FRANKFURT (dpa-AFX) - Die Kluft im Euroraum wird immer größer. Nicht nur die konjunkturelle Entwicklung driftet zusehends auseinander, auch durch die Anleihemärkte zieht sich ein immer tieferer Riss: Deutschland kann so günstig wie nie neue Schulden aufnehmen, Krisenländer wie Spanien oder Italien geraten hingegen stärker unter Druck. Das belastet die dortige Haushaltslage und erschwert den eingeschlagenen Konsolidierungskurs. Denn die Staaten Südeuropas müssen immer höhere Zinsen bieten, um sich frisches Geld zu besorgen.
Hauptgrund für die auseinander laufende Entwicklung ist die Euro-Schuldenkrise: Während das Anlegervertrauen in Krisenländer wie Spanien oder Italien stetig sinkt, ist die Nachfrage nach sicheren Anlagen ungebrochen hoch. Vor allem deutsche Staatsanleihen gelten in den Augen vieler Investoren als eine der letzten verlässlichen Investments. Die scheinbar unbegrenzte Nachfrage sorgt für eine Kursrally am deutschen Anleihemarkt. Im Gegenzug sinken die Renditen - also die Kombination aus Nominalverzinsung und Anleihekurs - fast täglich auf neue Rekordtiefs. Am Freitag fielen die Renditen für Bundesanleihen über alle Laufzeiten hinweg auf neue historische Tiefstände.
Für Krisenländer wie Spanien und Italien wird die Luft hingegen dünner. Insbesondere das große Euro-Sorgenkind Spanien muss immer höhere Zinsen bieten, um neue Anleihen am Markt unterbringen zu können. Das verschlechtert die ohnehin angespannte Lage der öffentlichen Haushalte. Ungemach kam zuletzt auch von den Ratingagenturen: So stufte die Agentur Moody's am Donnerstagabend gleich 16 heimische Banken ab, darunter die größten Institute Santander und BBVA . Die spanischen Geldhäuser leiden vor allem unter der 2008 geplatzten Immobilienblase, die eine Vielzahl notleidender Hypothekenkredite hervorgebracht hat.
Dennoch: Große Euro-Krisenländer wie Spanien oder Italien können sich immer noch frische Mittel am Kapitalmarkt besorgen, wenn auch nur zu sehr hohen Zinsen. Die Nachfrage ist trotz der immensen Probleme hoch, was aber vor allem an den massiven Geldspritzen der Europäischen Zentralbank (EZB) für die Euroraum-Banken liegen dürfte. Dessen ungeachtet ziehen die Renditen an den Sekundärmärkten, wo umlaufende Staatsanleihen gehandelt werden, weiter an. Für spanische Schulden verlangen die Investoren derzeit so große Risikoaufschläge wie selten zuvor. Und die Prämien für Ausfallversicherungen (CDS) auf spanische Staatstitel steigen fast täglich auf neue Höchststände.
Ein ganz anders Bild zeigt sich in Deutschland: Dort muss der Bund für neue Schulden nur noch einen Bruchteil dessen zahlen, was die Anleger etwa zur Jahrtausendwende forderten. Seinerzeit galt Deutschland als der 'kranke Mann Europas'. Davon kann heute keine Rede mehr sein. Deutschland genießt nicht nur unter Investoren einen herausragenden Ruf. Auch die Wettbewerbsfähigkeit der größten Euroraum-Wirtschaft hat sich in den letzten Jahren stark verbessert. Länder wie Spanien und Italien haben indes den Anschluss verloren.
Beachtlich ist zudem, dass die Investoren unter Berücksichtigung der Geldentwertung schon seit langem Vermögensverluste in Kauf nehmen, nur um ihre Investitionen in Sicherheit zu wissen. Aktuell liegt die Inflation in Deutschland bei 2,1 Prozent. Das drückt die realen - also preisbereinigten - Renditen deutlich ins negative Terrain. Der Effekt ist grundsätzlich um so stärker, je kürzer ein Anleger sein Geld dem deutschen Staat zur Verfügung stellt: Im kurzen Bereich von zwei Jahren beträgt die Rendite in Deutschland aktuell knapp 0,3 Prozent. Zieht man hiervon die Inflationsrate ab, ergibt sich ein reale Zins von minus 1,8 Prozent. Mit anderen Worten: Die Verzinsung reicht nicht einmal aus, um die Geldentwertung zu kompensieren - das Kapital wird aufgezehrt.
Die Anleihemärkte der krisengeschwächten Euroländer geraten unterdessen immer stärker unter Druck. In Spanien und Italien beispielsweise liegen die Renditen über alle Laufzeiten hinweg um ein Vielfaches höher als in Deutschland. Im Zehnjahresbereich beträgt das Zinsniveau Italiens aktuell 5,8 Prozent, in Spanien gar 6,3 Prozent. Ausschlaggebend ist das hohe Misstrauen, das insbesondere Südeuropäischen Ländern entgegenschlägt. Viele Investoren trauen den Krisenländern nicht zu, ihre hohe Verschuldung unter Kontrolle zu bringen und ihre Wettbewerbsfähigkeit zu steigern.
