Deutsches Aktieninstitut e.V.: Finanzplatz
DGAP-News: Deutsches Aktieninstitut e.V. / Schlagwort(e): Sonstiges
Deutsches Aktieninstitut e.V.: Finanzplatz
29.05.2013 / 10:00
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Interview mit Werner Baumann, Präsident, Deutsches Aktieninstitut e.V., und
CFO, Bayer AG
'Kapitalmärkte sollen die Bedürfnisse von Unternehmen und Anlegern
nachhaltig erfüllen'
Werner Baumann, Finanzvorstand der Bayer AG, wurde am 17. April 2013 zum
neuen Präsidenten des Deutschen Aktieninstituts gewählt. Baumann, der seit
2012 Mitglied im Präsidium des Deutschen Aktieninstituts ist, erklärt im
Finanzplatz-Gespräch, warum er dieses Amt übernommen hat, welche Ziele er
mit dem Aktieninstitut erreichen will und warum ein Kulturwandel in
Deutschland nötig ist, damit mehr Deutsche in Aktien investieren.
Herr Baumann, was hat Sie bewogen, Präsident des Deutschen Aktieninstituts
zu werden? Welches sind die drei wichtigsten Ziele, die Sie sich
für Ihre Amtszeit gesetzt haben?
Das Deutsche Aktieninstitut fokussiert sich auf ein Thema, das für alle
Unternehmen von großer Bedeutung ist: Es setzt sich durch die Gestaltung
rechtlicher Rahmenbedingungen für Kapitalmärkte ein, die Banken,
Versicherungen und sonstigen Unternehmen Dienstleistungen bieten, die sie
bei der Finanzierung unternehmerischer Vorhaben sowie der Absicherungen von
Risiken benötigen. Angestrebt werden letztlich integre Kapitalmärkte, die
die Bedürfnisse von Unternehmen und Anlegern nachhaltig erfüllen und damit
der gesamten Volkswirtschaft nutzen. Die auf die Erreichung dieses Ziels
ausgerichteten Aktivitäten gemeinsam mit Vorstand, Präsidium und der
Geschäftsführung gestalten und intensiv vorantreiben zu können, hat mich
bewogen, das Amt des Präsidenten anzunehmen.
Das wichtigste Ziel für die künftige Arbeit des Deutschen Aktieninstituts
ist eine konsequente Ausrichtung seiner Aktivitäten an den definierten
Kernaufgaben. Das Aktieninstitut ist eine kompetente und anerkannte
Lobby-Organisation für seine Mitglieder, ein einflussreicher 'Think Tank
des Kapitalmarktes' und ein verlässlicher sowie fachkundiger
Gesprächspartner für Politik, Medien und Wissenschaft. Aktuell engagieren
wir uns durch Auswirkungsstudien, Stellungnahmen und in Gesprächen mit
Politikern bei Themen wie bspw. der Finanzierung und Finanzierbarkeit der
Energiewende, der Finanztransaktionssteuer, der Vorstandsvergütung und der
vorgeschlagenen Rotation von Abschlussprüfern. Es ist eine wichtige Aufgabe
für meine Amtszeit, diese und andere regulatorische Themen in die aus
unserer Sicht richtige Richtung zu lenken.
Welche Bedeutung hat eine Institution wie das Deutsche Aktieninstitut in
der heutigen Zeit?
Das Deutsche Aktieninstitut arbeitet aktiv an der Gestaltung der deutschen
und europäischen Kapitalmärkte und ihrer Rahmenbedingungen mit. Es
repräsentiert die am Kapitalmarkt interessierte deutsche Wirtschaft breiter
als Industrie- und Fachverbände und hat insbesondere in Deutschland eine
hervorragende Reputation. Aus diesem Grund kommt dem Institut insbesondere
als Unterstützer von Unternehmen bei der Bewertung aktueller
regulatorischer Entwicklungen im Kapitalmarktbereich und bei der Vertretung
ihrer Interessen gegenüber den politischen Entscheidungsträgern eine große
Bedeutung zu. Schließlich hat das Deutsche Aktieninstitut einen guten
Zugang zu Entscheidungsträgern in Wirtschaft und Politik und verfügt über
ein hoch qualifiziertes Expertenteam.
