ATHEN/BERLIN (dpa-AFX) - Die Griechenland-Krise ist mit voller Wucht wieder ausgebrochen - nur wenige Tage nach dem vermeintlich entscheidenden Euro-Gipfel in Brüssel. Dessen Beschlüsse zu den Milliarden-Hilfen für Athen stehen wieder auf der Kippe, weil die dortige Regierung dem Abgrund entgegentaumelt. Innenpolitisch zunehmend isoliert, will Ministerpräsident Giorgos Papandreou seinen Sparkurs und die Hilfszusagen dem Volk zur Abstimmung vorlegen. Als Reaktion schmolz die knappe Regierungsmehrheit der Sozialisten weiter zusammen. Beobachter hielten einen Rücktritt der Regierung für möglich. Zugleich werden die Forderungen nach einer 'Regierung der nationalen Rettung' lauter.
Am Abend sollte in Athen der Ministerrat zusammenkommen, um über das weitere Vorgehen zu beraten. Die Sitzung hatte am frühen Abend noch nicht begonnen. Im Parlament in Athen verfügt der Sozialist Papandreou rechnerisch nur noch über eine Mehrheit von zwei Sitzen im Abgeordnetenhaus. Die Sozialisten haben noch 152 von 300 Sitzen. Abgeordnete riefen den Staatspräsidenten auf, die Spitzen der politischen Parteien zur Bildung einer parteiübergreifenden Regierung zu bewegen.
'REGIERUNG DER NATIONALEN RETTUNG'
Auch sechs Mitglieder des höchsten Organs der Sozialistischen Partei forderten die Bildung einer 'Regierung der nationalen Rettung'. Diese sollte nicht mehr von Papandreou geführt werden. Auch alle Oppositionsparteien fordern die Bildung einer großen Koalition. Der bürgerliche Oppositionschef Antonis Samaras erklärte, seine Partei werde die 'abenteuerlichen Experimente' Papandreous stoppen - 'koste es, was es wolle'.
Im übrigen Euroland sorgte die völlig unerwartete Entwicklung in Athen für Alarmstimmung - die EU-Partner hat der Vorstoß offensichtlich kalt erwischt. Berlin sei völlig überrascht, hieß es in Regierungskreisen. Der Chef der Eurogruppe, Luxemburgs Regierungschef Jean-Claude Juncker, sagte dem luxemburgischen Fernsehen RTL, Papandreou habe seine Entscheidung für das Referendum nicht mit den Regierungschefs der anderen 16 Euro-Länder abgesprochen.
KRISENGIPFEL ANGEKÜNDIGT
Die Bundesregierung kündigte für diesen Mittwoch einen Krisengipfel vor dem G20-Treffen in Cannes an. Daran wollen Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy sowie die Spitzen von EU, EZB und IWF und Vertreter Griechenlands teilnehmen.
Bei den Treffen sollen den Angaben zufolge 'alle erforderlichen Maßnahmen zur umgehenden Umsetzung' der Beschlüsse des Euro-Gipfels von vergangener Woche getroffen werden. 'Deutschland und Frankreich sind entschlossen, gemeinsam mit ihren europäischen Partnern die vollständige und umgehende Umsetzung der Gipfelentscheidungen zu gewährleisten, die heute notwendiger sind denn je', heißt es.
SARKOZY FORDER GRIECHSISCHE ANSTRENGUNGEN
Das auf dem Euro-Gipfel in der vergangenen Woche beschlossene Programm ist laut dem französischen Staatspräsidenten, Nicolas Sarkozy der 'einzige Weg' aus der Schuldenkrise. Die Euroländer erwarteten für ihre Solidarität Gegenleistungen der Griechen, sagte Sarkozy am Dienstag in Paris. Der Absicht von Premierminister Giorgios Papandreou die Griechen über die Hilfsmaßnahmen abstimmen zu lassen, habe 'ganz Europa überrascht'.
