Berlin/Düsseldorf (Reuters) - Einen Tag vor der nächsten Sitzung der Kohlekommission ist in dem Gremium ein offener Streit über Kontakte zur Bundesregierung und möglichen Vorfestlegungen ausgebrochen.
Mitglieder der Kommission fordern von Ex-Kanzleramtsminister Ronald Pofalla Auskunft über Gespräche mit Regierungsvertretern, bei denen der CDU-Politiker davon gesprochen haben soll, das letzte Kraftwerk könne zwischen 2035 und 2038 abgeschaltet werden. Pofalla solle erläutern, wie eine vertrauensvolle Konsensfindung noch möglich sei, heißt es in einem Brief von mehreren Kommissionsmitgliedern an Pofalla, der Reuters am Montag vorlag. Wirtschaftsverbände warnten unterdessen vor einem beschleunigten Ausstieg aus der Kohleenergie.
Nach Angaben aus Kommissionskreisen hat Pofalla in Gesprächen mit Regierungsmitgliedern ein Enddatum zwischen 2035 und 2038 in Aussicht gestellt. Dieses sei in der Kommission mit Vertretern von Umweltverbänden und Wirtschaftsvertretern vermittelbar.
In dem Brief erklären unter anderem BDI-Präsident Dieter Kempf sowie der Hauptgeschäftsführer des Verbandes der Elektrizitätswirtschaft (BDEW), Stefan Kapferer, dies decke sich nicht mit den bisher geführten Gesprächen im Gremium. Man habe die Arbeit dort unter der Voraussetzung aufgenommen, dass die "Kommission ein eigenständiges und unabhängiges Mandat hat".
Wirtschaftsminister Peter Altmaier wollte sich inhaltlich nicht zu Pofalla äußern. "Die Kommission soll ungestört arbeiten können", sagte er am Montag in Berlin. Daher wolle er auch seine Position nicht darlegen. Ihrem Mandat zufolge solle die Kommission zunächst über den Strukturwandel in den Braunkohlerevieren beraten und entscheiden. Dazu solle Mitte Oktober ein Zwischenbericht angefertigt werden. Erst danach werde es um den Zeitrahmen für den schrittweisen Kohleausstieg gehen. Dazu werde es dann rechtzeitig vor der Klimakonferenz in Kattowitz Festlegungen geben. "Ich finde es wichtig, diese Zeitplanung einzuhalten", sagte Altmaier.
DIHK WARNT VOR FOLGEN FÜR STROMPREIS
DIHK-Präsident Eric Schweitzer warnte vor weitreichenden Folgen für die Strompreise durch den Kohleausstieg. "Es geht zum einen um die Perspektiven von Arbeitnehmern und vielen anderen Menschen in den Braunkohlerevieren, die wir vor einem Kohleausstieg entwickeln müssen", erklärte der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK). Es gehe aber auch um die wirtschaftliche Zukunft vieler Zulieferer und energieintensiver Unternehmen. "Wichtig sind dafür wettbewerbsfähige Energiepreise, über die wir in der Kommission noch gar nicht im Detail gesprochen haben", sagte Schweitzer.
Am Dienstag tagt die Kohlekommission erneut. Die 28 Mitglieder des Gremiums aus Politikern, Umwelt- und Wirtschaftsexperten soll bis Ende 2018 einen verbindlichen Fahrplan für ein Ende der Kohlekraftwerke und des Tagebaus festlegen und zugleich Hilfe für den Strukturwandel in betroffenen Regionen wie dem Rheinischen Revier und der Lausitz auf den Weg bringen. Im rheinischen Braunkohlerevier ging am Montag die Räumung des Hambacher Forstes weiter, wo immer noch Gegner des Braunkohleabbaus in Baumhäusern Widerstand leisteten. RWE (DE:RWEG) will im Oktober mit der Rodung des Waldes beginnen, um dort danach Braunkohle abbauen zu können.