Auch für die Förderung der Aktie als Investitions- und
Vermögensbildungsinstrument kommt dem Aktieninstitut weiterhin eine große
Bedeutung zu. Durch eine kontinuierliche Einflussnahme im politischen und
regulatorischen Prozess kann es sicher zu 'aktienfreundlichen'
regulatorischen und steuerlichen Rahmenbedingungen sowie zu einer besseren
öffentlichen Bildung zu Kapitalmarktthemen beitragen und damit
Investitionen in Aktien in Deutschland stärken.
Schließlich fördert das Aktieninstitut einen regelmäßigen Austausch zu
aktuellen Themen zwischen Unternehmen, Banken und anderen
Kapitalmarktteilnehmern und trägt durch die angebotenen Seminare und
Fachbeiträge zur Wissensvermittlung und Meinungsbildung bei. Auch dieser
Teil der Arbeit spielt heute und in Zukunft eine wichtige Rolle.
Die Aktienakzeptanz in Deutschland ist im internationalen Vergleich
niedrig. Warum ist das Ihrer Meinung nach so?
Deutsche Privatanleger sind im internationalen Vergleich traditionell
weniger risikofreudig und weniger bereit, temporäre Wertschwankungen zu
akzeptieren. Ein wesentlicher Grund dafür ist sicher, dass die gesetzliche
Rentenversicherung in Deutschland umlagefinanziert und nicht kapitalgedeckt
organisiert ist. Darüber hinaus haben Ereignisse wie die Krise am neuen
Markt und die Finanzkrise zu einem generellen Misstrauen gegenüber der
Aktie als Anlageinstrument geführt. Für institutionelle Anleger spielen
eher Gründe wie eine fehlende Risikotragfähigkeit, bspw. bei
Versicherungsunternehmen nach dem Platzen der 'Technologieblase', sowie die
Unsicherheit hinsichtlich möglicher 'aktienunfreundlicher'
aufsichtsrechtlicher Regulierungen (Solvency II, Basel III) eine Rolle.
Es wäre wünschenswert, dass mehr Deutsche ihr Geld in Aktien investierten.
Wie müssten die Rahmenbedingungen verändert werden, um die Bürger zu
Aktionären zu machen?
In Deutschland ist dafür ein 'Kulturwandel' erforderlich, viele Dinge
müssen parallel vorangetrieben werden. So muss verlorengegangenes Vertrauen
in die Finanzmärkte wieder gewonnen werden, und das ist ein sehr langer
Prozess. Geschäftsmodelle einiger Marktteilnehmer müssen überdacht werden,
nicht alles, was legal war, war im Sinne von Kunden und Anlegern auch
richtig. Wir brauchen zudem eine sachgerechte und zielführende Regulierung.
Hier ist das Deutsche Aktieninstitut ganz besonders gefordert, aktuell z.B.
beim Thema Finanztransaktionssteuer. Es ist möglichst sicherzustellen, dass
Aktien gegenüber anderen Anlageformen nicht benachteiligt werden.
Um den angestrebten 'Kulturwandel' zeitnah erreichen zu können, muss in
der Bevölkerung zudem ein besseres Verständnis für die Vorteile einer
Investition in Unternehmen, wie z.B. die damit verbundene Rendite oder der
Inflationsschutz bei erwarteten Zinserhöhungen, herbeigeführt werden. Hier
kann und muss das Aktieninstitut sowohl inhaltlich als auch über die
gezielte Unterstützung privater Institutionen für Bildung beitragen.
