Berlin (Reuters) - Der Bundesverfassungsschutz stuft die AfD als Prüffall ein und sieht die Partei damit an der Vorstufe zum Extremismus.
Zwar gebe es bei einzelnen AfD-Funktionären Anhaltspunkte für extremistische Bestrebungen, erklärte der neue Verfassungsschutz-Chef Thomas Haldenwang am Dienstag in Berlin. In den Schriften der Partei sei dies aber nicht nachzuweisen. Zudem umfasse die AfD viele Strömungen, und Parteien genössen den besonderen Schutz des Grundgesetzes. Die AfD-Fraktionsvorsitzenden Alexander Gauland und Alice Weidel kündigten juristische Schritte gegen die Entscheidung an. Andere Parteien und Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) begrüßten das Vorgehen des Inlandsgeheimdienstes.
Der Verfassungsschutz (VS), dessen Aufgabe der Schutz der freiheitlich-demokratischen Grundordnung in Deutschland ist, kündigte ein differenziertes Vorgehen gegen die AfD an. Während die Partei als Ganze zum Prüffall erklärt wurde, werden künftig die Nachwuchsorganisation "Junge Alternative" (JA) und die Sammlungsbewegung "Der Flügel" um den Thüringer AfD-Chef Björn Höcke als Verdachtsfälle geführt. Bei Prüffällen darf nur öffentlich zugängliches Material ausgewertet werden. Bei Verdachtsfällen können nachrichtendienstliche Mittel wie Observationen eingesetzt werden.
AFD KÜNDIGT JURISTISCHE SCHRITTE AN
"Wir halten beide diese Entscheidung für falsch", sagte Gauland bei einer gemeinsamen Stellungnahme mit Weidel. Man werde juristisch dagegen vorgehen. Er sei zusammen mit Weidel der Meinung, dass "ein gewisser politischer Druck" zur Entscheidung der Behörde geführt habe. Weidel sagte, mit dem ehemaligen Chef des Verfassungsschutzes, Hans-Georg Maaßen, wäre eine derartige Entscheidung der Behörde nicht möglich gewesen. "Darum musste er gehen."
In den einzelnen Bundesländern werden Teile der AfD bereits durch die Landesämter für Verfassungsschutz beobachtet. Dies gilt etwa für den Nachwuchsverband Junge Alternative (JA) in Baden-Württemberg und Bremen. In Niedersachsen hatte die JA ihren Landesverband aufgelöst, nachdem dieser im September zum Beobachtungsobjekt der Verfassungsschutzes geworden war. Dem Rechtsausleger Höcke haben auch parteiinterne Gegner vorgeworfen, sich nicht eindeutig von der rechtsextremen NPD distanziert zu haben. Ein Parteiausschlussverfahren gegen Höcke scheiterte allerdings nicht zuletzt daran, dass auch die AfD-Spitze keinen Grund für einen Rauswurf Höckes sieht.
In die Kritik war die AfD auch wegen der fremdenfeindlichen Ausschreitungen in Chemnitz gekommen. Gauland hatte nach einer tödlichen Messerattacke, für die Asylbewerber verantwortlich sein sollen, Verständnis dafür geäußert, dass Bürger ausrasteten. Maaßen hatte damals Kanzlerin Angela Merkel widersprochen, die "Hetzjagden" in Chemnitz angeprangert hatte.
Vertreter der Bundestagsparteien begrüßten die VS-Maßnahme. So betonte SPD-Chefin Andrea Nahles den Wert einer wehrhaften Demokratie. "Das schließt eben auch ein, dass wir Feinde der Demokratie entsprechend auch beobachten." Innenminister Seehofer sagte, die Einstufung als Prüffall sei nicht von Politikern, sondern von den Verfassungsschutzämtern vorgenommen worden.