Der Black Friday beginnt jetzt! Holen Sie sich 60% RABATT auf InvestingProJETZT ZUGREIFEN

ROUNDUP: Fragwürdiges 55,5-Milliarden-Euro-Geschenk für Schäuble

Veröffentlicht am 30.10.2011, 15:12
BERLIN (dpa-AFX) - Griechenlands Finanzminister Evangelos Venizelos hätte sicher gerne die Probleme seines deutschen Amtskollegen. Mit 55,5 Milliarden Euro könnte er die Staatsschuld Athens in Verbindung mit dem gerade vereinbarten Schuldenschnitt derart senken, dass eine Pleite erst einmal nicht mehr zur Debatte stünde. 'Das ist kein Betrag, den die schwäbische Hausfrau in einer Keksdose versteckt und vergisst', sagt SPD-Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann.

Doch genau diese Summe ist aus den schwer durchschaubaren Bilanzen der staatseigenen Bad Bank der Hypo Real Estate (HRE) aufgetaucht. 'Der Korrekturbedarf in Höhe von 55,5 Milliarden Euro ergab sich vollständig aufgrund von Buchungsfehlern', betont das Haus von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU). In die Bad Bank mit Namen FMS Wertmanagement hatte die im Zuge der Finanzkrise massiv in Schieflage geratene HRE vor einem Jahr Giftpapiere im Wert von 175 Milliarden Euro ausgelagert, um so selbst einen Neustart zu schaffen.

Es geht vor allem darum, dass erhaltene Sicherheitsleistungen für Forderungen der Bad Bank vom Computersystem aufaddiert worden sind, statt sie bei den eigenen Verbindlichkeiten abzuziehen. Zudem wurden scheinbar Kursgewinne bei Papieren als Verlust verbucht. Einfach gesagt: Der Computer hat Plus und Minus verwechselt.

2010 summierten sich die Fehler auf 24,5 Milliarden Euro, 2011 auf 31 Milliarden. Die Frage stellt sich, warum so massive Bilanzfehler erst jetzt aufgefallen sind. Anfang Oktober wurde die Regierung nach der Bestätigung durch Wirtschaftsprüfer der Bad Bank informiert.

Für Schäuble und den deutschen Staat ist das Ganze zunächst einmal erfreulich. Statt der nach Brüssel gemeldeten Staatsverschuldung von 83,7 Prozent der deutschen Wirtschaftsleistung, beträgt sie nun nur noch 81,1 Prozent. Ungeachtet der noch zu klärenden Ursachen für diese Korrektur begrüße die Bundesregierung grundsätzlich jede Reduzierung des Schuldenstandes, betont Schäubles Haus.

Doch der Glücksfall ist zugleich höchst peinlich. Schäuble hat führende Bankvorstände zum Rapport in sein Haus bestellt - es dürfte sich schließlich um einen der größten Buchungsfehler der Geschichte handeln. Der CSU-Finanzexperte Hans Michelbach kündigt ein Nachspiel im Bundestagsfinanzausschuss an. 'Ich erwarte von der Führung eine lückenlose Aufklärung dieses unfassbaren Fehlers.' Notfalls müssten personelle Konsequenzen bei der Bank gezogen werden.

Gerhard Schick, finanzpolitischer Sprecher der Grünen, sagt, es sei schon bemerkenswert, das hochqualifizierte Bilanzbuchhalter so den Überblick verlieren. 'Wir brauchen einen Finanzmarkt mit kleineren Instituten und transparenteren Strukturen, in denen Vorstände wieder einen Überblick haben über das, was sie in ihren Büchern haben', sagt er mit Blick auf immer komplexere, automatische Computersysteme. Die Frage stelle sich, was passiert wäre, wenn die 55,5 Milliarden Euro ein zusätzlicher Verlust gewesen wären.