Gute Corporate Governance gilt als ein Erfolgsfaktor dafür, dass sich ein
Unternehmen und damit dessen Aktienkurs gut entwickelt. In diesem
Zusammenhang wird immer wieder mehr Diversität diskutiert. Was müsste getan
werden, um diesen Prozess zu beschleunigen?
Gute Corporate Governance ist eine von mehreren Voraussetzungen für
nachhaltigen Erfolg. Die meisten Unternehmen arbeiten unabhängig von der
sehr breit geführten Diskussion auf der Basis vernünftiger, innerhalb ihrer
Organisation akzeptierter und gelebter Wertesysteme und sind nicht zuletzt
deshalb erfolgreich. Fehlt ein solcher Wertekompass und Konsens über Regeln
im Unternehmen ganz oder teilweise, kommt es zu Fehlverhalten, schlechten
Geschäftsentscheidungen sowie regelmäßig zu Reputationsverlust mit
entsprechenden negativen Auswirkungen auf den Unternehmenswert.
Das Thema Diversität und Vielfalt ist wichtig für die Stärkung des
Erfolgspotenzials unserer Unternehmen. Die Debatte zur breiteren
Entwicklung und speziellen Förderung von unterrepräsentierten
Mitarbeiter(innen)gruppen hat weit über die Stärkung des Frauenanteils
hinaus für die Etablierung oder Stärkung entsprechender Initiativen
innerhalb der Unternehmen gesorgt. Die Festlegung von Quoten, bspw. fester
Frauenquoten in den Aufsichtsorganen von Unternehmen, ist allerdings wenig
zielführend und sollte unterbleiben. Schließlich ist eine ausreichende
Verfügbarkeit qualifizierter Frauen in bestimmten Branchen und
Berufsfeldern nicht immer gegeben. Eine Festlegung von Zielen kann daher
viel sinnvoller im jeweiligen Unternehmens- und Branchenkontext erfolgen.
In der allgemeinen Debatte um Corporate Social Responsibility wird
gefordert, dass die Unternehmen mehr Verantwortung für die
Weiterentwicklung der Zivilgesellschaft übernehmen, sei es bei der
Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Geschlechtergerechtigkeit, der
Sicherung der Artenvielfalt, im Bereich
der Nachhaltigkeit usw. Wie können die Unternehmen dieser bunten Mischung
an Anforderungen gerecht werden? Was ist für Sie nachhaltiges
unternehmerisches Handeln?
Als Teil von Volkswirtschaft und Gesellschaft haben Unternehmen
selbstverständlich eine erhebliche Verantwortung nicht nur im eigenen
Geschäftsinteresse, sondern auch im Kontext ihrer gesellschaftlichen
Verantwortung zu arbeiten. Sie tun dies als Arbeitgeber, die nach
Möglichkeit sichere und zukunftsfähige Arbeitsplätze zur Verfügung stellen
und ihre Mitarbeiter(innen) kontinuierlich weiterentwickeln. Darüber hinaus
stellen sie vielfach breite Sozialleistungen, angefangen von
Betriebskindergärten bis hin zur immer wichtiger werdenden betrieblichen
Altersversorgung, für Mitarbeiter(innen) und ihre Familien bereit. Steuern
und Abgaben als Teil ihrer Wertschöpfung finanzieren öffentliche Haushalte.
Unternehmen müssen ihr Handeln darüber hinaus am Maßstab eines 'good
corporate citizen' messen und ausrichten. Wie dieser Maßstab auszusehen
hat, ist naturgemäß von Unternehmen zu Unternehmen unterschiedlich. Für ein
Unternehmen wie Bayer ist das etwa ein Programm zur breiteren Verfügbarkeit
von Medikamenten in Entwicklungsländern oder die Unterstützung der
Familienplanung. Banken und Versicherungen etwa engagieren sich in ihren
jeweiligen Bereichen mit Expertise und finanziellen Ressourcen.
