Reichensteuer? Nicht mit uns! – Warum CDU, FDP & AFD nur die oberen 10% entlasten

Veröffentlicht am 14.03.2025, 12:01
© Reuters

Investing.com – Deutschland ist das Land in Europa mit der größten Vermögensungleichheit – ein Fakt, der in der politischen Debatte fast untergeht. Lieber lenkt man von diesem brisanten Thema mit Migration und hohen Strompreisen ab.

Während CDU, FDP und AFD riesige Entlastungen für das oberste Prozent zelebrieren, verblassen die Interessen der restlichen 90% im Schatten der Macht. Nur eine Partei stellt sich gegen den Strom und fordert die dringend notwendige Umverteilung. Doch das ist nicht das einzige Problem: Finanzkriminalität, intransparenter Einfluss der Superreichen und eine verpatzte Energiewende heizen die Krise weiter an. Die Bloomberg-Korrespondenten Chris Reiter und Will Wilkes, die seit Jahren aus Deutschland berichten, liefern im Interview mit dem Wirtschaftsmagazin Surplus eine schonungslose Analyse – und überraschende Lösungsansätze.

Stagnation und Strukturprobleme: Das Erbe der Merkel-Jahre

Die deutsche Wirtschaft verharrt auf dem Niveau von 2019, ein Zustand, den Wilkes auf zyklische und strukturelle Ursachen zurückführt: „In der Automobilindustrie und im Maschinenbau sind deutsche Produkte nicht mehr wettbewerbsfähig gegenüber China.“ Doch die Wurzeln reichen tiefer. Die Merkel-Ära, oft als goldenes Zeitalter gefeiert, habe ein Fünftel der Bevölkerung abgehängt, so Wilkes: „Mieten explodierten, Investitionen in Digitalisierung fehlten – die Basis für heutige Probleme.“ Reiter ergänzt: „Deutschland setzte auf Altindustrien wie Autos, statt Innovationen. Die Energiekrise traf diese Schwächen voll.“

Steuergeschenke für Reiche, Armut für den Rest

Deutschlands Steuersystem ist laut Reiter ein „Treiber der Ungleichheit“: „Erbschaftssteuer ist das größte Steuergeschenk. Kapitalerträge und Immobilienbesitz werden kaum besteuert“ – Vermögende lachen sich ins Fäustchen. Wilkes verweist auf regionale Ungleichheit: „In Bremen herrscht andere Bildungsqualität als in Bayern. Private Kliniken bieten unnütze 3D-Fötus-Scans, während Bürger dringend notwendigen Therapien monatelang hinterherlaufen.“

Die soziale Mobilität – ein Desaster. Wer in einer armen Familie geboren wird, hat nahezu keine Chance auf sozialen Aufstieg. „Sechs Generationen braucht es hierzulande vom Armen zum Aufsteiger – selbst in Großbritannien und den USA sind es nur fünf“, so Reiter unter Verweis auf OECD-Daten.

Finanzkriminalität: „Die Großen lässt man laufen“

Das Vertrauen in den Staat bröckelt – auch wegen skandalöser Strafverfolgung. Reiter zitiert die ehemalige Cum-Ex-Ermittlerin Anna Brorhilker, die nach 11 Jahren ihren Job mit der folgenden Bemerkung an den Nagel hängte: „Die Kleinen hängt man, die Großen lässt man laufen.“ Ein Vorwurf, der Korruption nahelegt.

Reiter warnt vor dem zunehmend intransparenten Einfluss der Superreichen: „Familien wie die Quandts setzen Interessen durch – unsichtbar, aber mächtig.“ In den USA ist das anders, dort zelebriert Elon Musk seine Macht per Twitter und im Weißen Haus ganz ungeniert – in Deutschland regiert die stille Lobby. Und so ist es auch kein Wunder, dass nahezu alle Steuerprogramme der Parteien auf diese Minderheit zugeschnitten sind.

Lösungen: Wohnen als Antwort auf Ungleichheit

Reiter sieht im Wohnungsbau den Schlüssel: „Wer 40% des Gehalts für Mieten ausgibt, kann kein Vermögen bilden. Programme für Wohneigentum entspannen den Markt und schließen die Schere.“ Ein staatlicher Wohnungsbau zeige zudem: „Der Staat kann gegen Ungleichheit vorgehen – wenn er will.“

Energiewende von unten: Windkraft dem Volk!

Wilkes plädiert für eine Rückkehr zur basisdemokratischen Energiewende: „Kommunen waren einst finanziell beteiligt, bis Konzerne Profit daraus machten. Jetzt gehört die Energiewende den Technokraten, die sie sich teuer bezahlen lassen.“ Reiter ergänzt am Beispiel Brandenburgs: „Die Leute haben Windräder, aber keinen günstigen Strom oder Profit. Wenn sie beides hätten, stünde die Gesellschaft hinter dem Wandel.“

Stattdessen hat die AFD leichtes Spiel, indem sie den Niedergang der "Windmühlen der Schande" fordert und abstruse Studien über Infraschall und krebserregenden Feinstaub in den Sozialen Medien reißenden Absatz finden.

Hoffnungsträger Zivilgesellschaft: „Deutschland hat das Potenzial“

Trotz der düsteren Analyse sehen beide Lichtblicke. Reiter lobt die starke Zivilgesellschaft: „Viele wollen sich einbringen – diese Energie könnte Deutschland transformieren.“ Wilkes betont die industrielle Basis: „Es gibt Geld, Fachkräfte, Infrastruktur. Mit einem optimistischen Stimmungswechsel ist viel möglich.“

Fazit: Ein Aufruf zum Handeln – bevor es zu spät ist

Deutschland hat die Wahl: Weiterhin Diener der Reichen oder Vorreiter für Gerechtigkeit? Die Analyse von Reiter und Wilkes zeigt: Die Werkzeuge sind da – doch der politische Wille fehlt. Solange nur eine Partei die Ungleichheit ernst nimmt, bleibt die Frage: Wann erwachen die 90%, gegen die aktiv Politik gemacht wird?

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