Der Präsident der Europäischen Zentralbank, Mario Draghi, hat an einer Anhörung des Ausschusses für Wirtschaft und Währung gesagt, dass die Wachstumsdynamik stärker nachgelassen habe als erwartet worden war.
"Wir brauchen eine schlüssige Wirtschaftsstrategie in der Eurozone, die die Effektivität der Geldpolitik ergänzt und unterstreicht", hieß es im Draghi-Redetext.
Die Schwächephase führt er hauptsächlich auf den internationalen Handel zurück, der in einem Umfeld anhaltender Unsicherheiten aus dem Tritt geraten sei.
Die Verlangsamung ist hauptsächlich auf die Schwäche des internationalen Handels in einem Umfeld anhaltender Unsicherheiten zurückzuführen. "Die jüngsten Daten und Vorlaufindikatoren zeigen keine überzeugenden Beweise für eine Erholung des Wachstums in naher Zukunft", so Draghi. Und so überwiegen bei den Wachstumsaussichten die Abwärtsrisiken.
Kopfschmerzen bereitet den EZB-Chef die anhaltende Schwäche des verarbeitenden Gewerbes. "Je länger die Industrieschwäche anhält, desto höher sind die Chancen auf Spillover-Effekte", erklärte er.
Insofern muss die Geldpolitik angesichts „der Aussichten und Unsicherheiten, mit denen wir konfrontiert sind, über einen längeren Zeitraum hinweg sehr akkommodierend bleiben.“
Gleichzeitig forderte Draghi erneut mehr Engagement der nationalen Regierungen, damit das Inflationsziel der EZB wieder greifbar wird. "Ein besserer Policy-Mix aus Fiskalpolitik, Strukturreformen und aufsichtliche Maßnahmen kann dazu beitragen, dieses Ziel schneller und mit weniger Nebenwirkungen zu erreichen."
Wie Reuters heute berichtete, sank das von der EZB viel beachtete Inflationsbarometer - die so genannten 5-Year, 5-Year Forward Inflation Expectation - nach der Vorlage der Einkaufsmanagerindizes auf 1,2196 Prozent - den tiefsten Stand seit Anfang September. Gemäß dem Barometer wird das Inflationsziel der EZB also auch ab 2024 für die nächsten 5 Jahre unterboten.
Am Freitag hatte die Bundesregierung ein Klima-Paket im Wert von 54 Milliarden Dollar beschlossen, um zum einen die Klimaziele 2030 zu erreichen und zum anderen die deutsche Wirtschaft wieder auf Kurs zu bringen. Bundeskanzlerin Merkel sagte jedoch, dass Deutschland weiterhin an der "Schwarzen Null" festhalten werde.
Die Deutsche Bank (DE:DBKGn) schrieb heute in einem Marktkommentar, dass die Nettowirkung der haushaltspolitischen Maßnahmen das deutsche Bruttoinlandsprodukt im nächsten Jahr bestenfalls um 0,25 Prozent erhöhen werden. "Diejenigen, die auf ein antizyklisches Investitionspaket durch die Hintertür gesetzt hatten, wurden enttäuscht", heißt es in der Notiz.
Es braucht also mehr als ein Klima-Paket, (das wahrscheinlich nur auf den Weg gebracht wurde, um sich die Wählergunst vor der nächsten Bundestagswahl im Jahr 2021 zu sichern), um die lahmende Wirtschaft in Deutschland wieder auf Vordermann bringen. Die Hoffnungen der Investoren beruhen nun u.a. auf Christine Lagarde, die als Befürworterin einer lockereren Fiskal- und Geldpolitik gilt. Zudem ist sie bestens vernetzt in der Finanz- als auch in der Politikwelt. Ob Merkel und Scholz aber deshalb von ihrer veralteten Politik der schwarzen Null abrücken, ist mehr als fraglich.
von Robert Zach