Können Unternehmen innerhalb unternehmensfreundlicher Rahmenbedingungen
wettbewerbsfähig und profitabel arbeiten, um die private sowie öffentliche
Nachfrage nach ihren Leistungen zu bedienen, sind sie auch in der Lage,
ihrem genannten Hauptauftrag, nämlich über Wertschöpfung zur Finanzierung
gesellschaftlicher Aufgaben und zu gesellschaftlichem Wohlstand
beizutragen, gerecht werden.
Welchen Zusatznutzen wird die geforderte zukünftige Berichterstattung im
CSR-Bereich bringen? Sehen Sie darin überhaupt einen Mehrwert?
Ich bin der Meinung, dass sich die Freiwilligkeit der Nachhaltigkeits- oder
CSR-Berichterstattung als durchaus sinnvoll herausgestellt hat. Sie
ermöglicht jedem interessierten Stakeholder einen Einblick in die
verschiedenen Aktivitäten der Unternehmen im Bereich von CSR sowie die
Programme und Initiativen, die diese als 'good corporate citizens'
vorantreiben.
Viele Unternehmen, darunter auch unser Haus, informieren bereits seit
Jahren und nach dem international anerkanntem GRI-Standard über alle
Nachhaltigkeitsthemen, die für das Unternehmen relevant und von allgemeinem
Interesse sind. Damit erfüllen sie längst, was jetzt von der EU-Kommission
eingefordert wird. Ich plädiere daher dafür, die Freiwilligkeit
beizubehalten. Auf keinen Fall dürfen mögliche Regulierungen den
'Best-Practice-Unternehmen' Bürden auferlegen.
Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang die aktuelle Entwicklung, dass
Unternehmen vermehrt integriert berichten, also die Nachhaltigkeitsthemen
in den Geschäftsbericht aufnehmen. Dadurch wird die Verankerung dieser
Herausforderungen im Kerngeschäft noch stärker verdeutlicht.
Herr Baumann, in Deutschland hat sich die Wirtschaft in den letzten Jahren
hervorragend entwickelt, im übrigen Europa sieht es leider nicht
so rosig aus. Wird die Wirtschaftslokomotive Deutschland Europas Wirtschaft
aus dem Sumpf ziehen können?
Wir profitieren als größte Volkswirtschaft des Euroraumes von den mutigen
Reformen der letzten zehn Jahre, etwa im Rahmen der Umsetzung der Agenda
2010 sowie von der starken industriellen Basis des Landes, die ihre
internationale Wettbewerbsfähigkeit damit enorm verbessern konnte. Die
Innovationskraft der Unternehmen und die Qualität deutscher Produkte haben
durch Exporte insbesondere außerhalb des Euroraums zum Wachstum beigetragen
und damit über Sicherung bestehender sowie Schaffung neuer Arbeitsplätze
auch ein Wiederanspringen des Binnenkonsums gefördert und Steueraufkommen
erhöht, während die öffentliche Hand bei Sozial- und Transferleistungen
entlastet wurde. Mit einer starken Volkswirtschaft im Rücken kann auch die
Bundesregierung ihrer Verantwortung bei der Unterstützung der
Krisen-Mitgliedsländer gerecht werden. Gleichzeitig muss die Politik aber
auch weiterhin Rahmenbedingungen setzen, mit denen die wirtschaftlichen
Akteure in Deutschland mehr Zugkraft entfalten können. Beispielhaft zu
nennen sind bezahlbare Energiekosten, Innovationsförderung und ein
funktionierender, wettbewerbsfähiger Universalbankensektor zur
Unterstützung der Unternehmensfinanzierung sowie des Risikotransfers.
Ein Irrweg wäre, die deutsche Wirtschaft weiter oder gar stärker durch
Steuern und Abgaben sowie zusätzliche Regulierung zu belasten, um mehr
Spielraum für die finanzielle Stützung von Krisenländern zu haben.
Uta-Bettina von Altenbockum, Finanzplatz
Ende der Corporate News
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29.05.2013 Veröffentlichung einer Corporate News/Finanznachricht,
übermittelt durch die DGAP - ein Unternehmen der EquityStory AG.
