EANS-WPUEG: Sol Futura Verwaltungsgesellschaft mbH/
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Verbreitung. Für den Inhalt ist der Emittent verantwortlich.
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Befreiung/Zielgesellschaft: centrotherm photovoltaics AG; Bieter: Sol Futura
Verwaltungsgesellschaft mbH; Herr Rechtsanwalt Tobias Wahl ;
Sol Futura Verwaltungsgesellschaft mbH/
Bieter:
Sol Futura Verwaltungsgesellschaft mbH; Herr Rechtsanwalt Tobias Wahl
Syrlinstraße 38, 89073 Ulm
eingetragen im Handelsregister des Amtsgerichts Ulm unter der Nummer HRB
728638
Zielgesellschaft:
centrotherm photovoltaics AG
Johannes-Schmid-Straße 8, 89143 Blaubeuren
eingetragen im Handelsregister des Amtsgerichts Ulm unter der Nummer HRB 720013
ISIN: DE 000A0JMMN2
Börsenplätze der Zielgesellschaft: Börse Düsseldorf, Hamburger Wertpapierbörse,
Bayerischer Börse, Berliner Wertpapierbörse, Frankfurter Wertpapierbörse,
Baden-Württembergische Wertpapierbörse,
Veröffentlichung des Tenors einschließlich der Nebenbestimmungen und der
wesentlichen Gründe des Bescheids der Bundesanstalt für
Finanzdienstleistungsaufsicht vom 22. Februar 2013 über die Befreiung gemäß §
37
Abs. 1 und Abs. 2 WpÜG i.V.m. § 9 Satz 1 Nr. 3 WpÜG-Angebotsverordnung
(WpÜG-AV)
von den Pflichten nach § 35 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 WpÜG in Bezug auf
die centrotherm photovoltaics AG, Blaubeuren (ISIN DE 000A0JMMN2)
Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht hat mit Bescheid vom 22.
Februar 2013 die Sol Futura Verwaltungsgesellschaft mbH, Ulm, sowie Herrn
Rechtsanwalt Tobias Wahl für den Fall, dass sie infolge der Durchführung der
kombinierten Kapitalherabsetzung und Sachkapitalerhöhung nach Maßgabe des am
29.
Januar 2013 angenommenen Insolvenzplans in Bezug auf die centrotherm
photovoltaics AG, Ulm, gemäß § 35, § 29 Abs. 2, § 30 Abs. 1 WpÜG die Kontrolle
über die centrotherm photovoltaics AG, erlangen, von den Pflichten, nach § 35
Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 WpÜG befreit.
Der Tenor des Bescheids einschließlich der Nebenbestimmungen lautet wie folgt:
1. Die Sol Futura Verwaltungsgesellschaft mbH und Herr Tobias Wahl
werden gemäß § 37 Abs. 1 und 2 WpÜG i.V.m. § 9 Satz 1 Nr. 3 WpÜG-
Angebotsverordnung (WpÜG-AV) für den Fall, dass sie infolge der Durchführung
der
kombinierten Kapitalherabsetzung und Sachkapitalerhöhung nach Maßgabe des am
29.
Januar 2013 angenommenen Insolvenzplans in Bezug auf die centrotherm
photovoltaics AG, Ulm, gemäß § 35, § 29 Abs. 2, § 30 Abs. 1 WpÜG die Kontrolle
über die centrotherm photovoltaics AG, erlangen, von den Pflichten, nach § 35
Abs. 1 Satz 1 WpÜG die Kontrollerlangung über die centrotherm photovoltaics AG
zu veröffentlichen, nach § 35 Abs. 2 Satz 1 WpÜG der Bundesanstalt für
Finanzdienstleistungsaufsicht eine Angebotsunterlage zu übermitteln und nach §
35 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 14 Abs. 2 Satz 1 WpÜG ein Pflichtangebot zu
veröffentlichen, befreit.
2. Dieser Befreiungsbescheid steht unter der auflösenden Bedingung,
dass die Befreiungswirkung entfällt, wenn der Insolvenzplan gemäß Ziffer 1.
dieses Bescheides nicht bis zum 30. September 2013 nach § 253, § 254 Abs. 1
Insolvenzordnung (InsO) rechtskräftig geworden ist.
3. Den Widerruf dieses Befreiungsbescheides nach § 36 Abs. 2 Nr. 3
Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) behalte ich mir für den Fall vor, dass die
Sanierung der centrotherm photovoltaics AG nicht nach Maßgabe der
gesellschaftsrechtlichen Beschlüsse im gestaltenden Teil des Insolvenzplans
(C.IV.) gemäß Ziffer 1. dieses Bescheides durchgeführt wird, insbesondere
(a) die Sol Futura Verwaltungsgesellschaft mbH im Rahmen der
Sachkapitalerhöhung gemäß Ziffer 1. dieses Bescheides nicht innerhalb von zwei
Wochen nach Erteilung des Rechtskraftzeugnisses des Planbestätigungsbeschlusses
16.929.904 neue Aktien der centrotherm photovoltaics AG gezeichnet hat,
oder
(b) die Durchführung der Sachkapitalerhöhung gemäß Ziffer 1. dieses
Bescheides nicht bis zum 31. Oktober 2013 in das Handelsregister eingetragen
wurde,
oder
(c) die Sol Futura Verwaltungsgesellschaft mbH ihre
Sacheinlageverpflichtung nicht innerhalb von zwei Wochen nach Eintragung der
Durchführung der Sachkapitalerhöhung gemäß Ziffer 1. dieses Bescheides nach §
188 Abs. 2 Satz 1, § 36a Abs. 2 AktG mit der Folge erfüllt hat, dass die
einzubringenden abgetretenen Forderungen im Gesamtvolumen von mindestens EUR 70
Mio. nominal an die centrotherm photovoltaics AG abgetreten wurden und
infolgedessen durch Konfusion untergegangen sind.
4. Die Befreiung ergeht unter folgenden Auflagen:
(a) Die Sol Futura Verwaltungsgesellschaft mbH und Herr Tobias Wahl
haben der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht unverzüglich den
Eintritt der Rechtskraft des Insolvenzplans gemäß Ziffer 2. dieses Bescheides
durch Vorlage geeigneter Unterlagen (z.B. Ausfertigung des
Planbestätigungsbeschlusses mit Rechtskraftzeugnis) nachzuweisen.
(b) Die Sol Futura Verwaltungsgesellschaft mbH und Herr Tobias Wahl
haben der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht unverzüglich die
Zeichnung der neuen Aktien der centrotherm photovoltaics AG gemäß Ziffer 3.a.
dieses Bescheides durch die Sol Futura Verwaltungsgesellschaft mbH durch
Vorlage
des Zeichnungsscheins nachzuweisen.
(c) Die Sol Futura Verwaltungsgesellschaft mbH und Herr Tobias Wahl
haben der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht unverzüglich die
Eintragung der Durchführung der Sachkapitalerhöhung gemäß Ziffer 3.b. dieses
Bescheides unter Angabe der von der Sol Futura Verwaltungsgesellschaft mbH
infolgedessen und gegebenenfalls im Übrigen gehaltenen Aktien der centrotherm
photovoltaics AG durch Vorlage geeigneter Unterlagen (z.B.
Handelsregisterauszug, Depotauszüge) nachzuweisen.
(d) Die Sol Futura Verwaltungsgesellschaft mbH und Herr Tobias Wahl
haben der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht unverzüglich die
Erfüllung der Sacheinlageverpflichtung der Sol Futura Verwaltungsgesellschaft
mbH gemäß Ziffer 3.c. dieses Bescheides durch Vorlage geeigneter Unterlagen
(z.B. Abtretungsvertrag, Bestätigung der centrotherm photovoltaics AG oder
eines
Wirtschaftsprüfers) nachzuweisen.
Der Bescheid beruht im Wesentlichen auf den folgenden Gründen:
A.
I. Zielgesellschaft
1. Rechtliche Verhältnisse
Die centrotherm photovoltaics AG (nachfolgend auch die ,,Zielgesellschaft' oder
die ,,Schuldnerin') ist eine Aktiengesellschaft deutschen Rechts mit Sitz in
Blaubeuren, eingetragen im Handelsregister des Amtsgerichts Ulm unter HRB
720013. Das Grundkapital der Zielgesellschaft i.H.v. EUR 21.162.382,00 ist
eingeteilt in 21.162.382 auf den Inhaber lautende Stückaktien mit einem
rechnerischen Anteil am Grundkapital von EUR 1,00 je Aktie. Die Aktien der
Zielgesellschaft sind unter der ISIN DE000A0JMMN2 zum Handel im regulierten
Markt - derzeit noch im Teilbereich mit weiteren Zulassungsfolgepflichten
(Prime
Standard) und ab dem 1. März 2013 im General Standard - an der Frankfurter
Wertpapierbörse zugelassen.
2. Geschäftsmodell
Bei der Zielgesellschaft handelt es sich um die - auch selbst operativ tätige -
Obergesellschaft der centrotherm-Gruppe, eines Technologie- und
Equipmentanbieters der Photovoltaikbranche, der Solarunternehmen mit
Produktionslinien und Einzelanlagen für die Herstellung von Silizium sowie
kristallinen Solarzellen und -modulen ausstattet. Zum Leistungsspektrum
gehörten
im Geschäftsjahr 2011 namentlich das Schlüsselequipment und schlüsselfertige
Produktionslinien für kristalline Solarzellen (Segment ,,Solarzelle & Modul')
und Dünnschicht-Solarzellen (Segment ,,Dünnschichtmodul'), sowie Reaktoren und
Konverter für die Produktion von Solarsilizium (Segment ,,Silizium & Wafer').
3. Ablauf des Insolvenzverfahrens
Am 10. Juli 2012 beantragte die Zielgesellschaft beim Amtsgericht Ulm als
Insolvenzgericht die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen wegen
drohender Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung, verbunden mit Anfragen auf die
Anordnung der Eigenverwaltung und Bestimmung einer dreimonatigen Schutzfrist
gemäß § 270b InsO zur Vorlage eines sanierenden Insolvenzplans.
Für die Zielgesellschaft eröffnete das Insolvenzgericht am 12. Juli 2012
antragsgemäß das Sanierungsverfahren gemäß § 270b InsO (sog.
,,Schutzschirmverfahren'), unter Anordnung der vorläufigen Eigenverwaltung mit
Bestellung eines vorläufigen Sachwalters und Fristsetzung zur Vorlage eines
Insolvenzplans bis zum 12. Oktober 2012.
Am 1. Oktober 2012 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der
Zielgesellschaft unter Bestätigung der Eigenverwaltung als Planverfahren
eröffnet. Als Insolvenzgründe stellte das Insolvenzgericht bei der
Zielgesellschaft Zahlungsunfähigkeit im Sinne des § 17 InsO und Überschuldung
im
Sinne des § 19 InsO fest.
Ihren Eigenantrag vom 10. Juli 2012 hatte die Zielgesellschaft zwar angabegemäß
- neben der Überschuldung - noch auf die lediglich drohende Zahlungsunfähigkeit
im Sinne des § 18 InsO gestützt.
Anschließend hatten jedoch ausweislich des Insolvenzplans mehrere Gläubiger
ihre
Forderungen fällig gestellt, wodurch eine Liquiditätslücke von mehr als 10 %
entstanden sei. Denn in der 30. Kalenderwoche hätten sich bei der
Zielgesellschaft fällige Finanzierungsverbindlichkeiten i.H.v. EUR 57,5 Mio.
und
liquide bzw. kurzfristig liquidierbare Mittel von maximal EUR 49,8 Mio.
gegenübergestanden. Der Eintritt der Zahlungsunfähigkeit im Sinne des § 17 InsO
sei dem Insolvenzgericht gemäß § 270b Abs. 4 Satz 2 InsO mit Schreiben vom 27.
Juli 2012 angezeigt worden.
Zugleich sei die Zielgesellschaft bereits zum Zeitpunkt ihres Eigenantrags
überschuldet gewesen. Denn der Vorstand habe auf der Grundlage der bestehenden
Vereinbarungen mit den finanzierenden Banken keine positive
Fortführungsprognose
treffen können. Nach seiner Einschätzung habe nicht mehr mit hinreichender
Sicherheit angenommen werden können, dass sich die drohende Zahlungsunfähigkeit
mit überwiegender Wahrscheinlichkeit abwenden ließe. Vielmehr habe ohne
Umsetzung der vorgeschlagenen Restrukturierung mit der dafür erforderlichen
Unterstützung der Banken für das laufende und kommende Geschäftsjahr keine
positive Ertrags- und Liquiditätsplanung bestanden. So habe die infolge der
negativen Fortführungsprognose nach Liquidationswerten zu erstellende
Überschuldungsbilanz zum 31. Mai 2012 eine Überschuldung der Zielgesellschaft
i.H.v. ca. EUR 56,8 Mio. aufgewiesen. Bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens
am
1. Oktober 2012 habe sich diese nach Einschätzung des Vorstands durch weitere
Verluste auf ca. EUR 89,8 Mio. erhöht.
Als Sachwalter wurden im insolvenzgerichtlichen Eröffnungsbeschluss Herr
Rechtsanwalt Prof. Dr. Martin Hörmann (Anchor Rechtsanwälte GbR) bestimmt.
Der Insolvenzplan für die Zielgesellschaft (nachfolgend auch der
,,Insolvenzplan') wurde angabegemäß am 12. Oktober 2012 erstmalig als Entwurf
und am 4. und 19. Dezember 2012 jeweils als überarbeitete Fassung beim
Insolvenzgericht eingereicht. Dieser sei als ein wesentlicher Teil eines
Gesamtkonzepts zur Sanierung der centrotherm-Gruppe anzusehen. Nach positiver
Prüfung gemäß § 231 InsO legte das Insolvenzgericht den Insolvenzplan in der
Fassung vom 19. Dezember 2012 mit Verfügung vom 21. Dezember 2012 gemäß § 234
InsO zur Einsicht der Beteiligten nieder. Den Erörterungs- und
Abstimmungstermin
gemäß § 235 InsO bestimmte das Insolvenzgericht mit Beschluss vom 7. Januar
2013
auf den 29. Januar 2013.
In dem Erörterungs- und Abstimmungstermin stimmten die Gläubiger der Gruppe 1
(Ziffer C.II.1. des Insolvenzplans) dem Insolvenzplan in seiner geänderten
Fassung vom 29. Januar 2013 mit einer Mehrheit von gut 95 % der Anspruchssumme
und die Gläubiger der Gruppe 2 (Ziffer C.II.2. des Insolvenzplans) einstimmig
zu. Die Zustimmungsquote der Gruppe der Aktionäre lag bei gut 99 % der
Beteiligungssumme.
