Investing.com - Nach der zinspolitischen Entscheidung der Federal Reserve (Fed) ist der EUR/USD dynamisch gestiegen und hat sich von den Vortagestiefs um 1,1725 Dollar über die psychologisch wichtige Marke von 1,1800 Dollar erholt. Vor der geldpolitischen Entscheidung der Europäischen Zentralbank (EZB) notiert der EUR/USD auf 1,1825 Dollar und damit 0,28 Prozent im Plus.
Fed erhöht Leitzins
Die US-Notenbank Fed hat gestern den Leitzins erwartungsgemäß um 25 Basispunkte auf eine Spanne von 1,75% bis 2,00% angehoben. Das war der zweite Zinsschritt in diesem Jahr. Volkswirte hatten damit gerechnet, weshalb der Fokus am Markt auf den Wirtschafts- und Zinsprojektionen der Währungshüter lag.
Die soliden Wirtschaftszahlen in Form des US-Arbeitsmarktes und die dynamisch steigende Inflation sorgten dafür, dass die Notenbanker ihre Zinsprognosen nach oben revidierten. Bis Ende 2018 signalisierten die so genannten Dot-Plots bisher nur eine weitere Zinserhöhung. Gestern haben die FOMC-Mitglieder ihre Einschätzungen aber angepasst und sehen jetzt insgesamt vier Zinsschritte in diesem Jahr.
Dass die Notenbanker zwei weitere Zinserhöhungen sehen ist angesichts der konjunkturellen Entwicklung keine große Überraschung gewesen. Bedenken sollte man aber, dass nur ein Notenbanker seine Meinung bezüglich einer schnelleren Straffung der Geldpolitik geändert hat, so dass die Anpassung des Dot-Plots nicht endgültig ist.
Zudem hat die Fed die Forward Guidance bezüglich der Zinsen im Begleittext angepasst, Der Passus, wonach die Zinsen auf absehbare Zeit relativ niedrig bleiben, wurde fallen gelassen. Das sollte der Notenbank mehr Flexibilität einräumen.
Sollte die Fed jetzt tatsächlich die Zinsen zwei weitere Male in diesem Jahr erhöhen, so nähert sich der Leitzins aber dem neutralen Zins, der wahrscheinlich bei 2,9 Prozent liegt. Damit ist ein Ende des Zinserhöhungszykluses absehbar, was auch der Grund dafür sein dürfte, warum der US-Dollar in Reaktion auf die Zinserhöhung und des Begleittextes gefallen ist.
Der Spielball liegt jetzt im Feld der EZB
Für Spannung sorgt heute Nachmittag die geldpolitische Sitzung der Europäischen Zentralbank (EZB), die in Lettland stattfindet. Nach den Meldungen in der Vorwoche, wonach die Notenbank auf der heutigen Sitzung darüber diskutieren werde, ob das Kaufprogramm für Anleihen fortgesetzt werden solle, rechnen die Marktteilnehmer mit einer Anpassung der Forward Guidance.
Blickt man auf die heutigen Verbraucherpreise aus Deutschland, ist das gar nicht so abwegig. Schließlich stieg die Inflation nach einer ersten Schätzung des Statistischen Bundesamtes auf 2,2 Prozent und damit auf den höchsten Stand seit mehr als einem Jahr.
Die Europäische Zentralbank strebt vor allem Preisstabilität an. Dieses Ziel ist erreicht, wenn die Inflation nahe 2 Prozent liegt. Auch in der Eurozone ist die Inflation zuletzt stärker als erwartet gestiegen. Im Vormonat stieg die Teuerung auf das Jahr hochgerechnet um 1,9 Prozent. Der Grund für den Anstieg war aber vor allem auf die höheren Energiepreise zurückzuführen.
Von einem nachhaltigen Inflationsanstieg ist in der Regel die Rede, wenn die Löhne steigen. Und hier gab der EZB-Chefvolkswirt Peter Praet ein bemerkenswertes Statement: er hatte in der Vorwoche ausdrücklich die Entwicklung der Löhne gelobt und verwies in diesem Zusammenhang auf die Stärke des konjunkturellen Aufschwungs in der Eurozone trotz der jüngsten Enttäuschungen in Form einiger Konjunkturdaten.
Insofern bestehen gute Chancen darauf, dass die EZB am Donnerstag die Forward Guidance zum Wertpapierkaufprogramm anpassen wird und damit dem Euro weiter Auftrieb gibt.
Der Risikofaktor ist und bleibt aber Italien. Schließlich will die neue Regierung rund um Ministerpräsident Giuseppe Conte die Sozialleistungen erhöhen und die Steuern senken, um so das Wachstum der italienischen Wirtschaft zu beschleunigen. Angesichts des hohen Schuldenstandes des Landes sind die geplanten Maßnahmen der neuen italienischen Regierung aber nicht tragbar. In der Folge geht nun die Furcht vor einer neuen Schuldenkrise in der EU um.
Die EZB könnte daher zunächst die Füße stillhalten und das politische Treiben in Italien weiter beobachten und erst im Juli etwas an der Forward Guidance bezüglich des Kaufprogramms ändern.
Was steht heute im Wirtschaftskalender
Neben der EZB-Sitzung werden die Marktteilnehmer die Zahl der US-Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe sowie die Import- und Exportpreise und die Einzelhandelsumsätze im Blick haben.
EUR/USD - Technische Analyse
Aus Sicht der Charttechnik hat sich der EUR/USD wieder auf den Schlüsselwiderstand bei 1,1820 Dollar hochgeschraubt. Robert Zach von Investing.com schreibt in seinem täglichen Marktausblick für den EUR/USD: "Die fünf Konter der Bullen sagen mir, dass der Euro weiter nach Norden will. Sowohl am Freitag als auch am Dienstag und am Mittwoch haben die Bullen die zurückgelegten Abwärtsstrecken wieder wettgemacht und ließen den EUR/USD von den Sitzungstiefs aus gesehen immer wieder ansteigen."
"Der Schlüsselwiderstand ist und bleibt der Bereich zwischen 1,1831 Dollar und 1,1858 Dollar, wo das Hoch vom 22. Mai und das 38,2% Fibonacci-Retracement von Mitte April bis Ende Mai verlaufen."
"Im Erfolgsfall winken dem EUR/USD schon bald wieder Kursnotierungen von 1,1990 Dollar, was ja auch unserem Kursziel aus der inversen Schulter-Kopf-Schulter-Formation entspricht." rz