Für den Inhalt der Mitteilung ist der Emittent / Herausgeber
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213599 29.05.2013
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29.05.2013 / 10:00
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Interview mit Werner Baumann, Präsident, Deutsches Aktieninstitut e.V., und
CFO, Bayer AG
'Kapitalmärkte sollen die Bedürfnisse von Unternehmen und Anlegern
nachhaltig erfüllen'
Werner Baumann, Finanzvorstand der Bayer AG, wurde am 17. April 2013 zum
neuen Präsidenten des Deutschen Aktieninstituts gewählt. Baumann, der seit
2012 Mitglied im Präsidium des Deutschen Aktieninstituts ist, erklärt im
Finanzplatz-Gespräch, warum er dieses Amt übernommen hat, welche Ziele er
mit dem Aktieninstitut erreichen will und warum ein Kulturwandel in
Deutschland nötig ist, damit mehr Deutsche in Aktien investieren.
Herr Baumann, was hat Sie bewogen, Präsident des Deutschen Aktieninstituts
zu werden? Welches sind die drei wichtigsten Ziele, die Sie sich
für Ihre Amtszeit gesetzt haben?
Das Deutsche Aktieninstitut fokussiert sich auf ein Thema, das für alle
Unternehmen von großer Bedeutung ist: Es setzt sich durch die Gestaltung
rechtlicher Rahmenbedingungen für Kapitalmärkte ein, die Banken,
Versicherungen und sonstigen Unternehmen Dienstleistungen bieten, die sie
bei der Finanzierung unternehmerischer Vorhaben sowie der Absicherungen von
Risiken benötigen. Angestrebt werden letztlich integre Kapitalmärkte, die
die Bedürfnisse von Unternehmen und Anlegern nachhaltig erfüllen und damit
der gesamten Volkswirtschaft nutzen. Die auf die Erreichung dieses Ziels
ausgerichteten Aktivitäten gemeinsam mit Vorstand, Präsidium und der
Geschäftsführung gestalten und intensiv vorantreiben zu können, hat mich
bewogen, das Amt des Präsidenten anzunehmen.
Das wichtigste Ziel für die künftige Arbeit des Deutschen Aktieninstituts
ist eine konsequente Ausrichtung seiner Aktivitäten an den definierten
Kernaufgaben. Das Aktieninstitut ist eine kompetente und anerkannte
Lobby-Organisation für seine Mitglieder, ein einflussreicher 'Think Tank
des Kapitalmarktes' und ein verlässlicher sowie fachkundiger
Gesprächspartner für Politik, Medien und Wissenschaft. Aktuell engagieren
wir uns durch Auswirkungsstudien, Stellungnahmen und in Gesprächen mit
Politikern bei Themen wie bspw. der Finanzierung und Finanzierbarkeit der
Energiewende, der Finanztransaktionssteuer, der Vorstandsvergütung und der
vorgeschlagenen Rotation von Abschlussprüfern. Es ist eine wichtige Aufgabe
für meine Amtszeit, diese und andere regulatorische Themen in die aus
unserer Sicht richtige Richtung zu lenken.
Welche Bedeutung hat eine Institution wie das Deutsche Aktieninstitut in
der heutigen Zeit?
Das Deutsche Aktieninstitut arbeitet aktiv an der Gestaltung der deutschen
und europäischen Kapitalmärkte und ihrer Rahmenbedingungen mit. Es
repräsentiert die am Kapitalmarkt interessierte deutsche Wirtschaft breiter
als Industrie- und Fachverbände und hat insbesondere in Deutschland eine
hervorragende Reputation. Aus diesem Grund kommt dem Institut insbesondere
als Unterstützer von Unternehmen bei der Bewertung aktueller
regulatorischer Entwicklungen im Kapitalmarktbereich und bei der Vertretung
ihrer Interessen gegenüber den politischen Entscheidungsträgern eine große
Bedeutung zu. Schließlich hat das Deutsche Aktieninstitut einen guten
Zugang zu Entscheidungsträgern in Wirtschaft und Politik und verfügt über
ein hoch qualifiziertes Expertenteam.