Die 17 Staats- und Regierungschefs der Euroländer hatten unter anderem ein neues 100-Milliarden-Euro-Paket für Athen beschlossen. Private Gläubiger wie Banken und Versicherer verzichten nun auf die Hälfte ihrer Forderungen. Bislang sollten es nur 21 Prozent sein. Anfang 2012 sollen alte gegen neue griechische Anleihen getauscht werden. Die Euro-Staaten sichern den Schuldenschnitt mit Garantien in Höhe von 30 Milliarden Euro ab.
BANKENVERBAND IIF STEHT HINTER ABKOMMEN
Die internationalen Banken stehen nach Angaben ihres Verbandes IIF nach wie vor hinter dem verabschiedeten EU-Paket im Kampf gegen die Schuldenkrise. Die Geldhäuser hielten an ihrer Absicht fest, den Bestand der vom Privatsektor gehaltenen griechischen Anleihen um 50 Prozent zu verringern, teilte der IIF in Washington mit.
Aus Sicht der US-Regierung erhöhen die Referendums-Pläne den Druck auf die EU, das Maßnahmenpaket gegen die Schuldenkrise baldmöglichst umzusetzen. Die Europäer müssten ihre Beschlüsse von voriger Woche weiter ausgestalten und schnell verwirklichen, sagte der Sprecher des Weißen Hauses, Jay Carney. Die USA seien jedoch zuversichtlich, dass Europa mit der Krise fertig werde.
ITLEIN GERÄT UNTER DRUCK
In Italien gerät derweil die Regierung von Ministerpräsident Silvio Berlusconi immer stärker unter Druck: Nach der Ankündigung eines Referendums in Athen stieg der Risikoaufschlag für Staatsanleihen des ebenfalls hoch verschuldeten Italien auf einen Rekordstand. Berlusconi versprach daraufhin erneut schnelles Handeln. Rom werde die in Brüssel versprochenen Maßnahmen 'mit der Entschlossenheit, Strenge und Schnelligkeit durchsetzen, die die Situation verlangt', teilte der italienische Regierungschef mit.
Italien war wegen seines hohen Schuldenstands und politischer Unstimmigkeiten ins Kreuzfeuer der Finanzmärkte geraten. Unter dem Druck der EU hatte Berlusconi beim jüngsten Gipfel in Brüssel ein umfangreiches Papier mit Absichtserklärungen zu Liberalisierungen, einer Rentenreform und Infrastrukturprogrammen für mehr Wachstum vorlegen müssen. Das Land hat nach Griechenland gemessen an der Wirtschaftsleistung den höchsten Schuldenstand der Eurozone.
BERLUSCONI SPRICHT MIT MERKEL
In einem 'langen und herzlichen' Telefonat mit Bundeskanzlerin Angela Merkel habe er ihr gegenüber die Entschlossenheit seiner Regierung bekräftigt, die in der europäischen Agenda festgehaltenen Reform- und Sanierungsmaßnahmen rasch einzuleiten, ließ Berlusconi am Abend mitteilen. Sie wollten vor dem G20-Gipfel in engem Kontakt bleiben. Der angeschlagene Regierungschef wollte die Lage am Abend mit den Ministern für Wirtschaft, Reformen und Außenpolitik beraten.
An den Finanzmärkten löste die völlig unerwartete Entwicklung Schockwellen aus: Der deutsche Leitindex Dax stürzte in der Spitze am frühen Nachmittag mehr als sechs Prozent ab. Er schloss 5,00 Prozent tiefer. Auch der Kurs des Euro brach ein.
JUNCKER HÄLT STAATSBANKROTT FÜR MÖGLICH
Euro-Gruppen-Chef Juncker fürchtet nach der Ankündigung der griechischen Volksabstimmung noch größere Nervosität und Unsicherheit an den Finanzmärkten. Sollten die Griechen den vereinbarten Rettungsplan ablehnen, so sei ein griechischer Staatsbankrott möglich.
EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy und EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso erklärten in Brüssel, sie hätten am Dienstag mit Papandreou telefoniert. Auch stünden sie im Kontakt mit anderen Mitgliedern der Eurozone. Weiter heißt es in der Erklärung: 'Wir vertrauen darauf, dass Griechenland seinen Verpflichtungen gegenüber der Eurozone und der internationalen Gemeinschaft nachkommen wird.'
/kf/DP/jsl
Am Abend sollte in Athen der Ministerrat zusammenkommen, um über das weitere Vorgehen zu beraten. Die Sitzung hatte am frühen Abend noch nicht begonnen. Im Parlament in Athen verfügt der Sozialist Papandreou rechnerisch nur noch über eine Mehrheit von zwei Sitzen im Abgeordnetenhaus. Die Sozialisten haben noch 152 von 300 Sitzen. Abgeordnete riefen den Staatspräsidenten auf, die Spitzen der politischen Parteien zur Bildung einer parteiübergreifenden Regierung zu bewegen.
'REGIERUNG DER NATIONALEN RETTUNG'
Auch sechs Mitglieder des höchsten Organs der Sozialistischen Partei forderten die Bildung einer 'Regierung der nationalen Rettung'. Diese sollte nicht mehr von Papandreou geführt werden. Auch alle Oppositionsparteien fordern die Bildung einer großen Koalition. Der bürgerliche Oppositionschef Antonis Samaras erklärte, seine Partei werde die 'abenteuerlichen Experimente' Papandreous stoppen - 'koste es, was es wolle'.
Im übrigen Euroland sorgte die völlig unerwartete Entwicklung in Athen für Alarmstimmung - die EU-Partner hat der Vorstoß offensichtlich kalt erwischt. Berlin sei völlig überrascht, hieß es in Regierungskreisen. Der Chef der Eurogruppe, Luxemburgs Regierungschef Jean-Claude Juncker, sagte dem luxemburgischen Fernsehen RTL, Papandreou habe seine Entscheidung für das Referendum nicht mit den Regierungschefs der anderen 16 Euro-Länder abgesprochen.
KRISENGIPFEL ANGEKÜNDIGT
Die Bundesregierung kündigte für diesen Mittwoch einen Krisengipfel vor dem G20-Treffen in Cannes an. Daran wollen Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy sowie die Spitzen von EU, EZB und IWF und Vertreter Griechenlands teilnehmen.
Bei den Treffen sollen den Angaben zufolge 'alle erforderlichen Maßnahmen zur umgehenden Umsetzung' der Beschlüsse des Euro-Gipfels von vergangener Woche getroffen werden. 'Deutschland und Frankreich sind entschlossen, gemeinsam mit ihren europäischen Partnern die vollständige und umgehende Umsetzung der Gipfelentscheidungen zu gewährleisten, die heute notwendiger sind denn je', heißt es.
SARKOZY FORDER GRIECHSISCHE ANSTRENGUNGEN
Das auf dem Euro-Gipfel in der vergangenen Woche beschlossene Programm ist laut dem französischen Staatspräsidenten, Nicolas Sarkozy der 'einzige Weg' aus der Schuldenkrise. Die Euroländer erwarteten für ihre Solidarität Gegenleistungen der Griechen, sagte Sarkozy am Dienstag in Paris. Der Absicht von Premierminister Giorgios Papandreou die Griechen über die Hilfsmaßnahmen abstimmen zu lassen, habe 'ganz Europa überrascht'.
Die 17 Staats- und Regierungschefs der Euroländer hatten unter anderem ein neues 100-Milliarden-Euro-Paket für Athen beschlossen. Private Gläubiger wie Banken und Versicherer verzichten nun auf die Hälfte ihrer Forderungen. Bislang sollten es nur 21 Prozent sein. Anfang 2012 sollen alte gegen neue griechische Anleihen getauscht werden. Die Euro-Staaten sichern den Schuldenschnitt mit Garantien in Höhe von 30 Milliarden Euro ab.