Der Bürger dürfte von dem Geldsegen - mit der Summe könnten Union und FDP acht Steuersenkungen machen - wenig zu spüren bekommen. Auch die geplante Neuverschuldung für dieses Jahr von knapp 30 Milliarden Euro kann damit nicht mit einem Schlag getilgt werden. Denn das Geld für die staatseigene Bank wird über einen Sonderhaushalt verwaltet. Dieser finanziert sich selbst und beschafft sich notfalls Kredite.

Das Ganze hat also nur Einfluss auf die Staatsschulden, nicht aber auf den Bundeshaushalt. 'Als Haushälter freue ich mich für die Gesamtverschuldung, das Ganze hat mit der Neuverschuldung aber nichts zu tun', betont der FDP-Politiker Otto Fricke. Möglich sei aber, dass die durch die HRE entstandene Belastung am Ende geringer ausfalle. Aber: Die HRE-Bad-Bank hält auch griechische Anleihen im Wert von 7,2 Milliarden Euro, die Hälfte muss womöglich abgeschrieben werden.

Die Opposition jedenfalls ist empört. Schäuble sei verantwortlich dafür, dass die Bank ordnungsgemäß geführt und beaufsichtigt werde, sagt der SPD-Politiker Oppermann. 'Der unbefangene Beobachter gewinnt den Eindruck, dass das Finanzministerium angesichts immer neuer Rettungspläne die Übersicht verloren hat.' Linken-Fraktionsvize Ulrich Maurer sagt, der Fall lasse nichts Gutes ahnen für die geplante Hebelung des Euro-Rettungsschirms EFSF auf eine Billion Euro. Mit einem Finanzministerium, 'das die Grundrechenarten offenbar nicht beherrscht, wird das endgültig zum Himmelfahrtskommando'./ir/DP/dct

Aktuelle Kommentare

Installieren Sie unsere App
Risikohinweis: Beim Handel mit Finanzinstrumenten und/oder Kryptowährungen bestehen erhebliche Risiken, die zum vollständigen oder teilweisen Verlust Ihres investierten Kapitals führen können. Die Kurse von Kryptowährungen unterliegen extremen Schwankungen und können durch externe Einflüsse wie finanzielle, regulatorische oder politische Ereignisse beeinflusst werden. Durch den Einsatz von Margin-Trading wird das finanzielle Risiko erhöht.
Vor Beginn des Handels mit Finanzinstrumenten und/oder Kryptowährungen ist es wichtig, die damit verbundenen Risiken vollständig zu verstehen. Es wird empfohlen, sich gegebenenfalls von einer unabhängigen und sachkundigen Person oder Institution beraten zu lassen.
Fusion Media weist darauf hin, dass die auf dieser Website bereitgestellten Kurse und Daten möglicherweise nicht in Echtzeit oder vollständig genau sind. Diese Informationen werden nicht unbedingt von Börsen, sondern von Market Makern zur Verfügung gestellt, was bedeutet, dass sie indikativ und nicht für Handelszwecke geeignet sein können. Fusion Media und andere Datenanbieter übernehmen daher keine Verantwortung für Handelsverluste, die durch die Verwendung dieser Daten entstehen können.
Die Nutzung, Speicherung, Vervielfältigung, Anzeige, Änderung, Übertragung oder Verbreitung der auf dieser Website enthaltenen Daten ohne vorherige schriftliche Zustimmung von Fusion Media und/oder des Datenproviders ist untersagt. Alle Rechte am geistigen Eigentum liegen bei den Anbietern und/oder der Börse, die die Daten auf dieser Website bereitstellen.
Fusion Media kann von Werbetreibenden auf der Website aufgrund Ihrer Interaktion mit Anzeigen oder Werbetreibenden vergütet werden.
Im Falle von Auslegungsunterschieden zwischen der englischen und der deutschen Version dieser Vereinbarung ist die englische Version maßgeblich.
© 2007-2024 - Fusion Media Limited. Alle Rechte vorbehalten.