4. Sanierungskonzept
Grundlage für das Sanierungskonzept der Zielgesellschaft sind zum einen die
darstellenden und gestaltenden Inhalte des Insolvenzplans (§§ 219-221 InsO) und
zum anderen bestimmte Stellungnahmen der Roland Berger Strategy Consultants
GmbH
(nachfolgend auch ,,Roland Berger'). So hat Roland Berger die centrotherm
photovoltaics AG bei der Erstellung eines ,,Restrukturierungskonzepts der
centrotherm photovoltaics AG' (nachfolgend das ,,Restrukturierungskonzept')
unterstützt sowie unter dem Datum 18. Januar 2013 eine darauf aufbauende
,,Bestätigung der Sanierungsfähigkeit centrotherm photovoltaics AG' vorgelegt,
deren endgültige Fassung als Sanierungsfähigkeitsbescheinigung im Sinne des
§ 270b Abs. 1 Satz 3 InsO gemäß Ziffer C.V.5. des Insolvenzplans als Bedingung
für dessen Bestätigung (§ 249 InsO) der Zielgesellschaft vorzulegen sein wird
(nachfolgend auch die ,,Sanierungsfähigkeitsbescheinigung').
Die Zielgesellschaft geht in der angabegemäß von Roland Berger plausibi-
lisierten Planung auf Einzelbasis nach IFRS für das Jahresergebnis von der
folgenden Entwicklung aus:
· 2013: ca. EUR -24,137 Mio.
· 2014: ca. EUR 21,945 Mio.
· 2015: ca. EUR 22,913 Mio.
Das EBITDA werde sich nach der Planung der Zielgesellschaft wie folgt
entwickeln:
· 2013: ca. EUR -17,579 Mio.
· 2014: ca. EUR 37,391 Mio.
· 2015: ca. EUR 37,583 Mio.
5. Regelungen des Insolvenzplans
Die nachfolgend darzustellenden, wesentlichen Regelungen des Insolvenzplans
betreffen insbesondere die Gläubiger sämtlicher nicht nachrangigen,
ungesicherten Insolvenzforderungen gemäß § 38 InsO (Gruppe 1 gemäß Ziffer
?.II.1. und Anlage 9 des Insolvenzplans), mit Ausnahme des Pensions-Sicherungs-
Vereins aG, aber einschließlich der Absonderungsberechtigten, soweit sie
ausfallen (nachfolgend auch die ,,Gruppe 1-Gläubiger' und ihre Forderungen die
,,Gruppe 1-Forderungen').
Für den Pensions-Sicherungs-Verein aG (Gruppe 2 gemäß Ziffer ?.II.2. des
Insolvenzplans), soweit Ansprüche und Anwartschaften aus betrieblicher
Altersversorgung auf ihn übergegangen sind, ist vorgesehen, dass die
Zielgesellschaft mit Rechtskraft des Insolvenzplans mit Rückwirkung zum
Stichtag
der Insolvenzeröffnung die Fortführung der betrieblichen Altersversorgung
übernimmt. Soweit der Pensions-Sicherungs-Verein aG dadurch frei wird,
verzichtet er auf seine Forderungen.
Die Aktionäre (Gruppe 3 gemäß Ziffer C.II.3. des Insolvenzplans) stimmen den im
Insolvenzplan enthaltenen Kapitalmaßnahmen zu.
a) ,,Mindestquote' und Stundung i.H.v. 30 % der Gruppe
1-Forderungen
Der Insolvenzplan sieht vor, dass die Gruppe 1-Gläubiger auf ihre Forderungen
eine Mindestquote i.H.v. 30 % erhalten (Ziffern A.II.5.2. und B.IV.6.1. des
Insolvenzplans), ihre Teilforderungen insoweit also behalten, jedoch
unverzinslich bis zum Ablauf des 31. Dezember 2015 stunden (Ziffer C.III.1. des
Insolvenzplans; die Gesamtregelung nachfolgend auch die ,,Mindestquote' oder
die
,,Stundung').
b) Abtretung der übrigen 70 % der Gruppe 1-Forderungen
Um die Zielgesellschaft über den vorgenannten Liquiditätseffekt der Stundung
hinaus zu entschulden, sollen die übrigen 70 % der Gruppe 1-Forderungen an die
Antragstellerin zu 1. als unabhängige und weisungsfreie Verwaltungsgesellschaft
abgetreten werden, mit dem Ziel, von dieser anschließend in die
Zielgesellschaft
ein- und damit zum Erlöschen gebracht zu werden, wodurch die Antragstellerin zu
1. Aktionärin der Zielgesellschaft und diese maßgeblich entschuldet werde
(Ziffern A.II.5.2. und B.IV.6.2. des Insolvenzplans).
Hierzu treten die Gruppe 1-Gläubiger die nicht gestundeten 70 % ihrer
Forderungen kraft gestaltender Wirkung des Insolvenzplans gemäß § 221, § 254a
Abs. 1 InsO an die Antragstellerin zu 1. ab. Dabei wird der Übergang von
Rechten
gemäß § 401 BGB ausgeschlossen. Die Antragstellerin zu 1. erklärt mit ihrer als
Anlage 3 dem Insolvenzplan beigefügten Verpflichtungserklärung im Sinne des §
230 Abs. 3 InsO (nachfolgend die ,,Verpflichtungserklärung') die Annahme dieser
Abtretung (Ziffer C.III.1. des Insolvenzplans; die Gesamtregelung nachfolgend
auch die ,,Abtretung I').
c) Eckpunkte der Kapitalmaßnahmen
Die Einbringung der von der Abtretung I betroffenen Insolvenzforderungen soll
im
Rahmen einer kombinierten Kapitalherabsetzung und Sachkapitalerhöhung erfolgen,
deren Eckpunkte wie folgt zusammengefasst werden können:
Im ersten Schritt wird das Grundkapital der Zielgesellschaft von derzeit
EUR 21.162.382,00, eingeteilt in 21.162.382 auf den Inhaber lautende
Stückaktien,
nach der Einziehung von zwei unentgeltlich zur Verfügung gestellten Aktien
durch
Zusammenlegung der verbleibenden 21.162.380 Aktien im Verhältnis von 5:1 im
Wege
der vereinfachten Kapitalherabsetzung gemäß §§ 229 ff. AktG um EUR
16.929.904,00
auf EUR 4.232.476,00 herabgesetzt (nachfolgend die ,,Kapitalherabsetzung').
Im zweiten Schritt wird das Grundkapital unmittelbar danach im Wege einer
Sachkapitalerhöhung gemäß §§ 183 ff. AktG wieder um EUR 16.929.904,00 auf
EUR 21,162.380,00 erhöht. Dabei wird das gesetzliche Bezugsrecht der
Altaktionäre
gemäß § 183 Abs. 3 AktG ausgeschlossen. Zur Zeichnung und Übernahme aller neuen
Aktien, entsprechend einem Anteil von 80 % am (wieder) erhöhten Grundkapital
(nachfolgend auch die ,,Neuen Aktien'), zum geringsten Ausgabebetrag von EUR
1,00
je Stückaktie wird ausschließlich die Antragstellerin zu 1. zugelassen. Die
Antragstellerin zu 1. erbringt ihre Sacheinlage, indem sie sich verpflichtet,
alle Forderungen, die ihr im Zeitpunkt der Rechtskraft dieses Insolvenzplans
aufgrund der Abtretung von 70 % der rechtskräftig und unbedingt sowie ohne
Beschränkungen für den Ausfall festgestellten Insolvenzforderungen zustehen, an
die Zielgesellschaft abzutreten. Soweit der Einbringungswert dieser Forderungen
den Gesamtausgabebetrag der neuen Aktien übersteigt, ist die Differenz in die
Kapitalrücklage der Zielgesellschaft einzustellen (nachfolgend die
,,Sachkapitalerhöhung' oder die ,,Einbringung'; zusammen mit der
Kapitalherabsetzung die ,,Kapitalmaßnahmen').
Hierzu verpflichtet sich die Antragstellerin zu 1. in der
Verpflichtungserklärung für den Fall der rechtskräftigen Bestätigung des
Insolvenzplans,
· die Abtretungen durch die Gruppe 1-Gläubiger anzunehmen,
· die abgetretenen Forderungen ihrerseits im Rahmen der
Sachkapitalerhöhung an die Gesellschaft abzutreten (nachfolgend die ,,Abtretung
II'), und
· den entsprechenden Zeichnungsschein zu unterzeichnen und die
Neuen Aktien zu übernehmen.
Im Hinblick auf die Abtretung II verpflichtet sich die Antragstellerin zu 1.
gemäß § 36a Abs. 2 AktG im Zeichnungsschein (Teil der Anlage 3 zum
Insolvenzplan), die erforderlichen Abtretungserklärungen unverzüglich nach
Zugang einer Mitteilung der Zielgesellschaft, dass die Durchführung der
Sachkapitalerhöhung ins Handelsregister eingetragen wurde, abzugeben.
Für den Fall der Durchführung der Kapitalmaßnahmen wird die Antragstellerin zu
1. somit alle Neuen Aktien und damit 80 % des dann (wieder) erhöhten
Grundkapitals der Zielgesellschaft halten, während 20 % der derzeit bestehenden
und zum Handel im regulierten Markt an der Frankfurter Wertpapierbörse
zugelassen Aktien der Zielgesellschaft bei den Altaktionären verbleiben.
Der Nominalwert der im Rahmen der Sachkapitalerhöhung einzubringenden
Forderungen belaufe sich nach gegenwärtigen Schätzungen auf insgesamt
mindestens
EUR 70 Mio. Für die Zwecke der Sacheinlagenprüfung gemäß § 183 Abs. 3, § 33
AktG
soll Herr Wirtschaftsprüfer Niclas Rauscher, BDO AG
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, Stuttgart als gerichtlich bestellter Prüfer
bestätigen, dass ihr Wert als Sacheinlage den geringsten Ausgabebetrag der
dafür
zu gewährenden Neuen Aktien erreicht (Planbedingung gemäß Ziffer C.V.7. des
Insolvenzplans).
Als bilanziellen Effekt der Kapitalmaßnahmen erwartet die Zielgesellschaft in
der angabegemäß von Roland Berger plausibilisierten Planung auf Einzelbasis
nach
IFRS (unter Vorwegnahme der Abtretung II zum 31. Dezember 2012) daher
· einen Rückgang der langfristigen Verbindlichkeiten von ca.
EUR 130,338 Mio. zum 1. Oktober 2012 auf ca. EUR 64,351 Mio. im vierten Quartal
2012,
· bei zeitgleicher Verringerung des negativen Eigenkapitals von
ca. EUR -89,821 Mio. auf ca. EUR -17,596 Mio.
d) Verwaltung, Verwertung und Erlösverteilung
Die Antragstellerin zu 1. verpflichtete sich gegenüber der Zielgesellschaft im
Wege eines als ,,Vertrag betreffend die Verwaltung und Verwertung von Aktien'
überschriebenen Vertrages zugunsten Dritter vom 24. Januar 2013 (Anlage 5 zum
Insolvenzplan; hier nachfolgend der ,,Verwaltungsvertrag'), die Neuen Aktien
sowie etwaige nicht von der Einbringung erfasste Gruppe 1-Forderungen
(nachfolgend auch das ,,Verwaltungsvermögen') zu verwalten, bestmöglich zu
verwerten und die Gläubiger aus dem Erlös dieser Verwertung zu befriedigen.
Nach den Regelungen des Verwaltungsvertrages verwaltet die Antragstellerin zu
1.
das Verwaltungsvermögen im eigenen Namen und frei von jeglichen Weisungsrechten
der Zielgesellschaft, der Gruppe 1-Gläubiger, der Gläubiger der
AGB-Pfandrechte,
bestimmter Gläubiger der ctts (nachfolgend die ,,Begünstigten Gläubiger') sowie
des Gläubigerausschusses der Zielgesellschaft. Dies gilt insbesondere für die
Ausübung von Stimmrechten und die Wahrnehmung sonstiger Aktionärsrechte aus den
Neuen Aktien.
Die Antragstellerin zu 1. ist verpflichtet, das Verwaltungsvermögen spätestens
bis zum 31. Dezember 2015 vollständig bestmöglich zu verwerten. Die Neuen
Aktien
sind nicht vor dem 30. Juni 2013 und vor dem 30. Juni 2015 nur dann zu
verwerten, wenn der Gläubigerausschuss der Verwertung mit einer qualifizierten
Mehrheit von 75 % aller seiner Mitglieder zugestimmt hat. Besteht nach
Einschätzung der Antragstellerin zu 1. die Aussicht, dass bei einer Verwertung
nach dem 31. Dezember 2015 ein höherer Erlös erzielt werden kann, ist die
Antragstellerin zu 1. mit Zustimmung des Gläubigerausschusses, die einer
qualifizierten Mehrheit von 75 % aller Mitglieder bedarf, berechtigt, den
Verwertungszeitraum bis längstens 31. Dezember 2017 zu verlängern (Ziffern
A.II.5.3. und B.IV.6.3. des Insolvenzplans). In diesem Fall verlängert sich
auch
die Stundung der Gruppe 1-Forderungen bis zum Ablauf des verlängerten
Verwertungszeitraums (Ziffer C.III.1. des Insolvenzplans).
Die Verwertung kann in einem oder mehreren Schritten durch einen Paketverkauf
an
einen oder mehrere Investoren, durch Privatplatzierungen bei institutionellen
Investoren, durch ein öffentliches Angebot, durch einen Verkauf der Neuen
Aktien
an der Börse oder auf anderem Wege erfolgen. Zur bestmöglichen Verwertung hat
die Verwaltungsgesellschaft einen strukturierten Verkaufsprozess, ggf. auch im
Wege eines sog. Dual-Track-Verfahrens mit Unterstützung einer Investmentbank
oder eines M&A-Beraters durchzuführen.
Die Antragstellerin zu 1. erhält für ihre Tätigkeit eine ausschließlich aus dem
Verwertungserlös zu zahlende und an dessen Höhe zu bemessende Vergütung.
