von Robert Zach
Investing.com - Wie viel Spielraum hat die Rallye am US-Aktienmarkt noch? Nicht mehr viel, glauben die Experten der britischen Großbank HSBC (LON:HSBA). Sie halten den jüngsten Anstieg für nicht nachhaltig und bezeichnen ihn als "Wunschdenken".
"Damit sich diese Kursrallye fortsetzt, müssten wir eine weitere Anpassung der Zinserhöhungserwartungen und einen weiteren drastischen Rückgang der Realrenditen sehen", hieß es in einer Kundennotiz.
Die zuletzt gesunkenen Zinserhöhungserwartungen gepaart mit rückläufigen Inflationsraten haben eine dynamische Erholungsrallye an den US-Börsen (ETR:SXR4) ausgelöst. Gleichwohl mahnen einige Analysten zur Vorsicht, denn der Rückgang der Inflation basiere vor allem auf einem Abfall der turmhohen Energiepreise. Die Preise für Lebensmittel und Wohnen sind dagegen auch im Juli weiter gestiegen. Das könnte ein Beleg dafür sein, dass die Inflation länger hoch bleibt als erwartet und damit auch die Fed unter Druck setzt, die Zinsen weiterhin kräftig zu erhöhen.
Solche Töne waren auch zuletzt von offizieller Seite zu hören. Fed-Mitglied Charles Evans sagte etwa, die Teuerung sei weiterhin viel zu hoch. Ähnlich hatte sich Daly geäußert. Die US-Notenbank hat bereits mehrmals deutlich gemacht, dass ihr oberstes Ziel derzeit die Rückkehr der Inflation auf das 2 Prozent-Ziel ist, ganz gleich, wie sehr die Aktienmärkte auch unter Druck kommen mögen.
Zuletzt waren die Zinserwartungen wieder auf dem Rückzug, insbesondere nach einem unerwartet deutlichen Rücksetzer der Verbraucher- und Erzeugerpreise dank gefallener Energiepreise. Am Markt wird nun mehrheitlich mit einer Zinserhöhung um 50 Basispunkte auf der September-Sitzung gerechnet, statt wie zuvor um 75 Basispunkte.
"Es waren die rückläufigen Zinserhöhungserwartungen der Zentralbank, die so gut wie alle Boote anhoben", schrieb die HSBC. "Aus fundamentaler Sicht müssten wir schnell eine Stabilisierung der Wachstumsindikatoren sehen. Und dann müssten natürlich die Straffung und die Wachstumsverlangsamung, die wir bisher gesehen haben, ausreichen, um die Inflation dramatisch zurückgehen zu lassen."
Neben Hochzinsanleihen und Staatsanleihen stufte die HSBC auch Aktien auf "maximal untergewichten" herab.
Positiver gegenüber US-Aktien sind hingegen die Experten von DataTrek gestimmt. Dank eines zuletzt wieder etwas schwächeren US-Dollars, dem als globale Reservewährung eine besondere Bedeutung für die Risikostimmung am Markt zukommt, konnten sich die US-Aktienmärkte in Form des S&P 500, des Nasdaq 100 und des Dow Jones kräftig erholen. Dies ist auch einer der Gründe, warum sie Aktien in letzter Zeit wieder etwas positiver sehen. Je schwächer der Dollar werde, desto positiver wollen sie in ihrer Einschätzung gegenüber dem US-Aktienmarkt werden, hieß es in einer Kundennotiz.
Andererseits verwiesen sie auch auf die Entwicklung der Rendite zehnjähriger US-Staatsanleihen, die jüngst zwar ebenfalls deutlich gesunken war, sich nun aber wieder der 3-Prozent-Marke nähert. Über die letzten drei Jahrzehnte kam es wiederholt zu Verwerfungen an den Börsen, als sich die Renditen der 3-Prozent-Marke näherten. So deutet der begleitende Chart von DataTrek darauf hin, dass die Wall Street vor allem dann unter Druck geriet, wenn die Zehnjahresrendite über diese Schwelle stieg. Blieb sie hingegen darunter, bzw. scheiterte ein Ausbruch darüber, so war dies gleichfalls auch ein positives Zeichen für den Aktienmarkt.
"Unsere 3-Prozent-Treasury-'Regel' mag übermäßig einfach klingen, aber die Vergangenheit zeigt, dass es funktioniert. Darauf sollten Sie in nächster Zeit also achten. Wir behalten die Entwicklung der Renditen jedenfalls im Blick", mahnten die Experten von DataTrek.