FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - 7. März 2014. Die vorläufige Entspannung im Krimkonflikt und die EZB-Entscheidung lassen die Renditen von Bundesanleihen wieder steigen.
Die Krise in der Ukraine bestimmt weiterhin das Geschehen an den Kapitalmärkten. 'Zu Wochenbeginn waren deshalb Bundesanleihen als sicherer Hafen gefragt', berichtet Arthur Brunner von ICF Kursmakler. Die Rendite zehnjähriger Papiere sei mit 1,549 Prozent auf den niedrigsten Stand seit Juli 2013 gefallen, was vor allem die Angst vor einem bewaffneten Konflikt ausgedrückt habe. 'Als sich abzeichnete, dass es wohl nicht zum Äußersten kommen würde, musste der Bund-Future seine Gewinne wieder abgeben.'
Verstärkt wurde der Trend am gestrigen Donnerstag durch die Entscheidung von EZB-Präsident Draghi, die Geldpolitik in der Eurozone nicht noch weiter zu lockern. Viele Marktteilnehmer waren zumindest von liquiditätsfördernden Maßnahmen ausgegangen und reagierten enttäuscht. Der Euro-Bund-Future verlor deutlich, am heutigen Freitagnachmittag notiert der Indikator für langfristige Zinserwartungen bei 142,32 Punkten, vor einer Woche waren es 144,39 Punkte. Zehnjährige Bundesanleihen werfen wieder eine Rendite von 1,64 Prozent ab nach 1,57 Prozent vergangenen Freitag.
'Das Thema Leitzinssenkung ist wohl erst einmal abgehakt', meint die Commerzbank. Um es wiederzubeleben, müssten die aktuelle Inflationsprojektion der EZB deutlich untertroffen werden oder der Aufschwung im Euroraum entgleisen. 'Beides ist derzeit nicht zu sehen.' Klar sei aber auch: An eine Leitzinswende sei noch lange nicht zu denken. 'Sie liegt in fernerer Zukunft als die der Fed, die als vagen Termin Mitte 2015 ins Auge gefasst hat.'
Ukraine: Krise noch nicht ausgestanden
Nach Einschätzung der HSH Nordbank könnte sich die Krise in der Ukraine zwar als 'schwarzer Schwan' entpuppen, also als eins der Ereignisse, die das Potenzial eines Megaschocks für die Weltwirtschaft haben: 'Krieg, Unterbrechung der Gaslieferungen in den Westen, Handelsembargo, alles scheint möglich.' Ein nüchterner Blick auf die wirtschaftlichen Interessen offenbare jedoch die relativ geringe Wahrscheinlichkeit von derart gravierenden Entwicklungen. Stelle Russland etwa seine Gaslieferungen an Deutschland und die EU ein, schade es sich selbst extrem. 'Dennoch dürfte das Aufwärtspotenzial der Renditen beschränkt bleiben, solange der Konflikt zwischen der Ukraine und Russland nicht beigelegt ist.'
Spaniens Zinsen niedrig wie nie
Klare Gewinner dieser Woche waren Brunner zufolge abermals Anleihen der Europeripherie. 'Spanien konnte bei einer Auktion am Donnerstag 5 Milliarden Euro zu rekordniedrigen Zinsen über drei Tranchen mit Laufzeiten von drei, fünf und zehn Jahren einsammeln', erklärt der Händler.
Auch griechische Staatsanleihen legen weiter zu, wie Gregor Daniel von der Walter Ludwig Wertpapierhandelsgesellschaft feststellt, viele Anleger nutzten die Kurse aber für einen Ausstieg. 'Das 2023 fällige Papier (WKN A1G1UA) notiert mittlerweile bei 77,45 Prozent, im Sommer 2012 waren es weniger als 15 Prozent.' Wer damals eingestiegen ist, hat seinen Einsatz somit mehr als verfünffacht. 'Diese Woche wurde übrigens gemeldet, dass Griechenland in diesem Jahr an den Kapitalmarkt zurück will, die Euro-Partner sollen für die Anleihen garantieren.'
Russische Unternehmensanleihen verkauft
Weiterhin unter Druck sind russische Unternehmensbonds. 'Zu Verkäufen kam es in auf Rubel lautenden Anleihen, allerdings hielten sich die Umsätze im vertretbaren Rahmen', meldet Brunner. Anleihen von Gazprom seien schon am Montag mit deutlichen Abschlägen von 2,5 bis 3 Prozentpunkten gehandelt worden und hätten sich im Wochenverlauf auch nicht erholt. 'Das liegt unter anderem natürlich an den Forderungen in Milliardenhöhe, die das Unternehmen an die Ukraine hat.'
Nachgefragt werden Daniel zufolge auch wieder Papiere in australischen Dollar, etwa eine bis 2017 laufende BMW-Anleihe (WKN A1HTM0). Die wirft bei einem Kupon von 4,25 Prozent derzeit eine Rendite von 3,76 Prozent ab. 'Vielleicht wollen sich Anleger wegen der Ukraine-Krise wieder breiter engagieren.'
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Neue Solarworld-Anleihen im Handel
Wie Rainer Petz von Close Brothers Seydler berichtet, werden seit Mittwoch dieser Woche die umgeschuldeten Anleihen des angeschlagenen Photovoltaikkonzerns Solarworld gehandelt (WKNs A1YCN1, A1YDDX). 'Anleger sollten beachten, dass die aktuelle Notiz eine Stücknotiz ist', erläutert der Händler. Anleihen notieren in der Regel in Prozent ihres Nennwertes, im Gegensatz dazu wird bei der Stücknotiz, wie bei Aktien, der Preis pro Wertpapier angegeben.
Am Markt für Neuemissionen war es Brunner zufolge diese Woche relativ ruhig. 'Das war zum einen bedingt durch die Faschingstage, aber auch durch die politische Unsicherheit.' Viel beachtet wurde eine neue HeidelbergCement-Anleihe (WKN A1ZELK) mit Emissionsvolumen von 500 Millionen Euro und Laufzeit bis März 2019. Sie weist einen Festzins von 2,25 Prozent auf.
von Anna-Maria Borse, Deutsche Börse AG
© 7. März 2014
(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)