Aus dem Verwertungserlös, der etwaige Dividendenzahlungen der Zielgesellschaft
auf die Neuen Aktien einschließt, sind nach Zahlung der Auslagen der
Antragstellerin zu 1., der Verwertungskosten, der Steuern und sowie der
Vergütungsansprüche der Antragstellerin zu 1. insbesondere die Forderungen der
Gläubiger in einer festgelegten Reihenfolge zu begleichen.
e) Planbedingungen und Laufzeit des Insolvenzplans
Die Bestätigung des Insolvenzplans setzt nach dessen Ziffer CV. die Erfüllung
bestimmter Bedingungen gemäß § 249 Satz 1 InsO (nachfolgend die
,,Planbedingungen') voraus. Von diesen lagen nach Angaben der Antragsteller die
verbindlichen Auskünfte der Finanzverwaltung (Planbedingungen 1. und 2.)
allerdings inzwischen vollständig und die Gewerbesteuerverzichte der
zuständigen
Gemeinden (Planbedingung 3.) überwiegend vor. Die Entwürfe für den Abschluss
von
Vereinbarungen betreffend AGB-Pfandrechte gemäß Planbedingung 4. seien ,,nahezu
final'. Die für die Zwecke der Erfüllung der Planbedingung 5. von Roland Berger
erstellte Sanierungsfähigkeitsbescheinigung liegt vor. Die Befreiung vom
Pflichtangebot gemäß Planbedingung 6. wird mit diesem Bescheid erteilt. Zum
Sachkapitalerhöhungsprüfer gemäß Planbedingung 7. bestellte das Amtsgericht Ulm
mit Beschluss vom 23. Januar 2013 Herrn Wirtschaftsprüfer Niclas Rauscher, BDO
AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, Stuttgart. Die Erklärung des
Gläubigerausschusses gemäß Planbedingung 8. sei eine ,,reine Formsache'. Die am
29. Januar 2013 mit der Familie Hartung abgeschlossenen Verträge galten als
Vereinbarungen gemäß Planbedingung 9.
Der Insolvenzpan ist nach seiner Ziffer B.IV.7.11. - vorbehaltlich etwaiger
Fristverlängerungen - gescheitert, wenn
· die Planbedingungen nicht bis zum 30. Juni 2013 eingetreten
sind, es sei denn, es wurde zuvor wirksam auf sie verzichtet; oder
· das Rechtskraftzeugnis des Planbestätigungsbeschlusses nicht
bis
zum 30. September 2013 erteilt worden ist.
f) Feststellungen der Sanierungsfähigkeitsbescheinigung
In der Sanierungsfähigkeitsbescheinigung bestätigt Roland Berger, dass die
Zielgesellschaft sanierungsfähig ist. Als Voraussetzungen für eine erfolgreiche
Sanierung der Zielgesellschaft nennt Roland Berger dabei unter anderem
· die Zustimmung der Gläubiger zum Insolvenzplan am
29. Januar 2013, die Bestätigung des Insolvenzplans durch das Insolvenzrecht
bis
möglichst 28. Februar 2013, und die gesamthafte Umsetzung der im Insolvenzplan
enthaltenen Maßnahmen einschließlich der Abtretung II;
· die konsequente Umsetzung der im Restrukturierungskonzept
enthaltenen strategischen, strukturellen und operativen Maßnahmen, der in der
Business Planung enthaltenen Kostensenkungsmaßnahmen gemäß Zeitplanung, und der
weiteren Ergebnisverbesserungsmaßnahmen; sowie
· die Sicherstellung des Finanzierungsrahmens entsprechend den
Voraussetzungen des Sanierungskonzepts.
II. Antragsteller
Die Antragstellerin zu 1. ist eine mit Gesellschaftsvertrag vom 22. August 2012
neu gegründete und am 7. September 2012 ins Handelsregister des Amtsgerichts
München unter HRB 728638 eingetragene Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit
Sitz in Ulm, die über ein Stammkapital i.H.v. EUR 25.000 verfügt und bislang
angabegemäß keinen Geschäftsbetrieb ausgeübt hat. Vielmehr sei sie allein für
die Zwecke der antragsgegenständlichen Verwaltung und Verwertung der Neuen
Aktien erworben worden. Einziger Gegenstand des Unternehmens der
Antragstellerin
zu 1. ist die Verwaltung von Vermögen und Beteiligung an anderen Unternehmen.
Zum Zeitpunkt der Antragsteilung hält die Antragstellerin zu 1. keine Aktien
der
Zielgesellschaft.
Sämtliche Geschäftsanteile der Antragstellerin zu 1. werden vom Antragsteller
zu
2. gehalten, der zugleich ihr alleiniger und einzelvertretungsbefugter
Geschäftsführer ist.
III. Anträge
Mit Schreiben vom 11. Januar 2013 (eingegangen im Original an diesem Tag) haben
die Antragsteller beantragt, im Hinblick auf die beabsichtigte Erlangung der
Kontrolle über die centrotherm photovoltaics AG jeweils gemäß § 37 Abs. 1 und
Abs. 2 WpÜG i.V.m. § 9 Satz 1 Nr. 3 WpÜG-AV von den Pflichten aus § 35 WpÜG
befreit zu werden.
B.
Den Anträgen war stattzugeben.
I. Zulässigkeit
Die Anträge sind zulässig.
1. Antragsfrist
Die Anträge sind gemäß § 8 Satz 2 WpÜG-AV bereits vor der Erlangung der
Kontrolle über die centrotherm photovoltaics AG zulässig. Die Erlangung der
Kontrolle durch die Antragsteller ist nach deren Vortrag absehbar und
wahrscheinlich.
Denn die zur Kontrollerlangung führenden Kapitalmaßnahmen sind bereits als
gesellschaftsrechtliche Beschlüsse im Sinne des § 254a Abs. 2 InsO im
gestaltenden Teil des Insolvenzplans (§ 221 InsO, Ziffer C.IV. des
Insolvenzplans) enthalten und gelten mit dessen Rechtskraft als ordnungsgemäß
gefasst. Nach der am 29. Januar 2013 erfolgten Annahme des Insolvenzplans gemäß
§§ 235 ff. InsO hängt die Entstehung und Übernahme der antragsgegenständlichen
Aktien durch die Antragstellerin zu 1. (mit der Folge der Stimmrechtszurechnung
zum Antragsteller zu 2.) nur noch von (i) dem Eintritt der Planbedingungen,
(ii)
der Planbestätigung gemäß § 248 InsO, (iii) dem Eintritt der Rechtskraft gemäß
§
253, § 254 Abs. 1 InsO sowie (iv) der Eintragung der Kapitalmaßnahmen in das
Handelsregister des Amtsgerichts Ulm ab.
Als eine der Planbedingungen ist die Erteilung der antragsgegenständlichen
Befreiung auch eine notwendige Voraussetzung für die Ausgabe der Neuen Aktien
und begründet daher schon für sich genommen das Interesse der Antragsteller an
einer Sachbescheidung vor Kontrollerlangung. Der Eintritt der übrigen
Voraussetzungen liegt nicht im Einflussbereich der Antragsteller und ist nach
derzeitigem Sachstand überdies zu erwarten.
2. Einheitliche Entscheidung
Die Anträge können in einem einheitlichen Verfahren beschieden werden. Denn
beiden Anträgen liegt ein einheitlicher Lebenssachverhalt zugrunde, wovon
grundsätzlich auszugehen ist, wenn das unmittelbar Kontrolle erlangende
Unternehmen und ein weiterer Antragsteller in einem Mutter-Tochter-Verhältnis
stehen, so dass die Stimmrechte aus den unmittelbar gehaltenen Aktien gemäß §
30
Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Satz 3 WpÜG zuzurechnen sind.
II. Begründetheit
Die Anträge sind auch begründet. Die Antragsteller sind nach Abwägung ihrer
Interessen mit den Interessen der außenstehenden Aktionäre der centrotherm
photovoltaics AG gemäß § 37 Abs. 1 und 2 WpÜG i.V.m. § 9 Satz 1 Nr. 3 WpÜG-AV
im
Hinblick auf die beabsichtigte und zum Teil bereits umgesetzte Sanierung der
centrotherm photovoltaics AG von den Pflichten aus § 35 Abs. 1 und 2 WpÜG zu
befreien.
1. Kontrollerlangung
Die Antragsteiler werden mit der Durchführung der geplanten
Sachkapitalerhöhung,
mithin deren konstitutiver Eintragung ins Handelsregister des Amtsgerichts Ulm,
die Kontrolle im Sinne des § 29 Abs. 2 WpÜG über die Zielgesellschaft erlangen.
Derzeit halten die Antragsteller keine Aktien der Zielgesellschaft.
Die zur Kontrollerlangung führenden Kapitalmaßnahmen (Kapitalherabsetzung
verbunden mit einer Sachkapitalerhöhung) sind als gesellschaftsrechtliche
Beschlüsse im Sinne des § 254a Abs. 2 InsO in dem gestaltenden Teil des
Insolvenzplans (§ 221 InsO, Ziffer C.IV. des Insolvenzplans) enthalten und
werden mit dessen Rechtskraft als ordnungsgemäß gefasst gelten (Begr. RegE
ESUG,
BT-Drucks 17/5712, S. 18, 37).
Mit Wirksamwerden der Sachkapitalerhöhung gemäß § 189 AktG werden die
Stimmrechte aus den 16.929.904 Neuen Aktien unmittelbar bei der Antragstellerin
zu 1. als deren Erstzeichner entstehen (vgl. Emittentenleitfaden der BaFin,
Stand 28. April 2009, Ziffer VIII.2.3.4.1.1.). Damit werden der Antragstellerin
zu 1. ab diesem Zeitpunkt 80 % des nach der vorangegangenen Kapitalherabsetzung
wieder auf EUR 21.162.380,00 erhöhten Grundkapitals, mithin auch 80 % der
Stimmrechte an der Zielgesellschaft, unmittelbar zustehen. Da die
Antragstellerin zu 1. gemäß § 2 Abs. 6 WpÜG i.V.m. § 290 Abs. 2 Nr. 1 HGB als
Tochterunternehmen ihres Alleingesellschafters, des Antragstellers zu 2. gilt,
werden die vorgenannten Stimmrechte ab diesem Zeitpunkt dem Antragsteller zu 2.
gemäß § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 WpÜG zugerechnet.
2. Sanierungsbedürftigkeit
Die Zielgesellschaft ist ein Sanierungsfall, nachdem über ihr Vermögen am
1. Oktober 2012 aufgrund von Zahlungsunfähigkeit im Sinne des § 17 InsO und
Überschuldung im Sinne des § 19 InsO das Insolvenzverfahren eröffnet wurde.
Zwar ist von einer Krisensituation im Sinne des WpÜG nicht erst dann
auszugehen,
wenn die Eröffnung des Insolvenzverfahrens gemäß § 13 InsO beantragt oder gar
vom Insolvenzgericht beschlossen wurde. Auch der Eintritt eines
Insolvenzgrundes
ist keine zwingende Voraussetzung der Sanierungsbedürftigkeit, die vielmehr
bereits bei Vorliegen bestandsgefährdender Risiken im Sinne von § 322 Abs. 2
Satz 3 HGB zu bejahen ist (Strunk/Linke, in: Veil/Drinkuth, Reformbedarf im
Übernahmerecht, 2005, S. 3, 37; Strunk/Salomon/Holst, in: Veil, Übernahmerecht
in Praxis und Wissenschaft, 2009, S. 1, 35). Haben sich solche Risiken aber
sogar bereits als Insolvenz materialisiert, steht der Sanierungsfall jedenfalls
außer Frage.
3. Sanierungsfähigkeit
Das Sanierungskonzept der Antragsteller in Form des Insolvenzplans ist
geeignet,
die Insolvenz einschließlich der ihr zugrundeliegenden bestandsgefährdenden
Risiken zu beseitigen und so die Sanierung der centrotherm photovoltaics AG zu
gewährleisten.
Diese Einschätzung wird erstens durch die Eröffnung des Schutzschirmverfahrens
gemäß § 270b InsO indiziert, welches die Anordnung der (vorläufigen)
Eigenverwaltung gemäß § 270 InsO unter Gewährung der dreimonatigen Schutzfrist
zur Vorlage eines Insolvenzplans nur für den Fall zulässt, dass die angestrebte
Sanierung nicht offensichtlich aussichtslos ist (§ 270b Abs. 1 Satz 1 InsO).
Stellt sich die Aussichtslosigkeit während der Schutzfrist ein, hebt das
Gericht
seine Anordnung gemäß § 270b Abs. 4 Satz 1 Nr. InsO auf.
Zweitens weist das Insolvenzgericht einen ihm vorgelegten Insolvenzplan gemäß §
231 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 InsO von Amts wegen zurück, wenn dieser offensichtlich
keine Aussicht auf Annahme durch die Beteiligten oder auf Bestätigung durch das
Gericht hat. Dies war vorliegend nicht der Fall. Denn das Insolvenzgericht
legte
den Insolvenzplan nach entsprechender Prüfung gemäß § 234 InsO zur Einsicht der
Beteiligten nieder und bestimmte einen Erörterungs- und Abstimmungstermin gemäß
§ 234 InsO.
Drittens stimmten die Beteiligten dem Insolvenzplan in dem vorgenannten Termin
am 29. Januar 2013 mit Mehrheiten von 95 % bis 100 % zu.
Viertens hängt die Bestätigung des Insolvenzplans gemäß § 248 InsO nach dessen
Ziffer C.V.5. als Planbedingung im Sinne des § 249 InsO davon ab, dass durch
Roland Berger (oder eine andere geeignete Person) eine
Sanierungsfähigkeitsbestätigung im Sinne des § 270 b Abs. 1 S. 3 InsO vorgelegt
wird, die den Mindestanforderungen der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs
zur
Sanierungsfähigkeit von Unternehmen genügt und bestätigt, dass die
Zielgesellschaft nach Wirksamwerden des Insolvenzplans sanierungsfähig ist.
Damit ist formell sichergestellt, dass die nach diesem Bescheid auf die
Rechtskraft des Insolvenzplans und die Kontrollerlangung durch die
Antragsteller
bedingte Befreiungsentscheidung nur auf der Grundlage einer solchen
Bescheinigung Wirksamkeit erlangt. Materiell wird die Sanierungsfähigkeit
bereits durch die inhaltlichen Feststellungen der von Roland Berger inzwischen
vorgelegten, endgültigen Fassung der Sanierungsfähigkeitsbescheinigung vom 18.
Januar 2013 bestätigt.
