BERLIN (dpa-AFX) - Die SPD-Vorsitzende Saskia Esken hat vor einem überzogenen Vorgehen gegen Klimaschutz-Aktivisten gewarnt. Zwar bestehe die Gefahr einer weiteren Radikalisierung der Bewegung und deswegen sei es auch notwendig, dass die Sicherheitsbehörden das beobachteten, sagte Esken der Deutschen Presse-Agentur. "In unserem Rechtsstaat ist es aber wichtig, dass die angewandten Mittel der Behörden immer verhältnismäßig und nicht überzogen sind."
Das Anliegen der Klimaschützer sei durchaus bedeutsam und auch dringlich, und sie könne die Ungeduld der jungen Menschen nachvollziehen, sagte Esken. In der Dringlichkeit stecke aber auch die Gefahr einer Radikalisierung. "Denn auch wenn die Politik sich in den vergangenen Jahren erheblich bewegt hat und die Bewegung das als Erfolg werten könnte, erscheint aus dieser Dringlichkeitsbetrachtung heraus alles, was wir tun, zu wenig und zu spät."
Zwar könne sie verstehen, dass viele Menschen über die Blockaden auf den Straßen verärgert sind, sagte Esken. Und man könne sich auch die Frage stellen, ob man so Menschen für sein Anliegen gewinnen kann. Aber die Politik müsse akzeptieren, "dass der Beitritt zu einer Partei und der Gang durch die Institutionen nicht der einzige Weg ist, sich politisch zu betätigen".
Auch die nicht parlamentarischen, aktivistischen Bewegungen müssten im demokratischen Gemeinwesen ihren Platz haben, betonte die SPD-Chefin. Wenn dabei Gesetze gebrochen würden, müsse das aber geahndet werden. "Inakzeptabel finde ich, wenn Nötigung oder gar Gewalt gegen Menschen ausgeübt wird, und auch die Gefährdung öffentlicher Infrastruktur durch Sachbeschädigung können wir nicht hinnehmen. Es besteht schon die Gefahr, dass sich das immer weiter hochschaukelt."
Polizei und Staatsanwaltschaft waren am Mittwoch mit einer Razzia gegen die Klimaschutzgruppe Letzte Generation vorgegangen. Rund 170 Beamte durchsuchten 15 Wohnungen und Geschäftsräume in 7 Bundesländern, wie die Generalstaatsanwaltschaft München und das Bayerische Landeskriminalamt mitteilten. Der Tatvorwurf lautet auf Bildung beziehungsweise Unterstützung einer kriminellen Vereinigung.
Die Aktivisten bestreiten, kriminell zu sein, obwohl mehrere bereits wegen Straftaten verurteilt wurden, teils sogar zu Haftstrafen. Die Razzia wurde von vielen Seiten als übertrieben kritisiert. Die Initiative beklagte, ihre Mitglieder fühlten sich wie "Schwerverbrecher behandelt".