Berlin/Brüssel (Reuters) - Kanzlerin Angela Merkel hat vor Schwierigkeiten in der EU gewarnt, wenn es bis zur Wahl des EU-Parlamentspräsidenten keine Einigung über das künftige Spitzenpersonal der EU gibt.
"Ohne Einigung bis zum 2. Juli wird es danach echt kompliziert", sagte Merkel nach Angaben von Teilnehmern am Dienstag in der Sitzung der CDU/CSU-Bundestagsfraktion in Berlin. Sie hoffe, dass sich die Fraktionen des Europäischen Parlaments bis zum EU-Sondergipfel am 30. Juni auf einen Kandidaten für den Kommissionspräsidenten einigen könnten.
Merkel bekräftigte ebenso wie CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt, dass sie an der Forderung festhalte, dass der EVP-Spitzenkandidat Manfred Weber Kommissionspräsident werden soll. Beide verwiesen darauf, dass die EVP bei der Europawahl mit Abstand stärkste Fraktion im neuen europäischen Parlament geworden sei.
Die Fraktionschefs im Brüsseler Parlament wollen die Wahl des Kommissionspräsidenten nicht in der konstituierenden Sitzung am 2. Juli, sondern erst einen Tag später stattfinden lassen, hieß es in Brüssel. Grund sei der Wunsch nach mehr Beratungsbedarf nach dem EU-Sondergipfel. Die Wahl des Parlamentspräsidenten gilt als Vorentscheidung für das zu schnürende Personalpaket auf EU-Ebene. Dazu gehören die Posten des Kommissions-, Rats- und EZB-Präsidenten sowie ein EU-Außenbeauftragter. Der EU-Rat schlägt einen Kandidaten für den EU-Kommissionspräsidenten-Posten vor, das Parlament muss ihn aber wählen. Sollte keine Einigung gelingen, wird deshalb eine institutionelle Krise in der EU befürchtet.
Weder die EP-Fraktionen noch die 28 EU-Staats- und Regierungschefs konnten sich aber bisher auf einen Kommissionspräsidenten verständigen. Merkel betonte, dass man das etwa von Frankreichs Präsident Emmanuel Macon abgelehnte Spitzenkandidatenprinzip nicht aufgeben dürfe. "Sonst wäre es schwierig, es in fünf Jahren wieder einzuführen", warnte Merkel. "Fixpunkt sollte bei der Entscheidung das Prinzip des Spitzenkandidaten sein", sagte auch Dobrindt. Danach darf nur Kommissionspräsident werden, wer zuvor als Spitzenkandidat für seine Parteienfamilie angetreten war. Dies wäre neben Weber der Sozialdemokrat Frans Timmermans oder die Liberale Margrethe Vestager.
Auch bei den europäischen Sozialdemokraten gibt es immer mehr Stimmen, die darauf pochen, dass das Parlament nur einen der Spitzenkandidaten wählen soll. Die österreichische SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner hatte sich am Montag im Interview mit dem "Standard" gegen die Macron-Position gestellt. Nachdem sich der EU-Gipfel vergangene Woche nicht auf einen Kandidaten hatte einigen können, hatte Macron dagegen angedeutet, dass die drei Spitzenkandidaten aus dem Rennen seien.