Bei alledem sind an die Feststellung der Erfolgsaussichten des
Sanierungskonzepts keine zu hohen Anforderungen zu stellen. Zum einen ist zu
berücksichtigen, dass es sich bei dieser Feststellung um eine Prognose des
Geschehensablaufs auf Basis der bisher ermittelten Daten handelt. Zum anderen
kann zwecks Feststellung der Erfolgsaussichten nur die Plausibilität der
Sanierungsmaßnahmen geprüft werden. Eine Prüfung, die berücksichtigt, ob ein
anderes Konzept bessere Erfolge erzielen kann, wird vom Gesetzgeber nicht
verlangt. Im Ergebnis kommt es darauf an, ob das Sanierungskonzept
grundsätzlich
geeignet ist, den Sanierungsfall zu beseitigen, nicht aber, ob dies auch mit an
Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist.
Auch perspektivisch kann die operative Sanierung der Zielgesellschaft gelingen,
da die zukunftsgerichteten Planungen der Zielgesellschaft im Hinblick auf den
Insolvenzplan und die Sanierungsfähigkeitsbescheingung von Roland Berger
plausibel erscheinen.
4. Sanierungsbeiträge
Unter dem Sanierungskonzept nach Maßgabe des Insolvenzplans sind die
Antragsteller bereit, erhebliche Sanierungsbeiträge zu erbringen, die der zu
sanierenden centrotherm photovoltaics AG unmittelbar zufließen.
Als unmittelbare Leistung im Rahmen der geplanten Sachkapitalerhöhung bei der
Zielgesellschaft um EUR 16.929.904,00 erbringt die Antragstellerin zu 1. eine
Sacheinlage für die ausschließlich von ihr zu beziehenden 16.929.904 neuen
Aktien der Zielgesellschaft.
Hierzu verpflichtet sie sich, alle Forderungen, die ihr zum Zeitpunkt der
Rechtskrafts des Insolvenzplans aufgrund der Abtretung von 70 % der
rechtskräftig und unbedingt sowie ohne Beschränkung für den Ausfall
festgestellten Insolvenzforderungen zustehen, an die Zielgesellschaft
abzutreten. Diese Abtretung der gegen die Zielgesellschaft gerichteten
Forderungen an diese selbst hat zur Folge, dass sich die Gläubiger- und
Schuldnerstellung vereinigen, was zum Untergang der Forderungen durch Konfusion
führt (vgl. Servatius, in: Spindler/Stilz, AktG, 2. Aufl. 2010, § 183 Rn. 12;
Fetzer, in: Münchener Kommentar zum BGB, 6. Aufl. 2012, Vorb. Abschnitt 4. Rn.
4). Soweit der Einbringungswert dieser Forderungen den Gesamtausgabebetrag der
neuen Aktien übersteigt, wird die Differenz gemäß § 272 Abs. 2 HGB in die
Kapitalrücklage der Zielgesellschaft eingestellt. In jedem Falle aber wird die
Zielgesellschaft in Höhe des vollen Nominalwerts der an sie abgetretenen
Forderungen bilanziell entschuldet, indem sich ihr Fremdkapitalanteil in
entsprechender Höhe verringert und ihr Eigenkapitalanteil im gleichen Umfang
steigt. Erwirbt die Antragstellerin zu 1. nach der Durchführung der
Kapitalerhöhung weitere Forderungen - weil diese zwar von den
Insolvenzgläubigern der Gruppe 1 gehalten und damit abgetreten, jedoch erst
nachträglich festgestellt werden - wird sie auch diese Forderungen nach Maßgabe
des Insolvenzplans in die Kapitalrücklage der Zielgesellschaft einlegen, um
einen weiteren Entschuldungseffekt herbeizuführen, oder aber im Interesse der
Gläubiger bestmöglich verwerten. Die damit verbundene, maßgebliche Entschuldung
und Rekapitalisierung der Zielgesellschaft ist jedenfalls in Kombination mit
den
weiteren bereits durchgeführten, eingeleiteten und beabsichtigten
Sanierungsmaßnahmen auch notwendig und geeignet, die finanzielle Lage der
Zielgesellschaft nachhaltig zu verbessern und ihren Fortbestand zu sichern.
Der Würdigung dieser geldwerten und erheblichen Leistung als Sanierungsbeitrag
der Antragstellerin zu 1. steht nicht entgegen, dass der Antragstellerin zu 1.
bei der Erfüllung ihrer Sacheinlageverpflichtung die vorangehende
Forderungsabtretung der Insolvenzgläubiger zugutekommt. Denn im gleichen
Umfang,
in dem sich die Antragstellerin zu 1. den wirtschaftlichen Beitrag der
Gläubiger
zunutze macht, schuldet sie ihnen im Gegenzug auch die Herausgabe etwaiger
Verwertungserlöse nach einem im Rahmen des Insolvenzplans zwischen sämtlichen
Gläubigern abgestimmten Erlösverteilungsmodell und erwirbt von vornherein eine
durch das Sanierungskonzept zweckgebundene Kontrollposition auf Zeit. An dieser
Rolle als Verwalter der übernommenen Beteiligung an der Zielgesellschaft ist
dann aber auch ihre ,,Bereitschaft zur Beteiligung an den Sanierungsbemühungen'
zu messen, die nach dem Willen des Gesetzgebers für eine Sanierungsbefreiung zu
fordern ist (vgl. Begr. RegE WpÜG, BT-Drucks. 14/7034, S. 81). Konkreter
Beurteilungsmaßstab ist dabei nach der Verwaltungspraxis der Bundesanstalt für
Finanzdienstleistungsaufsicht die Frage, ob der Antragsteller einen
angemessenen, maßgeblichen und unverzichtbaren Beitrag zur Verwirklichung des
Sanierungskonzepts und damit zum Fortbestand der Zielgesellschaft erbringt
(Strunk/Linke, in: Veil/Drinkuth, Reformbedarf im Übernahmerecht, 2005, S. 3,
41). Sie ist im vorliegenden Fall aus mehreren Gründen zu bejahen:
Erstens ist die Bündelung sämtlicher nicht nachrangigen und ungesicherten
Forderungen ein unverzichtbarer Bestandteil des Insolvenzplans, ohne den weder
der für den Sanierungserfolg essentielle Entschuldungsgrad noch der zugunsten
der Gläubiger bezifferte Mehrerlös erzielt werden konnten. Die Bündelung ist
wiederum nicht ohne die Bereitschaft der Antragstellerin zu 1. denkbar, die
Stellung als Aktionärin der Zielgesellschaft zu übernehmen. Denn von der
gesamten Gläubigergruppe kann eine solche unternehmerische Beteiligung selbst
dann nicht erwartet werden, wenn die Betroffenen - insbesondere in Ermangelung
(noch) werthaltiger und verwertbarer Sicherheiten - durchaus sanierungwillig
sind, weil das Fortführungs- und Verwertungsmodell einen höheren Erlös
verspricht als die in der Regelinsolvenz zu erwartende Quote. Vielmehr werden
sie - teils aufgrund (interner) rechtlicher Vorgaben, teils aus
Zweckmäßigkeitserwägungen heraus - nicht in der Lage oder nicht Willens sein,
die Verwaltungs- und Verwertungsverantwortung persönlich zu übernehmen. Diesem
Umstand trägt auch die InsO in der Fassung des ESUG Rechnung, indem sie für
eine
Umwandlung einer Insolvenzforderung in Eigenkapital, bei der der betroffene
Gläubiger Anteilsinhaber am Schuldner wird, dessen individuelle Zustimmung
fordert (§ 225a Abs. 2 Satz 2 InsO, vgl. auch Begr. RegE ESUG, BT-Drucks. 17/
5712, S. 31). Nach dieser gesetzgeberischen Wertung erbringt die
Antragstellerin
zu 1. also bereits mit der Übernahme der Gesellschafterposition ein als
gewichtig einzustufendes ,,Opfer'. Zugleich dient dieses ,,Opfer' letztlich der
Unterstützung des Verwertungsanliegens der Gläubiger, die bei materieller
Betrachtung die Chancen und Risiken des Sanierungskonzepts tragen und ohne das
im Insolvenzplan gewählte Verfahren aus den vorgenannten Gründen jedenfalls
nicht in einem vergleichbar erheblichen Umfang zur Sanierung der
Zielgesellschaft beigetragen hätten. In diesem besonderen Fall ist es daher
gerechtfertigt, den finanziellen Verzicht der Gläubiger in Form der teilweisen
Abtretung ihrer Forderungen in Kombination mit deren Stundung im Übrigen
vollumfänglich als Sanierungsbeitrag der Antragstellerin zu 1. zu würdigen und
ihr insoweit anzurechnen.
Hinzu kommt, dass erst die Konzentration der Vermögenswerte in einer Hand einen
koordinierten Verwertungsprozess und damit eine optimale Befriedigung der
Gläubiger ermöglicht. Andernfalls drohten wahrend der Sanierungsphase
unkontrollierte Veräußerungen der Neuen Aktien, die sich jedenfalls für die
Gesamtheit der Gläubiger als weniger profitabel erweisen und zudem einen nicht
unerheblichen Druck auf den Börsenkurs der Aktien der Zielgesellschaft erzeugen
könnten. Darüber hinaus dient diese Vorgehensweise auch der technischen
Vereinfachung der Sanierung mit anschließender Verwertung als Teil eines
geordneten, insolvenzgerichtlichen Verfahrens. Das Vergütungsinteresse der
Antragstellerin zu 1. knüpft an den Sanierungs- und Verwertungserfolg an, da
ihre Vergütung vereinbarungsgemäß erfolgsbezogen, aus dem Verwertungserlös zu
zahlen ist, erst mit Abschluss der Verwertung fällig wird und der Höhe nach vom
Volumen des letztlich erzielten Erlöses abhängt. Scheitern die
Sanierungsbemühungen oder erweist sich das Marktumfeld zum anvisierten
Verwertungszeitpunkt als ungünstig, würde sich also auch für die
Antragstellerin
zu 1. das von ihr als Dienstleister übernommene, unternehmerische Risiko
verwirklichen. Auch dies ist der Antragstellerin zu 1. daher positiv
anzurechnen.
Drittens sind die Sanierungsbeiträge der Antragstellerin zu 1. bei ihrer
Gewichtung ins Verhältnis zu der Art der Kontrollposition zu setzen, die die
Antragstellerin zu 1. als Verwalter eines Teils des Vermögens der
Zielgesellschaft erlangt. Denn in Abweichung vom typischen Fall der
Kontrollerlangung, den der Gesetzgeber der Pflichtengestaltung des § 35 WpÜG
zugrunde gelegt hat, ist die Antragstellerin zu 1. in Bezug auf die Art und
Dauer der Kontrollausübung nicht frei, sondern durch die verbindlichen und
vollstreckbaren Festsetzungen des Insolvenzplans gebunden. Dieser gibt
insbesondere die künftige unternehmerische Ausrichtung der Zielgesellschaft
vor.
Auch über den Zeitpunkt der Kontrollerlangung kann die Verwaltungsgesellschaft
nur eingeschränkt selbst bestimmen. Der zeitlich befristete und zweckgebundene
Erwerb der Kontrolle verschafft aber gerade nicht die typischerweise mit dem
Kontrollerwerb verbundene Rechtsmacht.
In der Gesamtwürdigung erbringt die Antragstellerin zu 1. damit einen eigenen
finanziellen Beitrag, der sich als für den Sanierungserfolg unverzichtbar
darstellt, geeignet erscheint, hierzu maßgeblich beizutragen, und schließlich
in
Anbetracht der Rolle der Antragstellerin zu 1. als Verwalterin der
Kontrollbeteiligung als angemessen zu bewerten ist.
Diese Leistungen der Antragstellerin zu 1. kommen gleichermaßen dem
Antragsteller zu 2. zugute. Denn als Alleingesellschafter der Antragstellerin
zu
1. nimmt er an allen Chancen und Risiken, welche die Antragstellerin zu 1. mit
den Sanierungsbeiträgen eingeht, unmittelbar teil.
5. Interessenabwägung
Die Erteilung der Befreiung liegt im Ermessen der Bundesanstalt für
Finanzdienstleistungsaufsicht. Bei einer Abwägung der Interessen der
Antragsteller mit denen der außenstehende Aktionäre der centrotherm
photovoltaics AG, die nach § 37 Abs, 1 WpÜG vorzunehmen ist, ist bei Vorliegen
eines Tatbestandes des § 9 WpÜG-AV grundsätzlich von einem Vorrang der
Interessen der potentiellen Bieter auszugehen. Denn durch die Sanierung soll
die
Fortführung der centrotherm photovoltaics AG gesichert werden, was auch im
Interesse aller Aktionäre an der Abwendung einer Abwicklung der
Zielgesellschaft
liegt.
Da die Antragsteller im Rahmen der Sanierung durch erhebliche Leistungen zum
Fortbestand der Zielgesellschaft beitragen, kann ihnen nicht zugemutet werden,
den Aktionären der Zielgesellschaft darüber hinaus ein Pflichtangebot zum
Erwerb
aller Aktien zu unterbreiten. Denn ihre Leistungen sollen vorrangig der
Zielgesellschaft und damit mittelbar auch deren Aktionären zugutekommen. Daher
ist die Befreiung nach § 37 Abs. 1 und 2 WpÜG i.V.m, § 9 Satz 1 Nr. 3 WpÜG-AV
grundsätzlich - wenn auch unter Nebenbestimmungen - zu erteilen.
Entgegenstehende Interessen der bisherigen Aktionäre der Zielgesellschaft, die
auch unter Berücksichtigung der bereits in § 9 WpÜG-AV durch den Gesetzgeber
vorweggenommenen Interessenabwagung besonderes Gewicht haben, sind - abgesehen
von dem Interesse, an der Sanierung teilzuhaben - nicht ersichtlich.
Zwar werden die Aktienbeteiligungen der Aktionäre der Zielgesellschaft durch
die
geplanten Kapitalmaßnahmen, also die Kombination aus einem Kapitalschnitt im
Verhältnis 5:1 und einer Sachkapitalerhöhung mit Bezugsrechtsausschluss
zugunsten der Antragstellerin zu 1., nicht unerheblich verwässert und tragen
insofern ebenfalls einen bedeutenden Teil der in der Vergangenheit bei der
Zielgesellschaft aufgelaufenen Verluste mittelbar ebenso mit wie über den
Wertverlust ihres Aktienbesitzes durch die Entwicklung des Börsenkurses. Sobald
die gemeinsamen Sanierungsbemühungen zum Erfolg geführt haben, wofür es nach
dem
von allen Beteiligten, einschließlich einer 99 %-Mehrheit der bisherigen
Aktionäre, beschlossenen Insolvenzplan entscheidend auf die erheblichen
Sanierungsbeiträge der Antragsteller ankommt, werden allerdings auch die
übrigen
Aktionäre der Zielgesellschaft profitieren:
So wird auf einen sog. ,,Kapitalschnitt auf Null', bei dem die Anteilsrechte
der
Altaktionäre vollständig entwertet würden, verzichtet. Der verbleibende
Streubesitz von 20 % erlaubt zugleich die Aufrechterhaltung der Börsennotierung
mit der Folge, dass die außenstehenden Aktionäre bereits während der
Sanierungsphase an etwaigen Wertsteigerungen ihres Aktienbesitzes in Gestalt
von
Dividenden oder günstigeren Veräußerungsmöglichkeiten am Markt partizipieren.