BANKENVERBAND IIF STEHT HINTER ABKOMMEN
Die internationalen Banken stehen nach Angaben ihres Verbandes IIF nach wie vor hinter dem verabschiedeten EU-Paket im Kampf gegen die Schuldenkrise. Die Geldhäuser hielten an ihrer Absicht fest, den Bestand der vom Privatsektor gehaltenen griechischen Anleihen um 50 Prozent zu verringern, teilte der IIF in Washington mit.
Aus Sicht der US-Regierung erhöhen die Referendums-Pläne den Druck auf die EU, das Maßnahmenpaket gegen die Schuldenkrise baldmöglichst umzusetzen. Die Europäer müssten ihre Beschlüsse von voriger Woche weiter ausgestalten und schnell verwirklichen, sagte der Sprecher des Weißen Hauses, Jay Carney. Die USA seien jedoch zuversichtlich, dass Europa mit der Krise fertig werde.
ITLEIN GERÄT UNTER DRUCK
In Italien gerät derweil die Regierung von Ministerpräsident Silvio Berlusconi immer stärker unter Druck: Nach der Ankündigung eines Referendums in Athen stieg der Risikoaufschlag für Staatsanleihen des ebenfalls hoch verschuldeten Italien auf einen Rekordstand. Berlusconi versprach daraufhin erneut schnelles Handeln. Rom werde die in Brüssel versprochenen Maßnahmen 'mit der Entschlossenheit, Strenge und Schnelligkeit durchsetzen, die die Situation verlangt', teilte der italienische Regierungschef mit.
Italien war wegen seines hohen Schuldenstands und politischer Unstimmigkeiten ins Kreuzfeuer der Finanzmärkte geraten. Unter dem Druck der EU hatte Berlusconi beim jüngsten Gipfel in Brüssel ein umfangreiches Papier mit Absichtserklärungen zu Liberalisierungen, einer Rentenreform und Infrastrukturprogrammen für mehr Wachstum vorlegen müssen. Das Land hat nach Griechenland gemessen an der Wirtschaftsleistung den höchsten Schuldenstand der Eurozone.
BERLUSCONI SPRICHT MIT MERKEL
In einem 'langen und herzlichen' Telefonat mit Bundeskanzlerin Angela Merkel habe er ihr gegenüber die Entschlossenheit seiner Regierung bekräftigt, die in der europäischen Agenda festgehaltenen Reform- und Sanierungsmaßnahmen rasch einzuleiten, ließ Berlusconi am Abend mitteilen. Sie wollten vor dem G20-Gipfel in engem Kontakt bleiben. Der angeschlagene Regierungschef wollte die Lage am Abend mit den Ministern für Wirtschaft, Reformen und Außenpolitik beraten.
An den Finanzmärkten löste die völlig unerwartete Entwicklung Schockwellen aus: Der deutsche Leitindex Dax stürzte in der Spitze am frühen Nachmittag mehr als sechs Prozent ab. Er schloss 5,00 Prozent tiefer. Auch der Kurs des Euro brach ein.
JUNCKER HÄLT STAATSBANKROTT FÜR MÖGLICH
Euro-Gruppen-Chef Juncker fürchtet nach der Ankündigung der griechischen Volksabstimmung noch größere Nervosität und Unsicherheit an den Finanzmärkten. Sollten die Griechen den vereinbarten Rettungsplan ablehnen, so sei ein griechischer Staatsbankrott möglich.
EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy und EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso erklärten in Brüssel, sie hätten am Dienstag mit Papandreou telefoniert. Auch stünden sie im Kontakt mit anderen Mitgliedern der Eurozone. Weiter heißt es in der Erklärung: 'Wir vertrauen darauf, dass Griechenland seinen Verpflichtungen gegenüber der Eurozone und der internationalen Gemeinschaft nachkommen wird.'
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