaft ist."
Die Danske Bank (CSE:DANSKE) rechnet damit, dass die Fed die Tür für eine Zinssenkung im Juli aufstößt. Im zweiten Halbjahr erwartet die dänische Großbank insgesamt 3 Zinsabsenkungen.
"Geringere Inflationserwartungen, Unsicherheit im Handelskrieg und Anzeichen einer Rezession im verarbeitenden Gewerbe deuten auf die Notwendigkeit eines niedrigeren Leitzinses hin."
"Der Vergleich des aktuellen Leitzinses der US-Notenbank mit Messgrößen des neutralen Zinssatzes signalisieren jedoch, dass die Geldpolitik nicht zu straff ist. Das Fed-Treffen umfasst außerdem neue Projektionen."
Die niederländische Großbank ABN AMRO (AS:ABNd) geht nicht davon aus, dass die Fed eine Zinssenkung im Juni durchdrückt. Sie könnte aber über mehrere Wege signalisieren, dass sie sich in den kommenden Monaten auf eine Lockerung der Geldpolitik zubewegt.
"Unser Basisszenario ist, dass die Fed die Zinsen bis zum ersten Quartal 2020 dreimal senken wird. Den ersten Zinsschritt sehen wir im Juli. Bis zum ersten Quartal 2020 haben die Märkte bereits 3 Zinssenkungen eingepreist. Das kann die Notenbank nicht einfach so ignorieren."
Die Falken-Fraktion
Die kanadische Investmentbank TD Securities glaubt, dass die US-Notenbank zwar ihre Bereitschaft betont, falls notwendig ihre Geldpolitik zu lockern, aber den Spekulationen auf eine kurzfristige Zinssenkung etwas Wind aus dem Segeln nehmen wird.
"Powell wird wahrscheinlich seine Aussagen vor einigen Wochen bekräftigen, die Geldpolitik zu lockern, wenn es die Bedingungen erfordern. Die Fed dürfte betonen, dass sie die Risiken für die Wirtschaft überwachen und geeignete Maßnahmen ergreifen, um die Expansion zu unterstützen."
"Trotz der zuletzt etwas schwächer als erwarteten Konjunkturdaten dürfte die Fed ihre Inflations- und Wachstumsprognosen nur leicht herabstufen. Die Dot-Plot-Matrix 2019 dürften die Währungshüter unverändert lassen."
Die National Bank of Australia (NAB) sieht dagegen noch keine Zinssenkung im Juli. Der Grund: die harten Daten würden einen solchen Schritt noch nicht rechtfertigen.
"Die Finanzmärkte erwarten bereits im Juli "präventive" Zinssenkungen. Das tat die Fed bereits 1995, um die Expansion aufrechtzuerhalten. Aber damals ging der Lockerungszyklus von einem leicht restriktiven geldpolitischen Kurs aus. Bislang bewegen sich die Leitzinsen immer noch im neutralen Bereich, was darauf hindeutet, dass die Währungshüter die Risiken erst als nicht mehr ausgeglichen bezeichnen dürfen, damit sich die Markterwartungen erfüllen".
"Unserer Ansicht nach unterstützen die harten Daten noch nicht eine solche Herabstufung. Die Handelsspannungen sind freilich ein Problem, und deshalb erwarten wir, dass das FOMC bis nach dem G20-Treffen (28. bis 29. Juni) warten will, um zu beurteilen, ob eine lockerere geldpolitische Haltung tatsächlich erforderlich ist."
Die Experten der französischen Großbank Societe Generale (PA:SOGN) erwarten keine Zinssenkungen. Ihr Fokus liegt auf der aktualisierten Zusammenfassung der Wirtschaftsprognosen (SEP), der geldpolitischen Erklärung des FOMC und der Pressekonferenz des Vorsitzenden Powell.
"Wir sind der Meinung, dass die Fed die Zinsen 2019 auf Eis legt, aber ihre Bereitschaft erklärt, die Zinsen im Jahr 2020 zu senken, falls nötig."
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