Börsen-Zeitung: Schicksalsfrage, Kommentar zum Griechenland-Referendum
von Angela Wefers
Frankfurt (ots) - Nur kurz währte die Erleichterung über das
europäische Paket zur Befreiung Griechenlands von einem Teil seiner
drückenden Staatsschulden. Ministerpräsident Giorgos Papandreou hat
mit seiner Ankündigung eines Referendums über seinen Sparkurs nicht
nur die Märkte in helle Aufregung versetzt. Bundeskanzlerin Angela
Merkel und Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy warfen auch
ihre Termine für ein erneutes Krisentreffen um und sahen sich zu
einer Durchhalteparole genötigt. Das fein ausbalancierte
Rettungspaket für den Euro samt Einbindung des privaten Sektors in
die Hellas-Umschuldung und flankierendem Schutz für labile
Euro-Staaten durch den Rettungsfonds EFSF steht auf dem Spiel,
sollten die Griechen 'Nein' sagen.
Genau genommen war die Ruhe trügerisch. Denn durch den Brüsseler
Beschluss vor knapp einer Woche hat sich erst einmal an der Lage in
Griechenland nichts geändert - vielleicht abgesehen davon, dass sich
kaum jemand vorstellen konnte, Athen würde einen Schuldenerlass
ausschlagen, zu dem seine Gläubiger mit der Pistole auf der Brust
gezwungen werden mussten. Die politischen Turbulenzen in Athen legen
nun offen, wie fragil die Lage dort ohnehin war. Papandreous Weg ist
risikoreich: Gelingt das Referendum, stärkt es seine Regierung.
Scheitert es, wäre sein Sparkurs früher oder später auch im Parlament
erledigt. Denn schon bisher war die oppositionelle konservative
Partei in Athen ein großer Unsicherheitsfaktor.
Anders als in Irland und Portugal steht die Abstimmung der Bürger
über die Schicksalsfrage in Griechenland noch aus: Sieht das Land
seine Zukunft als Mitglied der Europäischen Währungsunion? In Dublin
und Lissabon stürzten die Regierungen. Die Bürger konnten in den
Neuwahlen ein klares politisches Mandat für den schweren Weg
erteilen, den sie zur Gesundung ihrer Wirtschaft und Staatsfinanzen
gehen müssen. Die jeweiligen Oppositionen und vormaligen Regierungen
sind eingebunden.
Es ist nur demokratisch, wenn auch die Bürger Griechenlands diese
Schicksalsfrage entscheiden dürfen. Denn es geht nicht um die Wahl:
weiter so wie bisher oder harter Einschnitt. Es geht darum, ob die
Hellenen bereit sind, ihren Teil für den Verbleib in der Eurozone zu
tun - oder lieber den ebenfalls hohen Preis eines Austritts zahlen.
Papandreou will erst 2012 abstimmen lassen. Das ist zu spät. Je
früher diese Debatte geführt und je schneller sie zur Entscheidung
kommt, desto besser. Eine Hängepartie schadet allen, am meisten der
Gemeinschaftswährung.
Originaltext: Börsen-Zeitung
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Börsen-Zeitung
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Telefon: 069--2732-0
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Frankfurt (ots) - Nur kurz währte die Erleichterung über das
europäische Paket zur Befreiung Griechenlands von einem Teil seiner
drückenden Staatsschulden. Ministerpräsident Giorgos Papandreou hat
mit seiner Ankündigung eines Referendums über seinen Sparkurs nicht
nur die Märkte in helle Aufregung versetzt. Bundeskanzlerin Angela
Merkel und Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy warfen auch
ihre Termine für ein erneutes Krisentreffen um und sahen sich zu
einer Durchhalteparole genötigt. Das fein ausbalancierte
Rettungspaket für den Euro samt Einbindung des privaten Sektors in
die Hellas-Umschuldung und flankierendem Schutz für labile
Euro-Staaten durch den Rettungsfonds EFSF steht auf dem Spiel,
sollten die Griechen 'Nein' sagen.
Genau genommen war die Ruhe trügerisch. Denn durch den Brüsseler
Beschluss vor knapp einer Woche hat sich erst einmal an der Lage in
Griechenland nichts geändert - vielleicht abgesehen davon, dass sich
kaum jemand vorstellen konnte, Athen würde einen Schuldenerlass
ausschlagen, zu dem seine Gläubiger mit der Pistole auf der Brust
gezwungen werden mussten. Die politischen Turbulenzen in Athen legen
nun offen, wie fragil die Lage dort ohnehin war. Papandreous Weg ist
risikoreich: Gelingt das Referendum, stärkt es seine Regierung.
Scheitert es, wäre sein Sparkurs früher oder später auch im Parlament
erledigt. Denn schon bisher war die oppositionelle konservative
Partei in Athen ein großer Unsicherheitsfaktor.
Anders als in Irland und Portugal steht die Abstimmung der Bürger
über die Schicksalsfrage in Griechenland noch aus: Sieht das Land
seine Zukunft als Mitglied der Europäischen Währungsunion? In Dublin
und Lissabon stürzten die Regierungen. Die Bürger konnten in den
Neuwahlen ein klares politisches Mandat für den schweren Weg
erteilen, den sie zur Gesundung ihrer Wirtschaft und Staatsfinanzen
gehen müssen. Die jeweiligen Oppositionen und vormaligen Regierungen
sind eingebunden.
Es ist nur demokratisch, wenn auch die Bürger Griechenlands diese
Schicksalsfrage entscheiden dürfen. Denn es geht nicht um die Wahl:
weiter so wie bisher oder harter Einschnitt. Es geht darum, ob die
Hellenen bereit sind, ihren Teil für den Verbleib in der Eurozone zu
tun - oder lieber den ebenfalls hohen Preis eines Austritts zahlen.
Papandreou will erst 2012 abstimmen lassen. Das ist zu spät. Je
früher diese Debatte geführt und je schneller sie zur Entscheidung
kommt, desto besser. Eine Hängepartie schadet allen, am meisten der
Gemeinschaftswährung.
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