Auch für die Förderung der Aktie als Investitions- und
Vermögensbildungsinstrument kommt dem Aktieninstitut weiterhin eine große
Bedeutung zu. Durch eine kontinuierliche Einflussnahme im politischen und
regulatorischen Prozess kann es sicher zu 'aktienfreundlichen'
regulatorischen und steuerlichen Rahmenbedingungen sowie zu einer besseren
öffentlichen Bildung zu Kapitalmarktthemen beitragen und damit
Investitionen in Aktien in Deutschland stärken.
Schließlich fördert das Aktieninstitut einen regelmäßigen Austausch zu
aktuellen Themen zwischen Unternehmen, Banken und anderen
Kapitalmarktteilnehmern und trägt durch die angebotenen Seminare und
Fachbeiträge zur Wissensvermittlung und Meinungsbildung bei. Auch dieser
Teil der Arbeit spielt heute und in Zukunft eine wichtige Rolle.
Die Aktienakzeptanz in Deutschland ist im internationalen Vergleich
niedrig. Warum ist das Ihrer Meinung nach so?
Deutsche Privatanleger sind im internationalen Vergleich traditionell
weniger risikofreudig und weniger bereit, temporäre Wertschwankungen zu
akzeptieren. Ein wesentlicher Grund dafür ist sicher, dass die gesetzliche
Rentenversicherung in Deutschland umlagefinanziert und nicht kapitalgedeckt
organisiert ist. Darüber hinaus haben Ereignisse wie die Krise am neuen
Markt und die Finanzkrise zu einem generellen Misstrauen gegenüber der
Aktie als Anlageinstrument geführt. Für institutionelle Anleger spielen
eher Gründe wie eine fehlende Risikotragfähigkeit, bspw. bei
Versicherungsunternehmen nach dem Platzen der 'Technologieblase', sowie die
Unsicherheit hinsichtlich möglicher 'aktienunfreundlicher'
aufsichtsrechtlicher Regulierungen (Solvency II, Basel III) eine Rolle.
Es wäre wünschenswert, dass mehr Deutsche ihr Geld in Aktien investierten.
Wie müssten die Rahmenbedingungen verändert werden, um die Bürger zu
Aktionären zu machen?
In Deutschland ist dafür ein 'Kulturwandel' erforderlich, viele Dinge
müssen parallel vorangetrieben werden. So muss verlorengegangenes Vertrauen
in die Finanzmärkte wieder gewonnen werden, und das ist ein sehr langer
Prozess. Geschäftsmodelle einiger Marktteilnehmer müssen überdacht werden,
nicht alles, was legal war, war im Sinne von Kunden und Anlegern auch
richtig. Wir brauchen zudem eine sachgerechte und zielführende Regulierung.
Hier ist das Deutsche Aktieninstitut ganz besonders gefordert, aktuell z.B.
beim Thema Finanztransaktionssteuer. Es ist möglichst sicherzustellen, dass
Aktien gegenüber anderen Anlageformen nicht benachteiligt werden.
Um den angestrebten 'Kulturwandel' zeitnah erreichen zu können, muss in
der Bevölkerung zudem ein besseres Verständnis für die Vorteile einer
Investition in Unternehmen, wie z.B. die damit verbundene Rendite oder der
Inflationsschutz bei erwarteten Zinserhöhungen, herbeigeführt werden. Hier
kann und muss das Aktieninstitut sowohl inhaltlich als auch über die
gezielte Unterstützung privater Institutionen für Bildung beitragen.
