HAMBURG/BERLIN (dpa-AFX) - Nach Angriffen auf Handelsschiffe im Roten Meer lassen die Reedereien Maersk (CSE:MAERSKa) und Hapag-Lloyd (ETR:HLAG) vorerst keine weiteren ihrer Schiffe durch den Suezkanal fahren. Am Montag werde man erneut über die Lage entscheiden, sagte ein Sprecher der in Hamburg ansässigen Reederei Hapag-Lloyd am Freitag der Deutschen Presse-Agentur. Man sei zutiefst besorgt über die eskalierte Sicherheitslage im südlichen Roten Meer und im Golf von Aden, teilte die dänische Reedereei Maersk mit. Die jüngsten Angriffe seien alarmierend und stellten eine erhebliche Bedrohung für die Sicherheit der Seeleute dar.
Am Freitag war der Hapag-Lloyd-Frachter "Al Jasrah" in der Meerenge zwischen dem Jemen und Dschibuti beschossen worden. "Es gibt Sachschäden an Bord, die Crew ist unversehrt", sagte der Sprecher der Reederei. Es seien vor allem Container beschädigt worden, die Struktur des Schiffes sei nicht beeinträchtigt. Das Schiff konnte seine Fahrt fortsetzen. Der Frachter war den Angaben zufolge aus dem griechischen Piräus durch den Suezkanal gefahren und befand sich auf Kurs Richtung Singapur. Medienberichten zufolge gab es nach dem Beschuss ein Feuer an Bord.
Die Bundesregierung verurteilte den Angriff und prüft eine US-Bitte um einen Marine-Einsatz. Außenministerin Annalena Baerbock sprach von einer Attacke der schiitischen Huthi-Rebellen im Jemen. "Die Bundesregierung verurteilt alle Angriffe auf Schiffe, natürlich auch den Angriff auf das Schiff von Hapag-Lloyd auf Schärfste", sagte die Grünen-Politikerin am Freitag bei einem Besuch des geschäftsführenden libanesischen Außenministers Abdallah Bou Habib in Berlin. "Die Angriffe der Huthis auf zivile Handelsschiffe im Roten Meer müssen sofort aufhören", forderte sie.
Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) sagte bei einem Besuch in Wunstorf bei Hannover: "Wir prüfen gerade die Anfrage und die Optionen, die es dazu gibt. Wir sind aber noch nicht am Ende der Prüfung." Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums erklärte in Berlin, aus den USA sei vor einigen Tagen eine Anfrage an die Deutsche Marine gestellt wurde, ob sie in der Lage sei, im Roten Meer zu unterstützen, "ohne dass das konkret mit Forderungen hinterlegt war".
Zum Ursprung des Beschusses auf die "Al Jasrah" konnte der Hapag-Lloyd-Sprecher zunächst keine Angaben machen. Die Huthis bekannten sich zu Attacken auf andere Frachter, äußerten sich aber bisher nicht zu dem Beschuss der "Al Jasrah". Wegen der wiederholten Angriffe der Huthis im Roten Meer hatten die deutschen Reeder erst am Donnerstag von der Bundesregierung und der EU Schutzmaßnahmen gefordert. Die deutsche Handelsflotte ist mit ihren gut 1800 Schiffen die siebtgrößte unter den großen Handelsflotten der Welt.
Die USA arbeiten nach Aussagen des Nationalen Sicherheitsberaters, Jake Sullivan, mit der internationalen Gemeinschaft, mit Partnern aus der Region und der ganzen Welt an Lösungen, um der Bedrohung entgegenzutreten. "Wir bilden eine Koalition", sagte Sullivan bei einer Pressekonferenz am Freitag. Die Huthi stellen demnach eine erhebliche Bedrohung für die Freiheit der Schifffahrt, die Handelsschifffahrt und den rechtmäßigen Handel dar, und zwar an einer lebenswichtigen Verkehrsader am Bab al-Mandeb und im Roten Meer. Der Iran als Drahtzieher hinter den Attacken der Huthi sei in der Verantwortung, selbst auch Maßnahmen zu ergreifen, um die Angriffe zu stoppen, so Sullivan.
An der jemenitischen Küste vorbei führt einer der wichtigsten Schifffahrtswege der Welt vom und zum Suezkanal in Ägypten. Dieser Kanal verbindet das Mittelmeer mit dem Roten Meer und bietet damit die kürzeste Verbindung auf dem Seeweg von Asien nach Europa. Etwa zehn Prozent des gesamten Welthandels laufen über das Rote Meer.
Die vom Iran unterstützten Huthi-Rebellen greifen Israel seit Ausbruch des Gaza-Krieges immer wieder unter anderem mit Drohnen und Raketen an. Zudem drohen sie, künftig Schiffe jeglicher Nationalität auf dem Weg nach Israel an der Durchfahrt im Roten Meer zu hindern. Nur Frachtern, die Hilfsgüter für den Gazastreifen lieferten, werde die Durchfahrt gewährt. Alle anderen würden zum "legitimen Zielen unserer Streitkräfte", hieß es von den Rebellen.