Investing.com – "Wir haben noch viel über die Inflation zu lernen", so die Worte des BoE-Vorsitzenden Andrew Bailey bei einer parlamentarischen Anhörung am 23. Mai.
Mit dieser erschütternden Aussage belegte er, dass die Bank of England genauso wenig einen Masterplan dafür hat, wie man aus der aktuell verfahrenen Situation herauskommt, wie die EZB und Fed. Denn während die hohen Zinsen ihren Tribut von der Wirtschaft fordern, werden die Menschen auch noch von einer Inflationskrise geplagt.
Obwohl die für die wirtschaftliche Entwicklung verantwortlichen Institutionen planlos agieren, kennen die Investoren an den Aktienmärkten nur eine Richtung, denn sie jagen geblendet vom Erfolg vergangener Tage den neuen Allzeithochs hinterher. Völlig ungeachtet dessen, dass nicht nur bereits die ersten Banken in den USA und Europa unter die Räder gekommen sind, sondern auch die Zahl der Firmenpleiten zunimmt.
Libby Cherry von Bloomberg machte darauf aufmerksam, dass am Muttertagswochenende innerhalb von 48 Stunden sieben Großunternehmen Konkurs anmeldeten. Ein trauriges Ergebnis, das es so seit der Finanzkrise 2008 nicht mehr gegeben hat, wie Cherry schrieb:
"In allen Sektoren kämpfen Unternehmen mit höheren Zinskosten, die die Refinanzierung von Krediten und Anleihen erschweren, während die Führungskräfte der Unternehmen von Investoren und Gläubigern stärker unter die Lupe genommen werden."
Die Vice Media Group, Envision Healthcare, Monitronics International, Venator Materials Plc, Cox Operating, Kidde-Fenwal und Athenex – ihnen allen wurde das gleiche Problem zum Verhängnis – zu hohe Schulden.
Für die Fed ist das keine besorgniserregende Entwicklung. Sie beruft sich auf den wöchentlichen St. Louis Fed Financial Stress Index, der im negativen Bereich liegt, was keinerlei Stress erkennen lässt. Mit dem Niedergang der Silicon Valley Bank (OTC:SIVBQ) stieg er auf lediglich 1,54, was in Anbetracht der 9,25 im Kontext der Lehmann-Pleite zu vernachlässigen ist.
Somit ist es auch nicht verwunderlich, wenn Fed-Mitglieder wie der Präsident der Richmond Fed, Thomas Barkin, erklären, dass weitere Zinserhöhungen zur Bekämpfung der Inflation unproblematisch seien.
Dabei wird allerdings völlig außer Acht gelassen, dass in dem aktuellen Marktumfeld selbst steigende Zinsen eine höhere Inflation bewirken. Das ist dem Umstand geschuldet, dass anziehende Leitzinsen zu größer werdenden Zinszahlungen für den Schuldendienst eines Landes führen.
Im Falle der USA steigen die Zinszahlungen von unter 200 Milliarden Dollar im Jahr 2022 auf 660 Milliarden Dollar in diesem und geschätzten 1.400 Milliarden Dollar im Jahr 2033. Doch Steuereinnahmen, die für Zinszahlungen aufgewendet werden müssen, fehlen im Haushalt und werden mit dem Drucken neuen Geldes ausgeglichen. Der Finanzmarktexperte Matthew Piepenburg schreibt:
"Die Fed jagt ihren eigenen Schwanz … die Inflation wird nicht nur bleiben, sondern durch die "antiinflationäre" Zinserhöhungspolitik der Fed sogar noch verschlimmert."
An dieser Stelle in der Geschichte der Finanzmärkte gibt es nur zwei Möglichkeiten – ein Ende mit Schrecken, oder ein Schrecken ohne Ende.
Ersteres würde bedeuten, dass die Zentralbanken zur Bekämpfung der Inflation die Zinsen erheblich anheben, so wie es unter dem Fed-Vorsitzenden Volcker mit 20 Prozent 1980 der Fall war. Das Ergebnis wäre eine erhebliche Marktbereinigung mit Massenarbeitslosigkeit und dem Platzen sämtlicher Vermögensblasen, einschließlich Aktien und Immobilien, innerhalb kürzester Zeit. Darauf würde dann ein Phase des nachhaltigen Wachstums folgen, woraufhin uns eine weitere fehlgeleitete Geldpolitik erneut an den Punkt bringt, an dem wir uns gerade befinden.
Letzteres würde mit sich bringen, dass uns viele Jahre mit hoher Inflation, hohen Zinsen und sinkendem Wachstum ins Haus stehen, während die Reallöhne fallen und Steuern erhöht werden.
Unabhängig davon, welches der beiden Szenarien Realität wird, von der Jagd nach den Allzeithochs sollte man sich verabschieden, auch wenn es weh tut und obwohl scheinbar alle auf die nächste Welle der Zinssenkungen und QE spekulieren. Doch der vermeintliche Garant für neue Rallyes führt unter den aktuellen Bedingungen ohnehin nur in eine Sackgasse. Der Investmentanalyst Daniel Lacalle erklärte das folgendermaßen:
"Die Inflationspolitik, die seit 2009 mit vorsichtigen Schritten implementiert wurde, wird weiter verstärkt werden. Wenn dies mit einer längeren Phase der Stagflation einhergeht, wird das Ergebnis für alle Beteiligten höchst unerfreulich sein. Stagflation führt unter keinen Umständen zu Wachstum und Aktienbooms. Sie ist vielmehr eine Garantie dafür, dass es den Anleihe- und Aktienmärkten gleichermaßen schlecht geht.
Wünschen Sie sich wirklich eine hohe Verschuldung, steigende Staatsausgaben und weitere geldpolitische Lockerungen der Zentralbanken?
Dann wundern Sie sich nicht, dass, wenn Ihr Wunsch in Erfüllung geht, Sie eine Rekordverschuldung, schwächeres Wachstum und eine hohe Inflation bekommen."