Gute Corporate Governance gilt als ein Erfolgsfaktor dafür, dass sich ein
Unternehmen und damit dessen Aktienkurs gut entwickelt. In diesem
Zusammenhang wird immer wieder mehr Diversität diskutiert. Was müsste getan
werden, um diesen Prozess zu beschleunigen?
Gute Corporate Governance ist eine von mehreren Voraussetzungen für
nachhaltigen Erfolg. Die meisten Unternehmen arbeiten unabhängig von der
sehr breit geführten Diskussion auf der Basis vernünftiger, innerhalb ihrer
Organisation akzeptierter und gelebter Wertesysteme und sind nicht zuletzt
deshalb erfolgreich. Fehlt ein solcher Wertekompass und Konsens über Regeln
im Unternehmen ganz oder teilweise, kommt es zu Fehlverhalten, schlechten
Geschäftsentscheidungen sowie regelmäßig zu Reputationsverlust mit
entsprechenden negativen Auswirkungen auf den Unternehmenswert.
Das Thema Diversität und Vielfalt ist wichtig für die Stärkung des
Erfolgspotenzials unserer Unternehmen. Die Debatte zur breiteren
Entwicklung und speziellen Förderung von unterrepräsentierten
Mitarbeiter(innen)gruppen hat weit über die Stärkung des Frauenanteils
hinaus für die Etablierung oder Stärkung entsprechender Initiativen
innerhalb der Unternehmen gesorgt. Die Festlegung von Quoten, bspw. fester
Frauenquoten in den Aufsichtsorganen von Unternehmen, ist allerdings wenig
zielführend und sollte unterbleiben. Schließlich ist eine ausreichende
Verfügbarkeit qualifizierter Frauen in bestimmten Branchen und
Berufsfeldern nicht immer gegeben. Eine Festlegung von Zielen kann daher
viel sinnvoller im jeweiligen Unternehmens- und Branchenkontext erfolgen.
In der allgemeinen Debatte um Corporate Social Responsibility wird
gefordert, dass die Unternehmen mehr Verantwortung für die
Weiterentwicklung der Zivilgesellschaft übernehmen, sei es bei der
Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Geschlechtergerechtigkeit, der
Sicherung der Artenvielfalt, im Bereich
der Nachhaltigkeit usw. Wie können die Unternehmen dieser bunten Mischung
an Anforderungen gerecht werden? Was ist für Sie nachhaltiges
unternehmerisches Handeln?
Als Teil von Volkswirtschaft und Gesellschaft haben Unternehmen
selbstverständlich eine erhebliche Verantwortung nicht nur im eigenen
Geschäftsinteresse, sondern auch im Kontext ihrer gesellschaftlichen
Verantwortung zu arbeiten. Sie tun dies als Arbeitgeber, die nach
Möglichkeit sichere und zukunftsfähige Arbeitsplätze zur Verfügung stellen
und ihre Mitarbeiter(innen) kontinuierlich weiterentwickeln. Darüber hinaus
stellen sie vielfach breite Sozialleistungen, angefangen von
Betriebskindergärten bis hin zur immer wichtiger werdenden betrieblichen
Altersversorgung, für Mitarbeiter(innen) und ihre Familien bereit. Steuern
und Abgaben als Teil ihrer Wertschöpfung finanzieren öffentliche Haushalte.
Unternehmen müssen ihr Handeln darüber hinaus am Maßstab eines 'good
corporate citizen' messen und ausrichten. Wie dieser Maßstab auszusehen
hat, ist naturgemäß von Unternehmen zu Unternehmen unterschiedlich. Für ein
Unternehmen wie Bayer ist das etwa ein Programm zur breiteren Verfügbarkeit
von Medikamenten in Entwicklungsländern oder die Unterstützung der
Familienplanung. Banken und Versicherungen etwa engagieren sich in ihren
jeweiligen Bereichen mit Expertise und finanziellen Ressourcen.
