Berlin (Reuters) - Der Bundestag hat das Pflegepaket der großen Koalition beschlossen, mit dem die Arbeitsbedingungen in der Alten- und Krankenpflege verbessert werden sollen.
Im Rahmen eines Sofortprogramms werden 13.000 zusätzliche Stellen in Altenheimen geschaffen - 5000 mehr als im Koalitionsvertrag vorgesehen. Finanziert werden sollen diese wie auch die meisten anderen Maßnahmen von der gesetzlichen Krankenversicherung. Für das Gesetz stimmten Union und SPD. Die Opposition sprach zwar von Schritten in die richtige Richtung, stimmte aber nicht zu: AfD, Linke und Grüne enthielten sich, die FDP votierte dagegen.
Bei der Pflege im Krankenhaus soll künftig jede zusätzliche und jede aufgestockte Pflegestelle vollständig von den Krankenkassen refinanziert werden. Schon für das laufende Jahr werden die Tarifsteigerungen für die Pflegekräfte vollständig übernommen. Als weiteres Kernstück des Gesetzes gilt, dass die für die Pflege anfallenden Personalkosten im Krankenhaus ab dem Jahr 2020 aus den bisherigen Fallpauschalen für bestimmte Behandlungen herausgerechnet werden. Mit einem speziellen Pflegebudget sollen die Kliniken so künftig nicht mehr aus wirtschaftlichen Gründen an Pflegekräften sparen.
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn sagte, die Koalition halte Wort und löse ihr Versprechen an alle Pflegekräfte in Deutschland ein, ihren Berufsalltag konkret zu verbessern. Bei den Maßnahmen für die Krankenhäuser etwa handele es sich um einen "grundlegenden Paradigmenwechsel".
Der CDU-Politiker räumte ein, dass es sich bei dem Sofortprogramm für mehr Personal in der Altenpflege lediglich um einen "ersten Schritt" handeln könne. Mit einem solchen beginne aber jede Reise. Natürlich sei der Arbeitsmarkt in diesem Sektor leergefegt. Dennoch müsse man hier erstmal ein Signal setzen. Die Koalition wolle in einem weiteren Schritt auch eine bessere Bezahlung in der Altenpflege erreichen, wozu Gespräche mit Gewerkschaften und Arbeitgebern liefen. Ziel des Gesetzes sei es insgesamt, die Vertrauenskrise in der Pflege zu überwinden.
Beim Pflegepaket handelt es sich für die Koalition um eine zentrale Reform. Regelmäßig stufen die Bürger in Umfragen die Pflege als eines der wichtigsten Politikfelder ein - noch vor der Asyl- und Flüchtlingspolitik.
SPD-Fraktionsvize Karl Lauterbach sagte, der 9. November 2018 sei ein guter und wichtiger Tag für die Pflege. Es handele sich um die beste Reform in diesem Sektor in den vergangenen 15 Jahren. Erstmals werde mit der Pflege ein Bereich aus den Klink-Fallpauschalen herausgenommen und damit von der zunehmenden Ökonomisierung der Medizin entkoppelt. Der Gesundheitsexperte schloss nicht aus, dass weitere Bereiche des Gesundheitswesens ebenfalls "entökonomisiert" würden.
Die Linken-Abgeordnete Pia Zimmermann sagte, durch das Gesetz werde die Altenpflege immer weiter abgehängt. Die Beschäftigten hier dürften nicht weniger verdienen als ihre Kollegen im Krankenhaus. Auch Kordula Schulz-Asche von den Grünen warnte vor einer Sogwirkung aus Fachbereichen wie der Altenpflege in die Kliniken. Hier müsse man nachsteuern. Die FDP-Abgeordnete Nicole Westig forderte ein Konzept zur Gewinnung von mehr Pflegekräften ein. Spahn müsse dies mit der gleichen Entschlossenheit verfolgen, wie er sich um den CDU-Vorsitz bewerbe. Der AfD-Abgeordnete Robby Schlund beklagte eine ungleiche Kostenübernahme von Pflegeaufwendungen im häuslichen und im vollstationären Bereich.