Ohne den Insolvenzplan müssten die Aktionäre schließlich mangels konkreter
Aussicht auf eine Aufhebung des Insolvenzverfahrens mit einem Totalverlust
ihrer
Investition rechnen, zumal nach der Wertung des ESUG-Gesetzgebers im
Insolvenzverfahren regelmäßig von der Wertlosigkeit der Anteile auszugehen ist,
so dass etwa im Austrittsfall eine Entschädigung entfällt (vgl. § 225a Abs. 5
Satz 1 InsO und Begr. RegE ESUG, BT-Drucks. 17/5712, S. 32).
III. Nebenbestimmungen
Rechtsgrundlage für die auflösende Bedingung unter Ziffer 2 dieses Bescheides
ist § 36 Abs. 2 Nr. 2 VwVfG. Die auflösende Bedingung unter Ziffer 2 dieses
Bescheides soll sicherstellen, dass der Insolvenzplan als Kernstück der
entscheidungserheblichen Grundlagen dieses Bescheides, mit dem die Befreiung
der
Antragsteller steht und fällt, nicht wegfällt, ohne dass auch die Möglichkeit
des Eintritts der Befreiungswirkung für diesen Fall automatisch entfiele.
Rechtsgrundlage für den Widerrufsvorbehalt unter Ziffer 3 dieses Bescheides ist
§ 36 Abs. 2 Nr. 3 VwVfG. Der Widerrufsvorbehalt unter Ziffer 3 ist geeignet und
erforderlich, um seitens der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht
den
Befreiungsbescheid für den Fall widerrufen zu können, dass das von den
Antragstellern vorgelegte Sanierungskonzept nicht vollumfänglich bzw. nicht
rechtzeitig umgesetzt wird, insbesondere indem sich die Antragstellerin zu 1.
gar nicht oder nicht im geplanten Umfang an der Sachkapitalerhöhung beteiligt
bzw. ihre dabei übernommene Sacheinlageverpflichtung anschließend nicht oder
nicht im geplanten Umfang erfüllt. Der Widerrufsvorbehalt ist auch
verhältnismäßig im engeren Sinne, da er im Vergleich zu einer auflösenden
Bedingung ein milderes Mittel ist, um gegebenenfalls alternative Finanzierungs-
und Sanierungsbeiträge im Rahmen des Widerrufsverfahrens berücksichtigen oder
die Frist für die Umsetzung der Kapitalmaßnahmen verlängern zu können. Dies
gilt
im Besonderen für den Fall, dass die Durchführung der Sachkapitalerhöhung -
anders als in Ziffer 3.b. dieses Bescheides vorgesehen - nicht bis zum 31.
Oktober 2013 ins Handelsregister eingetragen worden ist. Denn diese Frist
orientiert sich an der prognostizierten Entwicklung des Eigenkapitals, die für
das Jahr 2013 unter Berücksichtigung der Durchführung der Abtretung II einen
Planwert von ca. EUR -41,733 Mio. errechnet und über die Folgejahre 2014 und
2015
bis zur Beseitigung der Überschuldung fortschreibt. Um diesen bilanziellen
Effekt tatsächlich noch im Geschäftsjahr 2013 berücksichtigen zu können,
erscheint es plausibel, als Frist für die Eintragung der Durchführung der
Kapitalerhöhung den 31. Oktober 2013 anzusetzen und davon auszugehen, dass es
der Antragstellerin zu 1. im Anschluss daran möglich sein wird, ihre
Sacheinlageverpflichtung jedenfalls bis Ende Dezember 2013 zu bewirken.
Rechtsgrundlage für die Auflagen unter Ziffer 4 dieses Bescheides ist § 36 Abs.
2 Nr. 4VwVfG. Diese Auflagen sind geeignet und erforderlich, um die Umsetzung
des Sanierungskonzepts nachprüfen zu können.
Ende der Mitteilung euro adhoc
--------------------------------------------------------------------------------
Emittent: Sol Futura Verwaltungsgesellschaft mbH
Syrlinstr. 38
D-89073 Ulm
Branche:
ISIN:
Indizes:
Börsen:
Sprache: Deutsch
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WPÜG-Mitteilung übermittelt durch euro adhoc mit dem Ziel einer europaweiten
Verbreitung. Für den Inhalt ist der Emittent verantwortlich.
--------------------------------------------------------------------------------
Befreiung/Zielgesellschaft: centrotherm photovoltaics AG; Bieter: Sol Futura
Verwaltungsgesellschaft mbH; Herr Rechtsanwalt Tobias Wahl ;
Sol Futura Verwaltungsgesellschaft mbH/
Bieter:
Sol Futura Verwaltungsgesellschaft mbH; Herr Rechtsanwalt Tobias Wahl
Syrlinstraße 38, 89073 Ulm
eingetragen im Handelsregister des Amtsgerichts Ulm unter der Nummer HRB
728638
Zielgesellschaft:
centrotherm photovoltaics AG
Johannes-Schmid-Straße 8, 89143 Blaubeuren
eingetragen im Handelsregister des Amtsgerichts Ulm unter der Nummer HRB 720013
ISIN: DE 000A0JMMN2
Börsenplätze der Zielgesellschaft: Börse Düsseldorf, Hamburger Wertpapierbörse,
Bayerischer Börse, Berliner Wertpapierbörse, Frankfurter Wertpapierbörse,
Baden-Württembergische Wertpapierbörse,
Veröffentlichung des Tenors einschließlich der Nebenbestimmungen und der
wesentlichen Gründe des Bescheids der Bundesanstalt für
Finanzdienstleistungsaufsicht vom 22. Februar 2013 über die Befreiung gemäß §
37
Abs. 1 und Abs. 2 WpÜG i.V.m. § 9 Satz 1 Nr. 3 WpÜG-Angebotsverordnung
(WpÜG-AV)
von den Pflichten nach § 35 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 WpÜG in Bezug auf
die centrotherm photovoltaics AG, Blaubeuren (ISIN DE 000A0JMMN2)
Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht hat mit Bescheid vom 22.
Februar 2013 die Sol Futura Verwaltungsgesellschaft mbH, Ulm, sowie Herrn
Rechtsanwalt Tobias Wahl für den Fall, dass sie infolge der Durchführung der
kombinierten Kapitalherabsetzung und Sachkapitalerhöhung nach Maßgabe des am
29.
Januar 2013 angenommenen Insolvenzplans in Bezug auf die centrotherm
photovoltaics AG, Ulm, gemäß § 35, § 29 Abs. 2, § 30 Abs. 1 WpÜG die Kontrolle
über die centrotherm photovoltaics AG, erlangen, von den Pflichten, nach § 35
Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 WpÜG befreit.
Der Tenor des Bescheids einschließlich der Nebenbestimmungen lautet wie folgt:
1. Die Sol Futura Verwaltungsgesellschaft mbH und Herr Tobias Wahl
werden gemäß § 37 Abs. 1 und 2 WpÜG i.V.m. § 9 Satz 1 Nr. 3 WpÜG-
Angebotsverordnung (WpÜG-AV) für den Fall, dass sie infolge der Durchführung
der
kombinierten Kapitalherabsetzung und Sachkapitalerhöhung nach Maßgabe des am
29.
Januar 2013 angenommenen Insolvenzplans in Bezug auf die centrotherm
photovoltaics AG, Ulm, gemäß § 35, § 29 Abs. 2, § 30 Abs. 1 WpÜG die Kontrolle
über die centrotherm photovoltaics AG, erlangen, von den Pflichten, nach § 35
Abs. 1 Satz 1 WpÜG die Kontrollerlangung über die centrotherm photovoltaics AG
zu veröffentlichen, nach § 35 Abs. 2 Satz 1 WpÜG der Bundesanstalt für
Finanzdienstleistungsaufsicht eine Angebotsunterlage zu übermitteln und nach §
35 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 14 Abs. 2 Satz 1 WpÜG ein Pflichtangebot zu
veröffentlichen, befreit.
2. Dieser Befreiungsbescheid steht unter der auflösenden Bedingung,
dass die Befreiungswirkung entfällt, wenn der Insolvenzplan gemäß Ziffer 1.
dieses Bescheides nicht bis zum 30. September 2013 nach § 253, § 254 Abs. 1
Insolvenzordnung (InsO) rechtskräftig geworden ist.
3. Den Widerruf dieses Befreiungsbescheides nach § 36 Abs. 2 Nr. 3
Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) behalte ich mir für den Fall vor, dass die
Sanierung der centrotherm photovoltaics AG nicht nach Maßgabe der
gesellschaftsrechtlichen Beschlüsse im gestaltenden Teil des Insolvenzplans
(C.IV.) gemäß Ziffer 1. dieses Bescheides durchgeführt wird, insbesondere
(a) die Sol Futura Verwaltungsgesellschaft mbH im Rahmen der
Sachkapitalerhöhung gemäß Ziffer 1. dieses Bescheides nicht innerhalb von zwei
Wochen nach Erteilung des Rechtskraftzeugnisses des Planbestätigungsbeschlusses
16.929.904 neue Aktien der centrotherm photovoltaics AG gezeichnet hat,
oder
(b) die Durchführung der Sachkapitalerhöhung gemäß Ziffer 1. dieses
Bescheides nicht bis zum 31. Oktober 2013 in das Handelsregister eingetragen
wurde,
oder
(c) die Sol Futura Verwaltungsgesellschaft mbH ihre
Sacheinlageverpflichtung nicht innerhalb von zwei Wochen nach Eintragung der
Durchführung der Sachkapitalerhöhung gemäß Ziffer 1. dieses Bescheides nach §
188 Abs. 2 Satz 1, § 36a Abs. 2 AktG mit der Folge erfüllt hat, dass die
einzubringenden abgetretenen Forderungen im Gesamtvolumen von mindestens EUR 70
Mio. nominal an die centrotherm photovoltaics AG abgetreten wurden und
infolgedessen durch Konfusion untergegangen sind.
4. Die Befreiung ergeht unter folgenden Auflagen:
(a) Die Sol Futura Verwaltungsgesellschaft mbH und Herr Tobias Wahl
haben der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht unverzüglich den
Eintritt der Rechtskraft des Insolvenzplans gemäß Ziffer 2. dieses Bescheides
durch Vorlage geeigneter Unterlagen (z.B. Ausfertigung des
Planbestätigungsbeschlusses mit Rechtskraftzeugnis) nachzuweisen.
(b) Die Sol Futura Verwaltungsgesellschaft mbH und Herr Tobias Wahl
haben der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht unverzüglich die
Zeichnung der neuen Aktien der centrotherm photovoltaics AG gemäß Ziffer 3.a.
dieses Bescheides durch die Sol Futura Verwaltungsgesellschaft mbH durch
Vorlage
des Zeichnungsscheins nachzuweisen.
(c) Die Sol Futura Verwaltungsgesellschaft mbH und Herr Tobias Wahl
haben der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht unverzüglich die
Eintragung der Durchführung der Sachkapitalerhöhung gemäß Ziffer 3.b. dieses
Bescheides unter Angabe der von der Sol Futura Verwaltungsgesellschaft mbH
infolgedessen und gegebenenfalls im Übrigen gehaltenen Aktien der centrotherm
photovoltaics AG durch Vorlage geeigneter Unterlagen (z.B.
Handelsregisterauszug, Depotauszüge) nachzuweisen.
(d) Die Sol Futura Verwaltungsgesellschaft mbH und Herr Tobias Wahl
haben der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht unverzüglich die
Erfüllung der Sacheinlageverpflichtung der Sol Futura Verwaltungsgesellschaft
mbH gemäß Ziffer 3.c. dieses Bescheides durch Vorlage geeigneter Unterlagen
(z.B. Abtretungsvertrag, Bestätigung der centrotherm photovoltaics AG oder
eines
Wirtschaftsprüfers) nachzuweisen.
Der Bescheid beruht im Wesentlichen auf den folgenden Gründen:
A.
I. Zielgesellschaft
1. Rechtliche Verhältnisse
Die centrotherm photovoltaics AG (nachfolgend auch die ,,Zielgesellschaft' oder
die ,,Schuldnerin') ist eine Aktiengesellschaft deutschen Rechts mit Sitz in
Blaubeuren, eingetragen im Handelsregister des Amtsgerichts Ulm unter HRB
720013. Das Grundkapital der Zielgesellschaft i.H.v. EUR 21.162.382,00 ist
eingeteilt in 21.162.382 auf den Inhaber lautende Stückaktien mit einem
rechnerischen Anteil am Grundkapital von EUR 1,00 je Aktie. Die Aktien der
Zielgesellschaft sind unter der ISIN DE000A0JMMN2 zum Handel im regulierten
Markt - derzeit noch im Teilbereich mit weiteren Zulassungsfolgepflichten
(Prime
Standard) und ab dem 1. März 2013 im General Standard - an der Frankfurter
Wertpapierbörse zugelassen.
2. Geschäftsmodell
Bei der Zielgesellschaft handelt es sich um die - auch selbst operativ tätige -
Obergesellschaft der centrotherm-Gruppe, eines Technologie- und
Equipmentanbieters der Photovoltaikbranche, der Solarunternehmen mit
Produktionslinien und Einzelanlagen für die Herstellung von Silizium sowie
kristallinen Solarzellen und -modulen ausstattet. Zum Leistungsspektrum
gehörten
im Geschäftsjahr 2011 namentlich das Schlüsselequipment und schlüsselfertige
Produktionslinien für kristalline Solarzellen (Segment ,,Solarzelle & Modul')
und Dünnschicht-Solarzellen (Segment ,,Dünnschichtmodul'), sowie Reaktoren und
Konverter für die Produktion von Solarsilizium (Segment ,,Silizium & Wafer').