Können Unternehmen innerhalb unternehmensfreundlicher Rahmenbedingungen
wettbewerbsfähig und profitabel arbeiten, um die private sowie öffentliche
Nachfrage nach ihren Leistungen zu bedienen, sind sie auch in der Lage,
ihrem genannten Hauptauftrag, nämlich über Wertschöpfung zur Finanzierung
gesellschaftlicher Aufgaben und zu gesellschaftlichem Wohlstand
beizutragen, gerecht werden.
Welchen Zusatznutzen wird die geforderte zukünftige Berichterstattung im
CSR-Bereich bringen? Sehen Sie darin überhaupt einen Mehrwert?
Ich bin der Meinung, dass sich die Freiwilligkeit der Nachhaltigkeits- oder
CSR-Berichterstattung als durchaus sinnvoll herausgestellt hat. Sie
ermöglicht jedem interessierten Stakeholder einen Einblick in die
verschiedenen Aktivitäten der Unternehmen im Bereich von CSR sowie die
Programme und Initiativen, die diese als 'good corporate citizens'
vorantreiben.
Viele Unternehmen, darunter auch unser Haus, informieren bereits seit
Jahren und nach dem international anerkanntem GRI-Standard über alle
Nachhaltigkeitsthemen, die für das Unternehmen relevant und von allgemeinem
Interesse sind. Damit erfüllen sie längst, was jetzt von der EU-Kommission
eingefordert wird. Ich plädiere daher dafür, die Freiwilligkeit
beizubehalten. Auf keinen Fall dürfen mögliche Regulierungen den
'Best-Practice-Unternehmen' Bürden auferlegen.
Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang die aktuelle Entwicklung, dass
Unternehmen vermehrt integriert berichten, also die Nachhaltigkeitsthemen
in den Geschäftsbericht aufnehmen. Dadurch wird die Verankerung dieser
Herausforderungen im Kerngeschäft noch stärker verdeutlicht.
Herr Baumann, in Deutschland hat sich die Wirtschaft in den letzten Jahren
hervorragend entwickelt, im übrigen Europa sieht es leider nicht
so rosig aus. Wird die Wirtschaftslokomotive Deutschland Europas Wirtschaft
aus dem Sumpf ziehen können?
Wir profitieren als größte Volkswirtschaft des Euroraumes von den mutigen
Reformen der letzten zehn Jahre, etwa im Rahmen der Umsetzung der Agenda
2010 sowie von der starken industriellen Basis des Landes, die ihre
internationale Wettbewerbsfähigkeit damit enorm verbessern konnte. Die
Innovationskraft der Unternehmen und die Qualität deutscher Produkte haben
durch Exporte insbesondere außerhalb des Euroraums zum Wachstum beigetragen
und damit über Sicherung bestehender sowie Schaffung neuer Arbeitsplätze
auch ein Wiederanspringen des Binnenkonsums gefördert und Steueraufkommen
erhöht, während die öffentliche Hand bei Sozial- und Transferleistungen
entlastet wurde. Mit einer starken Volkswirtschaft im Rücken kann auch die
Bundesregierung ihrer Verantwortung bei der Unterstützung der
Krisen-Mitgliedsländer gerecht werden. Gleichzeitig muss die Politik aber
auch weiterhin Rahmenbedingungen setzen, mit denen die wirtschaftlichen
Akteure in Deutschland mehr Zugkraft entfalten können. Beispielhaft zu
nennen sind bezahlbare Energiekosten, Innovationsförderung und ein
funktionierender, wettbewerbsfähiger Universalbankensektor zur
Unterstützung der Unternehmensfinanzierung sowie des Risikotransfers.
Ein Irrweg wäre, die deutsche Wirtschaft weiter oder gar stärker durch
Steuern und Abgaben sowie zusätzliche Regulierung zu belasten, um mehr
Spielraum für die finanzielle Stützung von Krisenländern zu haben.
Uta-Bettina von Altenbockum, Finanzplatz
Ende der Corporate News
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übermittelt durch die DGAP - ein Unternehmen der EquityStory AG.
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