Erinnerst du dich an das Jahr 2008, als K+S (WKN:KSAG88) einer der großen Stars an den deutschen Börsen war? Endlich hatte auch Deutschland einen Rohstoffkonzern von Weltrang. Diese Zeiten sind jedoch vorbei. Über die letzten gut zehn Jahre hatten Aktionäre nicht viel Freude mit dem Kali- und Salzförderer. Aber hey, K+S ist operativ sehr profitabel und hat wieder Großes vor. Wird es da nicht so langsam Zeit, sich für einen Turnaround zu positionieren?
Was gegen die K+S-Aktie spricht Man kann nicht gerade behaupten, dass K+S ein beliebtes Unternehmen ist. Bergbau ist ein schmutziges Geschäft. Bei K+S müssen salzhaltige Haldenwässer in großen Mengen entsorgt werden. Zudem engagiert sich K+S in der Nachnutzung ausgedienter Stollen. Zuletzt wurde umfassend über die Sondermülldeponie bei Magdeburg berichtet, die zwar für Arbeitsplätze und gute Umsätze sorgt, aber laut Meinung einiger Geologen auch Gefahrenpotenziale für halb Norddeutschland birgt.
Aber selbst wenn wir solche latenten Risiken ausblenden wollen, sind da immer noch die Überkapazitäten im Kerngeschäft. Das große Expansionsprojekt in Kanada hat bisher fast nur Kopfschmerzen verursacht. K+S hatte dort mit Unfällen, Verzögerungen und Unwettern zu kämpfen. Zu höher als erwarteten Produktionskosten kamen auch noch sinkende Kalisalzpreise auf den Weltmärkten, und eine Besserung ist kaum in Sicht.
Zu bedenken ist nämlich, dass Emmerson (WKN:A2DMBA) ein großes Projekt in Marokko vorantreibt und dabei aufgrund der strategisch günstigen Lage sowie den niedrigen Arbeitskosten und staatlichen Abgaben mit einer überlegenen Kostenstruktur kalkuliert. Außerdem betreibt die BHP Group (WKN:A2N9WV) ein großes Kaliprojekt in Kanada. Daneben ist mit der Fusion zweier kanadischer Konkurrenten zu Nutrien (WKN:A2DWB8) ein deutlich größerer Marktführer entstanden, der möglicherweise über Skaleneffekte bessere Margen als K+S generieren kann.
Für K+S wird es folglich nicht so leicht sein, die operativen Profite zu steigern, insbesondere im Kaligeschäft. Dabei werden diese dringend gebraucht, um die Verschuldung in Höhe von stattlichen 5,35 Mrd. Euro Ende 2018 zurückzufahren, die eine Verschlechterung des Zinsergebnisses auf minus 169 Mio. Euro zur Folge hatte. 2018 drohte sogar eine Abstufung der sowieso bereits angeschlagenen Kreditwürdigkeit aufgrund der schwachen Cashflow-Situation.
Warum der Turnaround trotzdem möglich ist Für das laufende Jahr erwartet das Management endlich mal wieder positive freie Barmittelzuflüsse. Das Marktumfeld für Düngemittel sei wieder günstiger und das weitere Hochfahren des kanadischen Standorts sollte sich in der Cashflow-Rechnung bemerkbar machen. Außerdem würden sich bereits eingeleitete Maßnahmen zur Effizienzsteigerung im Werk Werra nun auszahlen.
Gut gefallen mir auch die Anstrengungen, neue Marktsegmente zu erschließen und die Abhängigkeit von einzelnen Kundensegmenten wie etwa der Landwirtschaft zu verringern. Das Strategieprogramm „Shaping 2030“ sieht vor, nach der aktuell noch laufenden Konsolidierungsphase wieder offensiver Wachstumschancen zu ergreifen und bei der Marktbearbeitung noch konsequenter auf Kundenorientierung zu setzen. Gerade bei industriellen Lösungen gibt es gute Möglichkeiten, sich vom Wettbewerb zu differenzieren und höhere Margen zu generieren.
Zwei bis drei Jahre mit Barmittelüberschüssen, die zum Teil für den Schuldenabbau eingesetzt werden, und die Bilanzsituation sieht schon wieder ganz anders aus. Sobald Aktionäre sich um diese nicht mehr so viele Sorgen machen müssen, kommen klassische Bewertungskennzahlen stärker ins Blickfeld. Von den erwarteten rund 750 Mio. Euro Betriebsgewinn vor Abschreibungen sollten 2019 etwa 200 Mio. Euro Nettogewinn übrig bleiben.
Bis Emmerson und BHP vielleicht ab 2023 so richtig in den Markt eingreifen, könnte sich der Gewinn aufgrund der kurz- und mittelfristigen Treiber weiter verdoppeln und gleichzeitig das Leistungsspektrum weiter diversifiziert werden. Ziehen wir die aktuelle Marktkapitalisierung von 3,6 Mrd. Euro heran, dann ist ein einstelliges Kurs-Gewinn-Verhältnis, das in der Folge Renditen von über 10 % verspricht, bis dahin gut denkbar.
Daneben sollte das Eigenkapital in Höhe von über 4,1 Mrd. Euro den aktuellen Kurs gut nach unten absichern. Mit einer wahnsinnigen Dividendenrendite würde ich allerdings auf absehbare Zeit nicht rechnen, weil die Bilanzstärkung Vorrang hat. Trotzdem sollten zukünftig wieder deutlich mehr als die aktuell dürftigen 1,4 % drin sein, soweit es zu keinen unvorhergesehenen Rückschlägen kommt.
Fazit: Zehn Jahre Tristesse sind genug. Die Lage hellt sich zusehends auf und die K+S-Aktie ist reif für den Turnaround. Allerdings würde ich nicht mit einem stürmischen Anstieg rechnen, sodass es voraussichtlich ausreichend Zeit gibt, um schrittweise zu günstigen Zeitpunkten eine Position aufzubauen.
Ralf Anders besitzt keine der erwähnten Aktien. The Motley Fool besitzt keine der erwähnten Aktien.
Motley Fool Deutschland 2019