Für Deutschland hingegen bringt die aktuelle Entwicklung eine spürbare Entlastung. Denn Staaten refinanzieren ihren hohen Finanzbedarf zum Großteil über die Ausgabe von Staatsanleihen. Schon seit Monaten sind die Kosten hierfür in Deutschland stark rückläufig. Zuletzt konnte sich der Bund zur Wochenmitte für zehn Jahre zu rekordniedrigen Zinsen von gerade mal 1,47 Prozent frisches Geld besorgen. Das ist weniger als die Hälfte dessen, was Länder wie Italien und Spanien zahlen müssen - wohlgemerkt: nicht für zehn, sondern für zwei Jahre. Und selbst für dreißigjährige Schulden muss Deutschland mit zwei Prozent aktuell deutlich weniger Zinsen bieten als viele Krisenländer im sehr kurzen Bereich./bgf/hbr/zb
--- Von Hannes Breustedt und Bernhard Funck, dpa-AFX ---
Hauptgrund für die auseinander laufende Entwicklung ist die Euro-Schuldenkrise: Während das Anlegervertrauen in Krisenländer wie Spanien oder Italien stetig sinkt, ist die Nachfrage nach sicheren Anlagen ungebrochen hoch. Vor allem deutsche Staatsanleihen gelten in den Augen vieler Investoren als eine der letzten verlässlichen Investments. Die scheinbar unbegrenzte Nachfrage sorgt für eine Kursrally am deutschen Anleihemarkt. Im Gegenzug sinken die Renditen - also die Kombination aus Nominalverzinsung und Anleihekurs - fast täglich auf neue Rekordtiefs. Am Freitag fielen die Renditen für Bundesanleihen über alle Laufzeiten hinweg auf neue historische Tiefstände.
Für Krisenländer wie Spanien und Italien wird die Luft hingegen dünner. Insbesondere das große Euro-Sorgenkind Spanien muss immer höhere Zinsen bieten, um neue Anleihen am Markt unterbringen zu können. Das verschlechtert die ohnehin angespannte Lage der öffentlichen Haushalte. Ungemach kam zuletzt auch von den Ratingagenturen: So stufte die Agentur Moody's am Donnerstagabend gleich 16 heimische Banken ab, darunter die größten Institute Santander
Dennoch: Große Euro-Krisenländer wie Spanien oder Italien können sich immer noch frische Mittel am Kapitalmarkt besorgen, wenn auch nur zu sehr hohen Zinsen. Die Nachfrage ist trotz der immensen Probleme hoch, was aber vor allem an den massiven Geldspritzen der Europäischen Zentralbank (EZB) für die Euroraum-Banken liegen dürfte. Dessen ungeachtet ziehen die Renditen an den Sekundärmärkten, wo umlaufende Staatsanleihen gehandelt werden, weiter an. Für spanische Schulden verlangen die Investoren derzeit so große Risikoaufschläge wie selten zuvor. Und die Prämien für Ausfallversicherungen (CDS) auf spanische Staatstitel steigen fast täglich auf neue Höchststände.
Ein ganz anders Bild zeigt sich in Deutschland: Dort muss der Bund für neue Schulden nur noch einen Bruchteil dessen zahlen, was die Anleger etwa zur Jahrtausendwende forderten. Seinerzeit galt Deutschland als der 'kranke Mann Europas'. Davon kann heute keine Rede mehr sein. Deutschland genießt nicht nur unter Investoren einen herausragenden Ruf. Auch die Wettbewerbsfähigkeit der größten Euroraum-Wirtschaft hat sich in den letzten Jahren stark verbessert. Länder wie Spanien und Italien haben indes den Anschluss verloren.
Beachtlich ist zudem, dass die Investoren unter Berücksichtigung der Geldentwertung schon seit langem Vermögensverluste in Kauf nehmen, nur um ihre Investitionen in Sicherheit zu wissen. Aktuell liegt die Inflation in Deutschland bei 2,1 Prozent. Das drückt die realen - also preisbereinigten - Renditen deutlich ins negative Terrain. Der Effekt ist grundsätzlich um so stärker, je kürzer ein Anleger sein Geld dem deutschen Staat zur Verfügung stellt: Im kurzen Bereich von zwei Jahren beträgt die Rendite in Deutschland aktuell knapp 0,3 Prozent. Zieht man hiervon die Inflationsrate ab, ergibt sich ein reale Zins von minus 1,8 Prozent. Mit anderen Worten: Die Verzinsung reicht nicht einmal aus, um die Geldentwertung zu kompensieren - das Kapital wird aufgezehrt.
Die Anleihemärkte der krisengeschwächten Euroländer geraten unterdessen immer stärker unter Druck. In Spanien und Italien beispielsweise liegen die Renditen über alle Laufzeiten hinweg um ein Vielfaches höher als in Deutschland. Im Zehnjahresbereich beträgt das Zinsniveau Italiens aktuell 5,8 Prozent, in Spanien gar 6,3 Prozent. Ausschlaggebend ist das hohe Misstrauen, das insbesondere Südeuropäischen Ländern entgegenschlägt. Viele Investoren trauen den Krisenländern nicht zu, ihre hohe Verschuldung unter Kontrolle zu bringen und ihre Wettbewerbsfähigkeit zu steigern.
Für Deutschland hingegen bringt die aktuelle Entwicklung eine spürbare Entlastung. Denn Staaten refinanzieren ihren hohen Finanzbedarf zum Großteil über die Ausgabe von Staatsanleihen. Schon seit Monaten sind die Kosten hierfür in Deutschland stark rückläufig. Zuletzt konnte sich der Bund zur Wochenmitte für zehn Jahre zu rekordniedrigen Zinsen von gerade mal 1,47 Prozent frisches Geld besorgen. Das ist weniger als die Hälfte dessen, was Länder wie Italien und Spanien zahlen müssen - wohlgemerkt: nicht für zehn, sondern für zwei Jahre. Und selbst für dreißigjährige Schulden muss Deutschland mit zwei Prozent aktuell deutlich weniger Zinsen bieten als viele Krisenländer im sehr kurzen Bereich./bgf/hbr/zb
--- Von Hannes Breustedt und Bernhard Funck, dpa-AFX ---