Investing.com - Der finnische Notenbankchef Olli Rehn, Mitglied im Rat der Europäischen Zentralbank (EZB), warnte am Samstag in einem Interview mit dem finnischen Fernsehsender YLE TV1, dass eine Überreaktion der Zentralbank auf die Inflation das Wirtschaftswachstum bremsen könnte.
"Wenn wir jetzt stark auf die Inflation reagieren, würde das Wirtschaftswachstum womöglich zum Stillstand kommen", sagte Rehn.
Insofern sei es ratsam, über die kurzfristige Inflation hinwegzusehen und darauf zu achten, wie sie 2023 und 2024 aussieht.
"Wir werden in der März-Sitzung und in späteren Sitzungen Zeit haben, zu reagieren, wenn sich die Situation deutlich anders darstellt, als sie jetzt erscheint", fügte das EZB-Mitglied hinzu.
Auf einer Veranstaltung in Parma sagte EZB-Mitglied Ignazio Visco am Samstag: "Der geldpolitische Kurs bleibt expansiv und die allmähliche Normalisierung wird sich in einem Tempo fortsetzen, das mit der wirtschaftlichen Erholung und den Veränderungen der Preisaussichten im Einklang steht."
Kurzfristig habe sich die Gefahr erhöht, dass die Verbraucherpreise schneller als erwartet steigen und die Produktion langsamer wächst, so Visco. Hauptgrund für die steigenden Preise seien vor allem die höheren Energiepreise, auf die nicht in erster Linie mit der Geldpolitik reagiert werden sollte, insbesondere dann nicht, wenn es keine Lohn-Preis-Spirale gibt und die Inflationserwartungen fest beim Ziel der EZB verankert bleiben.
Die Europäische Kommission erhöhte erst am Donnerstag die Inflationsprognose der Eurozone für das Jahr 2022 auf 3,5 Prozent gegenüber 2,2 Prozent im November, wie Reuters berichtet. Für 2023 sieht die Kommission die Inflation bei 2,2 Prozent, gegenüber 1,7 Prozent im November.
"Mehrere Faktoren haben die europäische Wirtschaft in diesem Winter abgekühlt: die rasche Ausbreitung von Omicron, ein weiterer Anstieg der Inflation aufgrund steigender Energiepreise und hartnäckige Störungen in der Lieferkette", sagte EU-Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni. "Da diese Gegenwinde allmählich nachlassen dürften, gehen wir davon aus, dass das Wachstum bereits im Frühjahr wieder an Fahrt gewinnt."