BANGKOK (dpa-AFX) - Am Demokratie-Denkmal im Bangkoks Altstadt brummt das Geschäft. Hier, am Lager der Regierungsgegner, geht alles, was wie die thailändische Flagge blau-weiß-rot ist, weg wie warme Semmeln: Haarreifen, Ohrringe, T-Shirts, und vor allem Trillerpfeifen. Sie sind das Markenzeichen der Demonstranten, die die Regierung stürzen wollen. 'Schnäppchen!' ruft die Frau hinter dem Stand. 'Nur 20 Baht' - 44 Cent - die Pfeife. Hunderte Händler machen hier Kasse.
Ein paar Kilometer weiter ist die Stimmung dagegen düster. Im Geschäftsviertel ringen die Chefs der Wirtschaftsverbände die Hände. Sie fürchten massive Folgen der anhaltenden Proteste. 'Wir müssen besorgt sein', sagt Karl-Heinz Heckhausen, Präsident der Thailändisch-Deutschen Handelskammer. 'Ich verhandele gerade mit einem großen Investor, der hier eine Fabrik bauen will. Der ist jetzt erstmal sehr zurückhaltend.' Nicht nur das: 'Thailands Ruf ist in Gefahr. Darunter werden auch die Aufträge leiden.'
'Das politische Chaos dämpft die Zuversicht und könnte immense Verluste für die Wirtschaft bringen: durch sinkende Ausgaben, sinkende Investitionen und sinkenden Verbrauch, und eingeschränkte Reisetätigkeit von Thailändern und Ausländern', schreibt die UTCC-Universität. Zwei Wochen Chaos in Bangkok, das könnte 40 Milliarden Baht (890 Millionen Euro) kosten.
Diesen Montag wollen die Demonstranten in der Hauptstadt Bangkok den Verkehr blockieren und Ministerien Strom- und Wasserzufuhr abdrehen - 'bis wir Yingluck und den Shinawatra-Clan los sind', wie Protestanführer Suthep Thaugsuban beschwört. Yingluck Shinawatra ist die Regierungschefin. Die Demonstranten werfen ihrer Familie Korruption vor. Suthep will die Wahlen am 2. Februar verhindern, die Yingluck mit den Stimmen der armen Landbevölkerung wahrscheinlich wieder gewinnen würde. Er will eine ungewählte Übergangsregierung.
Nun können die Menschen in Bangkok ein Lied von langen Straßenprotesten singen. Das gab es 2006, 2008 und 2010. Eklatante Folgen hatte das für die Wirtschaft aber nie. 'Die Geschäftsleute hier reagieren zwar mit Unverständnis, aber bislang haben solche Proteste immer wenig Einfluss auf die geschäftlichen Rahmenbedingungen gehabt', sagt Hans Porschen, der seit Jahren ein Import-Export-Geschäft in Bangkok hat. 'Bei mir hat noch nie jemand einen Auftrag storniert.'
Anders als die Überschwemmungen 2011, die zahlreiche ausländische Fabriken unter Wasser setzten und die Produktion wochenlang stoppten, dürfte die Besetzung Bangkoks die Exporte nicht beeinträchtigen, meint Chao Kaengchon, Ökonom im Analyseinstitut der Kasikorn-Bank: 'Das meiste wird über den Hafen Laem Chabang verschifft'. Der liegt 130 Kilomeer südöstlich von Bangkok.
Doch treffen die neuen Unruhen Thailand in einer schwierigen Zeit. Die Wirtschaft lahmt seit längerem, das Wachstum 2013 war mit 2,7 Prozent mager, nach 6,5 Prozent im Jahr davor. 'Mit dem politischen Konflikt und ohne Licht am Ende des Tunnels rechnen wir mit höchstens 3,7 Prozent Wachstum 2014', schreiben die Kasikorn-Experten.
Öffentliche Projekte im Umfang von fast 50 Milliarden Euro, die Schwung in die Wirtschaft bringen sollten, liegen bis zur Wahl auf Eis. Die Währung, der Baht, hat in zwölf Monaten gegenüber dem Euro um mehr als fünf Prozent nachgegeben. Das macht Importe teurer.
Ein Geschäftsmann im Demonstrantenlager räumt ein, dass die Proteste schlecht für die Wirtschaft seien. Doch die Schmerzgrenze der Toleranz mit den Shinawatra-Regierungen sei überschritten. 'Wir müssen kurzfristig Opfer hinnehmen, um das Land langfristig auf Vordermann zu bringen', sagt er. Das gehe nur ohne die Shinawatras./oe/DP/zb