MENLO PARK (dpa-AFX) - Facebook (NAS:FB) (ETR:FB) schluckt in einem Mega-Deal den Rivalen WhatsApp mit mehr als 450 Millionen Nutzern. Das weltgrößte Online-Netzwerk zahlt für den Anbieter der populären Kurznachrichten-App insgesamt 19 Milliarden Dollar - umgerechnet 14 Milliarden Euro. Der Kauf muss noch von den Wettbewerbshütern abgesegnet werden. Das Geschäft soll später im Jahr besiegelt werden.
'WhatsApp ist auf dem besten Weg, eine Milliarde Menschen miteinander zu verbinden', sagte Facebook-Gründer Mark Zuckerberg am späten Mittwochabend. 'Dienste, die eine Milliarde Nutzer haben, sind unglaublich wertvoll', begründete Zuckerberg den hohen Kaufpreis für ein Unternehmen mit gerade einmal 55 Mitarbeitern. In einer Telefonkonferenz mit Börsenanalysten sagte er: 'WhatsApp wird uns dabei helfen, unsere Mission zu erfüllen, die ganze Welt zu vernetzen.'
Facebook selbst hatte zuletzt 1,23 Milliarden Mitglieder. Die Börsianer waren nicht überzeugt. Die Facebook-Aktie fiel vorbörslich um knapp drei Prozent.
FÜR NUTZER ÄNDERT SICH NICHTS
WhatsApp versprach, durch die Übernahme ändere sich für die Nutzer nichts. Der Dienst werde nach wie eine geringe Gebühr kosten und ohne Werbeunterbrechungen laufen, erklärte die Firma in einem Blogeintrag. 'WhatsApp wird autonom bleiben und unabhängig agieren.'
Mitgründer Jan Koum sagte, WhatsApp bekomme nun Zugriff auf 'Erfahrung, Wissen, Infrastruktur'. Auch Zuckerberg versicherte, das WhatsApp-Team unabhängig bleiben. Ihnen sei außergewöhnliches Wachstum gelungen - 'es wäre dumm, uns da jetzt einzumischen.'
Mit der Smartphone-App können Nutzer Text- und Sprachnachrichten, Fotos oder Videos austauschen. WhatsApp hat sich fest als SMS-Alternative etabliert - auch, weil der Dienst pro Jahr nur einen Dollar Gebühr kostet. Allein in Deutschland nutzten zuletzt 30 Millionen Menschen WhatsApp.
Weltweit kommen täglich mehr als eine Million Nutzer hinzu, erklärte Zuckerberg. 70 Prozent der Menschen nutzten WhatsApp jeden Tag.
ÜBERNAHME IN ZEHN TAGEN AUSGEHANDELT
Zuckerberg handelte die Übernahme nach Medienberichten in gut zehn Tagen aus. Laut einem Bericht des Technologie-Blogs 'The Information' hatte auch Google (NAS:GOOG) (ETR:GGQ1) ein Auge auf WhatsApp geworfen. Der Internet-Konzern habe WhatsApp allein schon dafür Geld abgeboten, über das Auftauchen anderer Interessenten zu informieren. WhatsApp habe abgelehnt, hieß es unter Berufung auf informierte Personen.
Wie sich der hohe Kaufpreis letztlich rechnen soll, ließ Zuckerberg offen. Zunächst gehe es darum, dass der Dienst weiter wachse auf 'eins, zwei oder drei Milliarden Mitglieder', sagte Zuckerberg. 'Es gibt es mehrere Wege, wie wir damit Geld verdienen können.' Werbung zähle nicht dazu.
Der Zukauf folgt Medienberichten, dass Teenager Facebook den Rücken kehrten und zu alternativen Diensten wie WhatsApp wanderten. Diese Sorge hatte zwischenzeitlich zu deutlichen Kursverlusten geführt.
Auf die Frage eines Analysten, ob die Nutzer bei WhatsApp denn jünger seien, konnte Facebook-Finanzchef David Ebersmann keine Auskunft geben: 'Der Dienst fragt nicht nach dem Alter, wenn man sich anmeldet.' Man wisse bisher auch nicht, wie groß die Überschneidung zwischen den Nutzer-Gemeinden ist.
MILLIARDENÜBERWEISUNG
Facebook überweist zunächst 4 Milliarden Dollar in bar sowie Aktien im Wert von 12 Milliarden Dollar an die WhatsApp-Besitzer. In den kommenden Jahren sollen weitere Aktien im Wert von aktuell 3 Milliarden Dollar an Gründer und Mitarbeiter fließen. Koum zieht in den Verwaltungsrat von Facebook ein.
Facebook hat bereits einen eigenen Messaging-Dienst mit ähnlichen Funktionen. Dieser soll parallel weiterentwickelt werden. Allerdings kaufte Zuckerberg auch schon für knapp eine Milliarde Dollar die Foto-Plattform Instagram, obwohl Facebook-Nutzer bereits Bilder austauschen konnten. Auch die derzeit populäre Foto-App Snapchat, bei der Bilder von alleine verschwinden, wollte Facebook dem Vernehmen nach vor kurzem für drei Milliarden Dollar kaufen, die Gründer lehnten jedoch ab.
Der Deal mit WhatsApp kommt nur wenige Tage, nachdem der japanische Online-Händler Rakuten für 900 Millionen Dollar die Kommunikations-App Viber übernahm.P/kja