3. Ablauf des Insolvenzverfahrens
Am 10. Juli 2012 beantragte die Zielgesellschaft beim Amtsgericht Ulm als
Insolvenzgericht die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen wegen
drohender Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung, verbunden mit Anfragen auf die
Anordnung der Eigenverwaltung und Bestimmung einer dreimonatigen Schutzfrist
gemäß § 270b InsO zur Vorlage eines sanierenden Insolvenzplans.
Für die Zielgesellschaft eröffnete das Insolvenzgericht am 12. Juli 2012
antragsgemäß das Sanierungsverfahren gemäß § 270b InsO (sog.
,,Schutzschirmverfahren'), unter Anordnung der vorläufigen Eigenverwaltung mit
Bestellung eines vorläufigen Sachwalters und Fristsetzung zur Vorlage eines
Insolvenzplans bis zum 12. Oktober 2012.
Am 1. Oktober 2012 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der
Zielgesellschaft unter Bestätigung der Eigenverwaltung als Planverfahren
eröffnet. Als Insolvenzgründe stellte das Insolvenzgericht bei der
Zielgesellschaft Zahlungsunfähigkeit im Sinne des § 17 InsO und Überschuldung
im
Sinne des § 19 InsO fest.
Ihren Eigenantrag vom 10. Juli 2012 hatte die Zielgesellschaft zwar angabegemäß
- neben der Überschuldung - noch auf die lediglich drohende Zahlungsunfähigkeit
im Sinne des § 18 InsO gestützt.
Anschließend hatten jedoch ausweislich des Insolvenzplans mehrere Gläubiger
ihre
Forderungen fällig gestellt, wodurch eine Liquiditätslücke von mehr als 10 %
entstanden sei. Denn in der 30. Kalenderwoche hätten sich bei der
Zielgesellschaft fällige Finanzierungsverbindlichkeiten i.H.v. EUR 57,5 Mio.
und
liquide bzw. kurzfristig liquidierbare Mittel von maximal EUR 49,8 Mio.
gegenübergestanden. Der Eintritt der Zahlungsunfähigkeit im Sinne des § 17 InsO
sei dem Insolvenzgericht gemäß § 270b Abs. 4 Satz 2 InsO mit Schreiben vom 27.
Juli 2012 angezeigt worden.
Zugleich sei die Zielgesellschaft bereits zum Zeitpunkt ihres Eigenantrags
überschuldet gewesen. Denn der Vorstand habe auf der Grundlage der bestehenden
Vereinbarungen mit den finanzierenden Banken keine positive
Fortführungsprognose
treffen können. Nach seiner Einschätzung habe nicht mehr mit hinreichender
Sicherheit angenommen werden können, dass sich die drohende Zahlungsunfähigkeit
mit überwiegender Wahrscheinlichkeit abwenden ließe. Vielmehr habe ohne
Umsetzung der vorgeschlagenen Restrukturierung mit der dafür erforderlichen
Unterstützung der Banken für das laufende und kommende Geschäftsjahr keine
positive Ertrags- und Liquiditätsplanung bestanden. So habe die infolge der
negativen Fortführungsprognose nach Liquidationswerten zu erstellende
Überschuldungsbilanz zum 31. Mai 2012 eine Überschuldung der Zielgesellschaft
i.H.v. ca. EUR 56,8 Mio. aufgewiesen. Bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens
am
1. Oktober 2012 habe sich diese nach Einschätzung des Vorstands durch weitere
Verluste auf ca. EUR 89,8 Mio. erhöht.
Als Sachwalter wurden im insolvenzgerichtlichen Eröffnungsbeschluss Herr
Rechtsanwalt Prof. Dr. Martin Hörmann (Anchor Rechtsanwälte GbR) bestimmt.
Der Insolvenzplan für die Zielgesellschaft (nachfolgend auch der
,,Insolvenzplan') wurde angabegemäß am 12. Oktober 2012 erstmalig als Entwurf
und am 4. und 19. Dezember 2012 jeweils als überarbeitete Fassung beim
Insolvenzgericht eingereicht. Dieser sei als ein wesentlicher Teil eines
Gesamtkonzepts zur Sanierung der centrotherm-Gruppe anzusehen. Nach positiver
Prüfung gemäß § 231 InsO legte das Insolvenzgericht den Insolvenzplan in der
Fassung vom 19. Dezember 2012 mit Verfügung vom 21. Dezember 2012 gemäß § 234
InsO zur Einsicht der Beteiligten nieder. Den Erörterungs- und
Abstimmungstermin
gemäß § 235 InsO bestimmte das Insolvenzgericht mit Beschluss vom 7. Januar
2013
auf den 29. Januar 2013.
In dem Erörterungs- und Abstimmungstermin stimmten die Gläubiger der Gruppe 1
(Ziffer C.II.1. des Insolvenzplans) dem Insolvenzplan in seiner geänderten
Fassung vom 29. Januar 2013 mit einer Mehrheit von gut 95 % der Anspruchssumme
und die Gläubiger der Gruppe 2 (Ziffer C.II.2. des Insolvenzplans) einstimmig
zu. Die Zustimmungsquote der Gruppe der Aktionäre lag bei gut 99 % der
Beteiligungssumme.
4. Sanierungskonzept
Grundlage für das Sanierungskonzept der Zielgesellschaft sind zum einen die
darstellenden und gestaltenden Inhalte des Insolvenzplans (§§ 219-221 InsO) und
zum anderen bestimmte Stellungnahmen der Roland Berger Strategy Consultants
GmbH
(nachfolgend auch ,,Roland Berger'). So hat Roland Berger die centrotherm
photovoltaics AG bei der Erstellung eines ,,Restrukturierungskonzepts der
centrotherm photovoltaics AG' (nachfolgend das ,,Restrukturierungskonzept')
unterstützt sowie unter dem Datum 18. Januar 2013 eine darauf aufbauende
,,Bestätigung der Sanierungsfähigkeit centrotherm photovoltaics AG' vorgelegt,
deren endgültige Fassung als Sanierungsfähigkeitsbescheinigung im Sinne des
§ 270b Abs. 1 Satz 3 InsO gemäß Ziffer C.V.5. des Insolvenzplans als Bedingung
für dessen Bestätigung (§ 249 InsO) der Zielgesellschaft vorzulegen sein wird
(nachfolgend auch die ,,Sanierungsfähigkeitsbescheinigung').
Die Zielgesellschaft geht in der angabegemäß von Roland Berger plausibi-
lisierten Planung auf Einzelbasis nach IFRS für das Jahresergebnis von der
folgenden Entwicklung aus:
· 2013: ca. EUR -24,137 Mio.
· 2014: ca. EUR 21,945 Mio.
· 2015: ca. EUR 22,913 Mio.
Das EBITDA werde sich nach der Planung der Zielgesellschaft wie folgt
entwickeln:
· 2013: ca. EUR -17,579 Mio.
· 2014: ca. EUR 37,391 Mio.
· 2015: ca. EUR 37,583 Mio.
5. Regelungen des Insolvenzplans
Die nachfolgend darzustellenden, wesentlichen Regelungen des Insolvenzplans
betreffen insbesondere die Gläubiger sämtlicher nicht nachrangigen,
ungesicherten Insolvenzforderungen gemäß § 38 InsO (Gruppe 1 gemäß Ziffer
?.II.1. und Anlage 9 des Insolvenzplans), mit Ausnahme des Pensions-Sicherungs-
Vereins aG, aber einschließlich der Absonderungsberechtigten, soweit sie
ausfallen (nachfolgend auch die ,,Gruppe 1-Gläubiger' und ihre Forderungen die
,,Gruppe 1-Forderungen').
Für den Pensions-Sicherungs-Verein aG (Gruppe 2 gemäß Ziffer ?.II.2. des
Insolvenzplans), soweit Ansprüche und Anwartschaften aus betrieblicher
Altersversorgung auf ihn übergegangen sind, ist vorgesehen, dass die
Zielgesellschaft mit Rechtskraft des Insolvenzplans mit Rückwirkung zum
Stichtag
der Insolvenzeröffnung die Fortführung der betrieblichen Altersversorgung
übernimmt. Soweit der Pensions-Sicherungs-Verein aG dadurch frei wird,
verzichtet er auf seine Forderungen.
Die Aktionäre (Gruppe 3 gemäß Ziffer C.II.3. des Insolvenzplans) stimmen den im
Insolvenzplan enthaltenen Kapitalmaßnahmen zu.
a) ,,Mindestquote' und Stundung i.H.v. 30 % der Gruppe
1-Forderungen
Der Insolvenzplan sieht vor, dass die Gruppe 1-Gläubiger auf ihre Forderungen
eine Mindestquote i.H.v. 30 % erhalten (Ziffern A.II.5.2. und B.IV.6.1. des
Insolvenzplans), ihre Teilforderungen insoweit also behalten, jedoch
unverzinslich bis zum Ablauf des 31. Dezember 2015 stunden (Ziffer C.III.1. des
Insolvenzplans; die Gesamtregelung nachfolgend auch die ,,Mindestquote' oder
die
,,Stundung').
b) Abtretung der übrigen 70 % der Gruppe 1-Forderungen
Um die Zielgesellschaft über den vorgenannten Liquiditätseffekt der Stundung
hinaus zu entschulden, sollen die übrigen 70 % der Gruppe 1-Forderungen an die
Antragstellerin zu 1. als unabhängige und weisungsfreie Verwaltungsgesellschaft
abgetreten werden, mit dem Ziel, von dieser anschließend in die
Zielgesellschaft
ein- und damit zum Erlöschen gebracht zu werden, wodurch die Antragstellerin zu
1. Aktionärin der Zielgesellschaft und diese maßgeblich entschuldet werde
(Ziffern A.II.5.2. und B.IV.6.2. des Insolvenzplans).
Hierzu treten die Gruppe 1-Gläubiger die nicht gestundeten 70 % ihrer
Forderungen kraft gestaltender Wirkung des Insolvenzplans gemäß § 221, § 254a
Abs. 1 InsO an die Antragstellerin zu 1. ab. Dabei wird der Übergang von
Rechten
gemäß § 401 BGB ausgeschlossen. Die Antragstellerin zu 1. erklärt mit ihrer als
Anlage 3 dem Insolvenzplan beigefügten Verpflichtungserklärung im Sinne des §
230 Abs. 3 InsO (nachfolgend die ,,Verpflichtungserklärung') die Annahme dieser
Abtretung (Ziffer C.III.1. des Insolvenzplans; die Gesamtregelung nachfolgend
auch die ,,Abtretung I').
c) Eckpunkte der Kapitalmaßnahmen
Die Einbringung der von der Abtretung I betroffenen Insolvenzforderungen soll
im
Rahmen einer kombinierten Kapitalherabsetzung und Sachkapitalerhöhung erfolgen,
deren Eckpunkte wie folgt zusammengefasst werden können:
Im ersten Schritt wird das Grundkapital der Zielgesellschaft von derzeit
EUR 21.162.382,00, eingeteilt in 21.162.382 auf den Inhaber lautende
Stückaktien,
nach der Einziehung von zwei unentgeltlich zur Verfügung gestellten Aktien
durch
Zusammenlegung der verbleibenden 21.162.380 Aktien im Verhältnis von 5:1 im
Wege
der vereinfachten Kapitalherabsetzung gemäß §§ 229 ff. AktG um EUR
16.929.904,00
auf EUR 4.232.476,00 herabgesetzt (nachfolgend die ,,Kapitalherabsetzung').
Im zweiten Schritt wird das Grundkapital unmittelbar danach im Wege einer
Sachkapitalerhöhung gemäß §§ 183 ff. AktG wieder um EUR 16.929.904,00 auf
EUR 21,162.380,00 erhöht. Dabei wird das gesetzliche Bezugsrecht der
Altaktionäre
gemäß § 183 Abs. 3 AktG ausgeschlossen. Zur Zeichnung und Übernahme aller neuen
Aktien, entsprechend einem Anteil von 80 % am (wieder) erhöhten Grundkapital
(nachfolgend auch die ,,Neuen Aktien'), zum geringsten Ausgabebetrag von EUR
1,00
je Stückaktie wird ausschließlich die Antragstellerin zu 1. zugelassen. Die
Antragstellerin zu 1. erbringt ihre Sacheinlage, indem sie sich verpflichtet,
alle Forderungen, die ihr im Zeitpunkt der Rechtskraft dieses Insolvenzplans
aufgrund der Abtretung von 70 % der rechtskräftig und unbedingt sowie ohne
Beschränkungen für den Ausfall festgestellten Insolvenzforderungen zustehen, an
die Zielgesellschaft abzutreten. Soweit der Einbringungswert dieser Forderungen
den Gesamtausgabebetrag der neuen Aktien übersteigt, ist die Differenz in die
Kapitalrücklage der Zielgesellschaft einzustellen (nachfolgend die
,,Sachkapitalerhöhung' oder die ,,Einbringung'; zusammen mit der
Kapitalherabsetzung die ,,Kapitalmaßnahmen').
Hierzu verpflichtet sich die Antragstellerin zu 1. in der
Verpflichtungserklärung für den Fall der rechtskräftigen Bestätigung des
Insolvenzplans,
· die Abtretungen durch die Gruppe 1-Gläubiger anzunehmen,
· die abgetretenen Forderungen ihrerseits im Rahmen der
Sachkapitalerhöhung an die Gesellschaft abzutreten (nachfolgend die ,,Abtretung
II'), und
· den entsprechenden Zeichnungsschein zu unterzeichnen und die
Neuen Aktien zu übernehmen.
Im Hinblick auf die Abtretung II verpflichtet sich die Antragstellerin zu 1.
gemäß § 36a Abs. 2 AktG im Zeichnungsschein (Teil der Anlage 3 zum
Insolvenzplan), die erforderlichen Abtretungserklärungen unverzüglich nach
Zugang einer Mitteilung der Zielgesellschaft, dass die Durchführung der
Sachkapitalerhöhung ins Handelsregister eingetragen wurde, abzugeben.
Für den Fall der Durchführung der Kapitalmaßnahmen wird die Antragstellerin zu
1. somit alle Neuen Aktien und damit 80 % des dann (wieder) erhöhten
Grundkapitals der Zielgesellschaft halten, während 20 % der derzeit bestehenden
und zum Handel im regulierten Markt an der Frankfurter Wertpapierbörse
zugelassen Aktien der Zielgesellschaft bei den Altaktionären verbleiben.
