- von Michael Nienaber
Berlin, 29. Sep (Reuters) - Die Bundesregierung muss für ihre Schulden immer weniger Zinsen zahlen und wird Insidern zufolge auch 2020 deutlich unter den eigenen Planungen bleiben. Die Zinsausgaben dürften sich lediglich auf fünf bis sechs Milliarden Euro summieren, erfuhr die Nachrichtenagentur Reuters am Dienstag aus Koalitions- und Regierungskreisen. Zwar seien es Ende August noch 6,8 Milliarden Euro gewesen, doch dank negativer Zinsen bei Emissionen neuer Anleihen sei bis zum Jahresende ein Betrag von unter sechs Milliarden Euro wahrscheinlich.
Damit würden die Zinsausgaben des Bundes auf ein neues Rekordtief fallen. Früher waren für den Bund hier Belastungen von 40 Milliarden Euro im Jahr üblich. Nun nähert sich der Wert immer mehr dem Punkt an, an dem der Bund insgesamt mit seinen Schulden Geld verdienen würde. Hauptgrund ist dabei die seit Jahren ultra-lockere Geldpolitik der Europäischen Zentralbank. Das Bundesfinanzministerium kalkuliert im Haushalt für 2020 mit Zinsausgaben in Höhe von 9,6 Milliarden Euro, nachdem es 2019 rund zwölf Milliarden waren. Im Haushaltsentwurf für 2021 wird von 9,8 Milliarden Euro ausgegangen.
Ein Sprecher des Finanzministeriums wollte sich nicht zu den Reuters-Informationen äußern.
Mit den deutlich niedrigeren Zinsausgaben würde Bundesfinanzminister und SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz einen Puffer bekommen, um Haushaltslöcher zu stopfen. Denn der Bund hat wegen der immensen Folgen der Coronavirus-Pandemie 2020 so viel neue Schulden aufgenommen wie noch nie zuvor - rund 218 Milliarden Euro. Für 2021 plant Scholz eine Neuverschuldung von gut 96 Milliarden Euro. von Christian Krämer, redigiert von Kerstin Dörr. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an die Redaktionsleitung unter den Telefonnummern 030 2201 33711 (für Politik und Konjunktur) oder 030 2201 33702 (für Unternehmen und Märkte)