Ärgerst du dich auch manchmal über den DAX? Völlig zu Recht! Während sich der US-amerikanische Bruder S&P 500 seit dem Tief 2009 um 315 % verteuerte, brachte es der Dax-Kursindex (der, bei dem die Dividenden nicht mit in den Kurs eingerechnet werden) gerade mal auf ein tröstliches Plus von 124 % (Stand: 12.06.2019).
Komplett unschuldig sind die DAX-Konzerne an dieser Minderleistung wohl nicht. Nach einer Studie der Beratungsagentur Ernst & Young (EY) entwickelten sich die Umsätze 2018 in keinem der 15 Länder, die Konzerne in den Top 1000 nach Börsenwert beheimaten, schlechter als hierzulande. Ups!
Trotz allem wage ich zu behaupten, dass sich im DAX noch die eine oder andere Perle finden lässt. Konkret denke ich da an Volkswagen (DE:VOWG) (WKN: 766400), Lufthansa (DE:LHAG) (WKN: 823212) und Wirecard (DE:WDIG) (WKN: 747206). Bei diesen Aktien erwarte ich nichts weniger als eine mittelfristige Kursverdopplung!
Doppelt hält besser Aber warum muss es ausgerechnet eine Kursverdopplung sein? Ein Plus von 50 % wäre doch auch nicht schlecht. Wenn wir schon mal dabei sind, könnte sich der Kurs auch gerne verdreifachen. Warum nicht? Wir investieren hier ja nicht aus Spaß an der Freude! Jedenfalls nicht nur, nehme ich mal an.
Das Stichwort lautet: Sicherheitsmarge (im Original von Altmeister Benjamin Graham als „Margin of safety“ bezeichnet). Die Erwartung, dass sich der Kurs einer Aktie in einem überschaubaren Zeitabstand verdoppeln sollte, ist die Sicherheitsmarge, die ich beim Aktienkauf verwende. Alles darunter kommt mir nicht ins Depot!
Die Berechnung der Sicherheitsmarge ist nicht schwer. Alles, was wir dafür brauchen, ist das zukünftige KGV (Kurs-Gewinn-Verhältnis) der Aktie und das zukünftige Ergebnis pro Aktie. Das Produkt dieser beiden Werte ergibt dann den zukünftigen Kurs der Aktie. Unter „zukünftig“ verstehe ich einen Zeitraum von fünf Jahren. Mehr hellseherische Fähigkeiten traue ich mir nicht zu.
Aufmerksame Leser werden sich jetzt fragen, wie ich die Zukunft vorhersehen kann. Das kann ich natürlich nicht! Aber wie Spock aus Star Trek kann ich manchmal auch gut damit leben, nach bestem Wissen und Gewissen zu schätzen. Dann mal los!
1. Volkswagen VW könnte man angesichts eines KGV (2018) von etwa 6 für unschlagbar günstig halten. Aber offenbar hält sich das KGV vor allem deshalb so hartnäckig am Boden, da man dem Automobilkonzern kein allzu üppiges Wachstum zutrauen möchte.
Trotzdem könnte dieser lächerlich niedrige Wert maßlos übertrieben sein. Denn das niedrigste sektorweite KGV der letzten fünf Jahre liegt bei etwa 13.
Bei einem jährlichen Gewinnwachstum von superdurchschnittlichen 5 % müsste in fünf Jahren ein Ergebnis von etwa 30 Euro pro Aktie in den Büchern stehen. Sofern sich das KGV der Aktie dem superdurchschnittlichen sektorweiten Minimalwert von 13 annähert, entspricht das einem zukünftigen Kurs von etwa 390 Euro pro Aktie. Beim aktuellen Kurs von 145 Euro pro Aktie reicht mir das locker als Sicherheitsmarge (Stand: 12.06.2019).
2. Lufthansa Auch die Lufthansa-Aktie ist Mitglied im „Klub der aberwitzig niedrigen KGVs“. 2018 pendelte sich das KGV auf einen Wert von etwa 5 ein. Verrückt!
Auch hier ist der Abstand zum niedrigsten sektorweiten KGV der letzten fünf Jahre enorm. Mit einem Wert von 15 befindet sich das in nicht allzu weiter Entfernung zum aktuellen DAX-KGV von etwa 13 (Stand: 12.06.2019).
Angenommen, die Kranich-Airline kann das Ergebnis 2018 von etwa 4 Euro pro Aktie innerhalb der nächsten fünf Jahre auf 5 Euro pro Aktie steigern, dann müsste die Aktie im Jahr 2024 lediglich ein KGV von 9 haben, um meinen Anforderungen an eine Sicherheitsmarge gerecht zu werden (Stand: 12.06.2019). Ob das realistisch ist? Ich denke, das sollte machbar sein!
3. Wirecard Bei der Wirecard-Aktie sieht die Sache etwas anders aus als bei den beiden vorherigen Kandidaten. Hier handelt es sich aus meiner Sicht um eine klassische Wachstumsaktie mit viel Potenzial gen Norden.
Das KGV 2018 von über 40 mag etwas übertrieben sein. Aber das sektorweite KGV der letzten zwölf Monate von etwa 25 traue ich der Wirecard-Aktie in fünf Jahren durchaus zu.
Setzt sich das durchschnittliche Gewinnwachstum der letzten fünf Jahre von etwa 30 % pro Jahr so fort wie gehabt, könne das Ergebnis pro Aktie in fünf Jahren auf 11 Euro pro Aktie steigen. Daraus ergibt sich ein zukünftiger Kurs von etwa 275 Euro pro Aktie.
Das ist leider knapp daneben! Denn damit wäre aktuell nur 85 % der von mir favorisierten Sicherheitsmarge erreicht (Stand: 12.06.2019). In diesem speziellen Fall will ich allerdings ein Auge zudrücken. Die Wirecard-Aktie ist ja noch nicht mal ein volles Jahr im DAX.
Die Luft wird dünner Ehrlich gesagt hatte ich erwartet, dass derzeit mindestens 50 % aller DAX-Unternehmen meine Standards an eine Sicherheitsmarge erfüllen können. Schließlich hätte der DAX im Hinblick auf andere Aktienindizes doch noch einiges aufzuholen.
Aber nichts da! Bis auf die oben genannten Unternehmen taugt im Moment nichts von dem, was sich im DAX tummelt. Das soll allerdings nicht als Alarm verstanden werden. Schließlich ist meine persönliche Sicherheitsmarge doch recht risikoscheu. Zum echten Draufgänger bringe ich es damit nicht.
Vielleicht verzerrt auch der Juni meine Spinnensinne. In diesem Monat verhält sich der DAX für gewöhnlich recht lethargisch. Knapp unter 0 % beträgt die durchschnittliche Rendite des DAX im Monat Juni. Wer will da schon gerne ins statistisch fallende Messer greifen?
Stefan Naerger besitzt keine der erwähnten Aktien. The Motley Fool besitzt keine der erwähnten Aktien.
Motley Fool Deutschland 2019