Der Nominalwert der im Rahmen der Sachkapitalerhöhung einzubringenden
Forderungen belaufe sich nach gegenwärtigen Schätzungen auf insgesamt
mindestens
EUR 70 Mio. Für die Zwecke der Sacheinlagenprüfung gemäß § 183 Abs. 3, § 33
AktG
soll Herr Wirtschaftsprüfer Niclas Rauscher, BDO AG
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, Stuttgart als gerichtlich bestellter Prüfer
bestätigen, dass ihr Wert als Sacheinlage den geringsten Ausgabebetrag der
dafür
zu gewährenden Neuen Aktien erreicht (Planbedingung gemäß Ziffer C.V.7. des
Insolvenzplans).
Als bilanziellen Effekt der Kapitalmaßnahmen erwartet die Zielgesellschaft in
der angabegemäß von Roland Berger plausibilisierten Planung auf Einzelbasis
nach
IFRS (unter Vorwegnahme der Abtretung II zum 31. Dezember 2012) daher
· einen Rückgang der langfristigen Verbindlichkeiten von ca.
EUR 130,338 Mio. zum 1. Oktober 2012 auf ca. EUR 64,351 Mio. im vierten Quartal
2012,
· bei zeitgleicher Verringerung des negativen Eigenkapitals von
ca. EUR -89,821 Mio. auf ca. EUR -17,596 Mio.
d) Verwaltung, Verwertung und Erlösverteilung
Die Antragstellerin zu 1. verpflichtete sich gegenüber der Zielgesellschaft im
Wege eines als ,,Vertrag betreffend die Verwaltung und Verwertung von Aktien'
überschriebenen Vertrages zugunsten Dritter vom 24. Januar 2013 (Anlage 5 zum
Insolvenzplan; hier nachfolgend der ,,Verwaltungsvertrag'), die Neuen Aktien
sowie etwaige nicht von der Einbringung erfasste Gruppe 1-Forderungen
(nachfolgend auch das ,,Verwaltungsvermögen') zu verwalten, bestmöglich zu
verwerten und die Gläubiger aus dem Erlös dieser Verwertung zu befriedigen.
Nach den Regelungen des Verwaltungsvertrages verwaltet die Antragstellerin zu
1.
das Verwaltungsvermögen im eigenen Namen und frei von jeglichen Weisungsrechten
der Zielgesellschaft, der Gruppe 1-Gläubiger, der Gläubiger der
AGB-Pfandrechte,
bestimmter Gläubiger der ctts (nachfolgend die ,,Begünstigten Gläubiger') sowie
des Gläubigerausschusses der Zielgesellschaft. Dies gilt insbesondere für die
Ausübung von Stimmrechten und die Wahrnehmung sonstiger Aktionärsrechte aus den
Neuen Aktien.
Die Antragstellerin zu 1. ist verpflichtet, das Verwaltungsvermögen spätestens
bis zum 31. Dezember 2015 vollständig bestmöglich zu verwerten. Die Neuen
Aktien
sind nicht vor dem 30. Juni 2013 und vor dem 30. Juni 2015 nur dann zu
verwerten, wenn der Gläubigerausschuss der Verwertung mit einer qualifizierten
Mehrheit von 75 % aller seiner Mitglieder zugestimmt hat. Besteht nach
Einschätzung der Antragstellerin zu 1. die Aussicht, dass bei einer Verwertung
nach dem 31. Dezember 2015 ein höherer Erlös erzielt werden kann, ist die
Antragstellerin zu 1. mit Zustimmung des Gläubigerausschusses, die einer
qualifizierten Mehrheit von 75 % aller Mitglieder bedarf, berechtigt, den
Verwertungszeitraum bis längstens 31. Dezember 2017 zu verlängern (Ziffern
A.II.5.3. und B.IV.6.3. des Insolvenzplans). In diesem Fall verlängert sich
auch
die Stundung der Gruppe 1-Forderungen bis zum Ablauf des verlängerten
Verwertungszeitraums (Ziffer C.III.1. des Insolvenzplans).
Die Verwertung kann in einem oder mehreren Schritten durch einen Paketverkauf
an
einen oder mehrere Investoren, durch Privatplatzierungen bei institutionellen
Investoren, durch ein öffentliches Angebot, durch einen Verkauf der Neuen
Aktien
an der Börse oder auf anderem Wege erfolgen. Zur bestmöglichen Verwertung hat
die Verwaltungsgesellschaft einen strukturierten Verkaufsprozess, ggf. auch im
Wege eines sog. Dual-Track-Verfahrens mit Unterstützung einer Investmentbank
oder eines M&A-Beraters durchzuführen.
Die Antragstellerin zu 1. erhält für ihre Tätigkeit eine ausschließlich aus dem
Verwertungserlös zu zahlende und an dessen Höhe zu bemessende Vergütung.
Aus dem Verwertungserlös, der etwaige Dividendenzahlungen der Zielgesellschaft
auf die Neuen Aktien einschließt, sind nach Zahlung der Auslagen der
Antragstellerin zu 1., der Verwertungskosten, der Steuern und sowie der
Vergütungsansprüche der Antragstellerin zu 1. insbesondere die Forderungen der
Gläubiger in einer festgelegten Reihenfolge zu begleichen.
e) Planbedingungen und Laufzeit des Insolvenzplans
Die Bestätigung des Insolvenzplans setzt nach dessen Ziffer CV. die Erfüllung
bestimmter Bedingungen gemäß § 249 Satz 1 InsO (nachfolgend die
,,Planbedingungen') voraus. Von diesen lagen nach Angaben der Antragsteller die
verbindlichen Auskünfte der Finanzverwaltung (Planbedingungen 1. und 2.)
allerdings inzwischen vollständig und die Gewerbesteuerverzichte der
zuständigen
Gemeinden (Planbedingung 3.) überwiegend vor. Die Entwürfe für den Abschluss
von
Vereinbarungen betreffend AGB-Pfandrechte gemäß Planbedingung 4. seien ,,nahezu
final'. Die für die Zwecke der Erfüllung der Planbedingung 5. von Roland Berger
erstellte Sanierungsfähigkeitsbescheinigung liegt vor. Die Befreiung vom
Pflichtangebot gemäß Planbedingung 6. wird mit diesem Bescheid erteilt. Zum
Sachkapitalerhöhungsprüfer gemäß Planbedingung 7. bestellte das Amtsgericht Ulm
mit Beschluss vom 23. Januar 2013 Herrn Wirtschaftsprüfer Niclas Rauscher, BDO
AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, Stuttgart. Die Erklärung des
Gläubigerausschusses gemäß Planbedingung 8. sei eine ,,reine Formsache'. Die am
29. Januar 2013 mit der Familie Hartung abgeschlossenen Verträge galten als
Vereinbarungen gemäß Planbedingung 9.
Der Insolvenzpan ist nach seiner Ziffer B.IV.7.11. - vorbehaltlich etwaiger
Fristverlängerungen - gescheitert, wenn
· die Planbedingungen nicht bis zum 30. Juni 2013 eingetreten
sind, es sei denn, es wurde zuvor wirksam auf sie verzichtet; oder
· das Rechtskraftzeugnis des Planbestätigungsbeschlusses nicht
bis
zum 30. September 2013 erteilt worden ist.
f) Feststellungen der Sanierungsfähigkeitsbescheinigung
In der Sanierungsfähigkeitsbescheinigung bestätigt Roland Berger, dass die
Zielgesellschaft sanierungsfähig ist. Als Voraussetzungen für eine erfolgreiche
Sanierung der Zielgesellschaft nennt Roland Berger dabei unter anderem
· die Zustimmung der Gläubiger zum Insolvenzplan am
29. Januar 2013, die Bestätigung des Insolvenzplans durch das Insolvenzrecht
bis
möglichst 28. Februar 2013, und die gesamthafte Umsetzung der im Insolvenzplan
enthaltenen Maßnahmen einschließlich der Abtretung II;
· die konsequente Umsetzung der im Restrukturierungskonzept
enthaltenen strategischen, strukturellen und operativen Maßnahmen, der in der
Business Planung enthaltenen Kostensenkungsmaßnahmen gemäß Zeitplanung, und der
weiteren Ergebnisverbesserungsmaßnahmen; sowie
· die Sicherstellung des Finanzierungsrahmens entsprechend den
Voraussetzungen des Sanierungskonzepts.
II. Antragsteller
Die Antragstellerin zu 1. ist eine mit Gesellschaftsvertrag vom 22. August 2012
neu gegründete und am 7. September 2012 ins Handelsregister des Amtsgerichts
München unter HRB 728638 eingetragene Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit
Sitz in Ulm, die über ein Stammkapital i.H.v. EUR 25.000 verfügt und bislang
angabegemäß keinen Geschäftsbetrieb ausgeübt hat. Vielmehr sei sie allein für
die Zwecke der antragsgegenständlichen Verwaltung und Verwertung der Neuen
Aktien erworben worden. Einziger Gegenstand des Unternehmens der
Antragstellerin
zu 1. ist die Verwaltung von Vermögen und Beteiligung an anderen Unternehmen.
Zum Zeitpunkt der Antragsteilung hält die Antragstellerin zu 1. keine Aktien
der
Zielgesellschaft.
Sämtliche Geschäftsanteile der Antragstellerin zu 1. werden vom Antragsteller
zu
2. gehalten, der zugleich ihr alleiniger und einzelvertretungsbefugter
Geschäftsführer ist.
III. Anträge
Mit Schreiben vom 11. Januar 2013 (eingegangen im Original an diesem Tag) haben
die Antragsteller beantragt, im Hinblick auf die beabsichtigte Erlangung der
Kontrolle über die centrotherm photovoltaics AG jeweils gemäß § 37 Abs. 1 und
Abs. 2 WpÜG i.V.m. § 9 Satz 1 Nr. 3 WpÜG-AV von den Pflichten aus § 35 WpÜG
befreit zu werden.
B.
Den Anträgen war stattzugeben.
I. Zulässigkeit
Die Anträge sind zulässig.
1. Antragsfrist
Die Anträge sind gemäß § 8 Satz 2 WpÜG-AV bereits vor der Erlangung der
Kontrolle über die centrotherm photovoltaics AG zulässig. Die Erlangung der
Kontrolle durch die Antragsteller ist nach deren Vortrag absehbar und
wahrscheinlich.
Denn die zur Kontrollerlangung führenden Kapitalmaßnahmen sind bereits als
gesellschaftsrechtliche Beschlüsse im Sinne des § 254a Abs. 2 InsO im
gestaltenden Teil des Insolvenzplans (§ 221 InsO, Ziffer C.IV. des
Insolvenzplans) enthalten und gelten mit dessen Rechtskraft als ordnungsgemäß
gefasst. Nach der am 29. Januar 2013 erfolgten Annahme des Insolvenzplans gemäß
§§ 235 ff. InsO hängt die Entstehung und Übernahme der antragsgegenständlichen
Aktien durch die Antragstellerin zu 1. (mit der Folge der Stimmrechtszurechnung
zum Antragsteller zu 2.) nur noch von (i) dem Eintritt der Planbedingungen,
(ii)
der Planbestätigung gemäß § 248 InsO, (iii) dem Eintritt der Rechtskraft gemäß
§
253, § 254 Abs. 1 InsO sowie (iv) der Eintragung der Kapitalmaßnahmen in das
Handelsregister des Amtsgerichts Ulm ab.
Als eine der Planbedingungen ist die Erteilung der antragsgegenständlichen
Befreiung auch eine notwendige Voraussetzung für die Ausgabe der Neuen Aktien
und begründet daher schon für sich genommen das Interesse der Antragsteller an
einer Sachbescheidung vor Kontrollerlangung. Der Eintritt der übrigen
Voraussetzungen liegt nicht im Einflussbereich der Antragsteller und ist nach
derzeitigem Sachstand überdies zu erwarten.
2. Einheitliche Entscheidung
Die Anträge können in einem einheitlichen Verfahren beschieden werden. Denn
beiden Anträgen liegt ein einheitlicher Lebenssachverhalt zugrunde, wovon
grundsätzlich auszugehen ist, wenn das unmittelbar Kontrolle erlangende
Unternehmen und ein weiterer Antragsteller in einem Mutter-Tochter-Verhältnis
stehen, so dass die Stimmrechte aus den unmittelbar gehaltenen Aktien gemäß §
30
Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Satz 3 WpÜG zuzurechnen sind.
II. Begründetheit
Die Anträge sind auch begründet. Die Antragsteller sind nach Abwägung ihrer
Interessen mit den Interessen der außenstehenden Aktionäre der centrotherm
photovoltaics AG gemäß § 37 Abs. 1 und 2 WpÜG i.V.m. § 9 Satz 1 Nr. 3 WpÜG-AV
im
Hinblick auf die beabsichtigte und zum Teil bereits umgesetzte Sanierung der
centrotherm photovoltaics AG von den Pflichten aus § 35 Abs. 1 und 2 WpÜG zu
befreien.
1. Kontrollerlangung
Die Antragsteiler werden mit der Durchführung der geplanten
Sachkapitalerhöhung,
mithin deren konstitutiver Eintragung ins Handelsregister des Amtsgerichts Ulm,
die Kontrolle im Sinne des § 29 Abs. 2 WpÜG über die Zielgesellschaft erlangen.
Derzeit halten die Antragsteller keine Aktien der Zielgesellschaft.
Die zur Kontrollerlangung führenden Kapitalmaßnahmen (Kapitalherabsetzung
verbunden mit einer Sachkapitalerhöhung) sind als gesellschaftsrechtliche
Beschlüsse im Sinne des § 254a Abs. 2 InsO in dem gestaltenden Teil des
Insolvenzplans (§ 221 InsO, Ziffer C.IV. des Insolvenzplans) enthalten und
werden mit dessen Rechtskraft als ordnungsgemäß gefasst gelten (Begr. RegE
ESUG,
BT-Drucks 17/5712, S. 18, 37).
Mit Wirksamwerden der Sachkapitalerhöhung gemäß § 189 AktG werden die
Stimmrechte aus den 16.929.904 Neuen Aktien unmittelbar bei der Antragstellerin
zu 1. als deren Erstzeichner entstehen (vgl. Emittentenleitfaden der BaFin,
Stand 28. April 2009, Ziffer VIII.2.3.4.1.1.). Damit werden der Antragstellerin
zu 1. ab diesem Zeitpunkt 80 % des nach der vorangegangenen Kapitalherabsetzung
wieder auf EUR 21.162.380,00 erhöhten Grundkapitals, mithin auch 80 % der
Stimmrechte an der Zielgesellschaft, unmittelbar zustehen. Da die
Antragstellerin zu 1. gemäß § 2 Abs. 6 WpÜG i.V.m. § 290 Abs. 2 Nr. 1 HGB als
Tochterunternehmen ihres Alleingesellschafters, des Antragstellers zu 2. gilt,
werden die vorgenannten Stimmrechte ab diesem Zeitpunkt dem Antragsteller zu 2.
gemäß § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 WpÜG zugerechnet.
2. Sanierungsbedürftigkeit
Die Zielgesellschaft ist ein Sanierungsfall, nachdem über ihr Vermögen am
1. Oktober 2012 aufgrund von Zahlungsunfähigkeit im Sinne des § 17 InsO und
Überschuldung im Sinne des § 19 InsO das Insolvenzverfahren eröffnet wurde.
Zwar ist von einer Krisensituation im Sinne des WpÜG nicht erst dann
auszugehen,
wenn die Eröffnung des Insolvenzverfahrens gemäß § 13 InsO beantragt oder gar
vom Insolvenzgericht beschlossen wurde. Auch der Eintritt eines
Insolvenzgrundes
ist keine zwingende Voraussetzung der Sanierungsbedürftigkeit, die vielmehr
bereits bei Vorliegen bestandsgefährdender Risiken im Sinne von § 322 Abs. 2
Satz 3 HGB zu bejahen ist (Strunk/Linke, in: Veil/Drinkuth, Reformbedarf im
Übernahmerecht, 2005, S. 3, 37; Strunk/Salomon/Holst, in: Veil, Übernahmerecht
in Praxis und Wissenschaft, 2009, S. 1, 35). Haben sich solche Risiken aber
sogar bereits als Insolvenz materialisiert, steht der Sanierungsfall jedenfalls
außer Frage.
3. Sanierungsfähigkeit
Das Sanierungskonzept der Antragsteller in Form des Insolvenzplans ist
geeignet,
die Insolvenz einschließlich der ihr zugrundeliegenden bestandsgefährdenden
Risiken zu beseitigen und so die Sanierung der centrotherm photovoltaics AG zu
gewährleisten.
Diese Einschätzung wird erstens durch die Eröffnung des Schutzschirmverfahrens
gemäß § 270b InsO indiziert, welches die Anordnung der (vorläufigen)
Eigenverwaltung gemäß § 270 InsO unter Gewährung der dreimonatigen Schutzfrist
zur Vorlage eines Insolvenzplans nur für den Fall zulässt, dass die angestrebte
Sanierung nicht offensichtlich aussichtslos ist (§ 270b Abs. 1 Satz 1 InsO).
Stellt sich die Aussichtslosigkeit während der Schutzfrist ein, hebt das
Gericht
seine Anordnung gemäß § 270b Abs. 4 Satz 1 Nr. InsO auf.
Zweitens weist das Insolvenzgericht einen ihm vorgelegten Insolvenzplan gemäß §
231 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 InsO von Amts wegen zurück, wenn dieser offensichtlich
keine Aussicht auf Annahme durch die Beteiligten oder auf Bestätigung durch das
Gericht hat. Dies war vorliegend nicht der Fall. Denn das Insolvenzgericht
legte
den Insolvenzplan nach entsprechender Prüfung gemäß § 234 InsO zur Einsicht der
Beteiligten nieder und bestimmte einen Erörterungs- und Abstimmungstermin gemäß
§ 234 InsO.
Drittens stimmten die Beteiligten dem Insolvenzplan in dem vorgenannten Termin
am 29. Januar 2013 mit Mehrheiten von 95 % bis 100 % zu.
Viertens hängt die Bestätigung des Insolvenzplans gemäß § 248 InsO nach dessen
Ziffer C.V.5. als Planbedingung im Sinne des § 249 InsO davon ab, dass durch
Roland Berger (oder eine andere geeignete Person) eine
Sanierungsfähigkeitsbestätigung im Sinne des § 270 b Abs. 1 S. 3 InsO vorgelegt
wird, die den Mindestanforderungen der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs
zur
Sanierungsfähigkeit von Unternehmen genügt und bestätigt, dass die
Zielgesellschaft nach Wirksamwerden des Insolvenzplans sanierungsfähig ist.
Damit ist formell sichergestellt, dass die nach diesem Bescheid auf die
Rechtskraft des Insolvenzplans und die Kontrollerlangung durch die
Antragsteller
bedingte Befreiungsentscheidung nur auf der Grundlage einer solchen
Bescheinigung Wirksamkeit erlangt. Materiell wird die Sanierungsfähigkeit
bereits durch die inhaltlichen Feststellungen der von Roland Berger inzwischen
vorgelegten, endgültigen Fassung der Sanierungsfähigkeitsbescheinigung vom 18.
Januar 2013 bestätigt.
Bei alledem sind an die Feststellung der Erfolgsaussichten des
Sanierungskonzepts keine zu hohen Anforderungen zu stellen. Zum einen ist zu
berücksichtigen, dass es sich bei dieser Feststellung um eine Prognose des
Geschehensablaufs auf Basis der bisher ermittelten Daten handelt. Zum anderen
kann zwecks Feststellung der Erfolgsaussichten nur die Plausibilität der
Sanierungsmaßnahmen geprüft werden. Eine Prüfung, die berücksichtigt, ob ein
anderes Konzept bessere Erfolge erzielen kann, wird vom Gesetzgeber nicht
verlangt. Im Ergebnis kommt es darauf an, ob das Sanierungskonzept
grundsätzlich
geeignet ist, den Sanierungsfall zu beseitigen, nicht aber, ob dies auch mit an
Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist.
Auch perspektivisch kann die operative Sanierung der Zielgesellschaft gelingen,
da die zukunftsgerichteten Planungen der Zielgesellschaft im Hinblick auf den
Insolvenzplan und die Sanierungsfähigkeitsbescheingung von Roland Berger
plausibel erscheinen.
4. Sanierungsbeiträge
Unter dem Sanierungskonzept nach Maßgabe des Insolvenzplans sind die
Antragsteller bereit, erhebliche Sanierungsbeiträge zu erbringen, die der zu
sanierenden centrotherm photovoltaics AG unmittelbar zufließen.
Als unmittelbare Leistung im Rahmen der geplanten Sachkapitalerhöhung bei der
Zielgesellschaft um EUR 16.929.904,00 erbringt die Antragstellerin zu 1. eine
Sacheinlage für die ausschließlich von ihr zu beziehenden 16.929.904 neuen
Aktien der Zielgesellschaft.
Hierzu verpflichtet sie sich, alle Forderungen, die ihr zum Zeitpunkt der
Rechtskrafts des Insolvenzplans aufgrund der Abtretung von 70 % der
rechtskräftig und unbedingt sowie ohne Beschränkung für den Ausfall
festgestellten Insolvenzforderungen zustehen, an die Zielgesellschaft
abzutreten. Diese Abtretung der gegen die Zielgesellschaft gerichteten
Forderungen an diese selbst hat zur Folge, dass sich die Gläubiger- und
Schuldnerstellung vereinigen, was zum Untergang der Forderungen durch Konfusion
führt (vgl. Servatius, in: Spindler/Stilz, AktG, 2. Aufl. 2010, § 183 Rn. 12;
Fetzer, in: Münchener Kommentar zum BGB, 6. Aufl. 2012, Vorb. Abschnitt 4. Rn.
4). Soweit der Einbringungswert dieser Forderungen den Gesamtausgabebetrag der
neuen Aktien übersteigt, wird die Differenz gemäß § 272 Abs. 2 HGB in die
Kapitalrücklage der Zielgesellschaft eingestellt. In jedem Falle aber wird die
Zielgesellschaft in Höhe des vollen Nominalwerts der an sie abgetretenen
Forderungen bilanziell entschuldet, indem sich ihr Fremdkapitalanteil in
entsprechender Höhe verringert und ihr Eigenkapitalanteil im gleichen Umfang
steigt. Erwirbt die Antragstellerin zu 1. nach der Durchführung der
Kapitalerhöhung weitere Forderungen - weil diese zwar von den
Insolvenzgläubigern der Gruppe 1 gehalten und damit abgetreten, jedoch erst
nachträglich festgestellt werden - wird sie auch diese Forderungen nach Maßgabe
des Insolvenzplans in die Kapitalrücklage der Zielgesellschaft einlegen, um
einen weiteren Entschuldungseffekt herbeizuführen, oder aber im Interesse der
Gläubiger bestmöglich verwerten. Die damit verbundene, maßgebliche Entschuldung
und Rekapitalisierung der Zielgesellschaft ist jedenfalls in Kombination mit
den
weiteren bereits durchgeführten, eingeleiteten und beabsichtigten
Sanierungsmaßnahmen auch notwendig und geeignet, die finanzielle Lage der
Zielgesellschaft nachhaltig zu verbessern und ihren Fortbestand zu sichern.
Der Würdigung dieser geldwerten und erheblichen Leistung als Sanierungsbeitrag
der Antragstellerin zu 1. steht nicht entgegen, dass der Antragstellerin zu 1.
bei der Erfüllung ihrer Sacheinlageverpflichtung die vorangehende
Forderungsabtretung der Insolvenzgläubiger zugutekommt. Denn im gleichen
Umfang,
in dem sich die Antragstellerin zu 1. den wirtschaftlichen Beitrag der
Gläubiger
zunutze macht, schuldet sie ihnen im Gegenzug auch die Herausgabe etwaiger
Verwertungserlöse nach einem im Rahmen des Insolvenzplans zwischen sämtlichen
Gläubigern abgestimmten Erlösverteilungsmodell und erwirbt von vornherein eine
durch das Sanierungskonzept zweckgebundene Kontrollposition auf Zeit. An dieser
Rolle als Verwalter der übernommenen Beteiligung an der Zielgesellschaft ist
dann aber auch ihre ,,Bereitschaft zur Beteiligung an den Sanierungsbemühungen'
zu messen, die nach dem Willen des Gesetzgebers für eine Sanierungsbefreiung zu
fordern ist (vgl. Begr. RegE WpÜG, BT-Drucks. 14/7034, S. 81). Konkreter
Beurteilungsmaßstab ist dabei nach der Verwaltungspraxis der Bundesanstalt für
Finanzdienstleistungsaufsicht die Frage, ob der Antragsteller einen
angemessenen, maßgeblichen und unverzichtbaren Beitrag zur Verwirklichung des
Sanierungskonzepts und damit zum Fortbestand der Zielgesellschaft erbringt
(Strunk/Linke, in: Veil/Drinkuth, Reformbedarf im Übernahmerecht, 2005, S. 3,
41). Sie ist im vorliegenden Fall aus mehreren Gründen zu bejahen:
Erstens ist die Bündelung sämtlicher nicht nachrangigen und ungesicherten
Forderungen ein unverzichtbarer Bestandteil des Insolvenzplans, ohne den weder
der für den Sanierungserfolg essentielle Entschuldungsgrad noch der zugunsten
der Gläubiger bezifferte Mehrerlös erzielt werden konnten. Die Bündelung ist
wiederum nicht ohne die Bereitschaft der Antragstellerin zu 1. denkbar, die
Stellung als Aktionärin der Zielgesellschaft zu übernehmen. Denn von der
gesamten Gläubigergruppe kann eine solche unternehmerische Beteiligung selbst
dann nicht erwartet werden, wenn die Betroffenen - insbesondere in Ermangelung
(noch) werthaltiger und verwertbarer Sicherheiten - durchaus sanierungwillig
sind, weil das Fortführungs- und Verwertungsmodell einen höheren Erlös
verspricht als die in der Regelinsolvenz zu erwartende Quote. Vielmehr werden
sie - teils aufgrund (interner) rechtlicher Vorgaben, teils aus
Zweckmäßigkeitserwägungen heraus - nicht in der Lage oder nicht Willens sein,
die Verwaltungs- und Verwertungsverantwortung persönlich zu übernehmen. Diesem
Umstand trägt auch die InsO in der Fassung des ESUG Rechnung, indem sie für
eine
Umwandlung einer Insolvenzforderung in Eigenkapital, bei der der betroffene
Gläubiger Anteilsinhaber am Schuldner wird, dessen individuelle Zustimmung
fordert (§ 225a Abs. 2 Satz 2 InsO, vgl. auch Begr. RegE ESUG, BT-Drucks. 17/
5712, S. 31). Nach dieser gesetzgeberischen Wertung erbringt die
Antragstellerin
zu 1. also bereits mit der Übernahme der Gesellschafterposition ein als
gewichtig einzustufendes ,,Opfer'. Zugleich dient dieses ,,Opfer' letztlich der
Unterstützung des Verwertungsanliegens der Gläubiger, die bei materieller
Betrachtung die Chancen und Risiken des Sanierungskonzepts tragen und ohne das
im Insolvenzplan gewählte Verfahren aus den vorgenannten Gründen jedenfalls
nicht in einem vergleichbar erheblichen Umfang zur Sanierung der
Zielgesellschaft beigetragen hätten. In diesem besonderen Fall ist es daher
gerechtfertigt, den finanziellen Verzicht der Gläubiger in Form der teilweisen
Abtretung ihrer Forderungen in Kombination mit deren Stundung im Übrigen
vollumfänglich als Sanierungsbeitrag der Antragstellerin zu 1. zu würdigen und
ihr insoweit anzurechnen.
Hinzu kommt, dass erst die Konzentration der Vermögenswerte in einer Hand einen
koordinierten Verwertungsprozess und damit eine optimale Befriedigung der
Gläubiger ermöglicht. Andernfalls drohten wahrend der Sanierungsphase
unkontrollierte Veräußerungen der Neuen Aktien, die sich jedenfalls für die
Gesamtheit der Gläubiger als weniger profitabel erweisen und zudem einen nicht
unerheblichen Druck auf den Börsenkurs der Aktien der Zielgesellschaft erzeugen
könnten. Darüber hinaus dient diese Vorgehensweise auch der technischen
Vereinfachung der Sanierung mit anschließender Verwertung als Teil eines
geordneten, insolvenzgerichtlichen Verfahrens. Das Vergütungsinteresse der
Antragstellerin zu 1. knüpft an den Sanierungs- und Verwertungserfolg an, da
ihre Vergütung vereinbarungsgemäß erfolgsbezogen, aus dem Verwertungserlös zu
zahlen ist, erst mit Abschluss der Verwertung fällig wird und der Höhe nach vom
Volumen des letztlich erzielten Erlöses abhängt. Scheitern die
Sanierungsbemühungen oder erweist sich das Marktumfeld zum anvisierten
Verwertungszeitpunkt als ungünstig, würde sich also auch für die
Antragstellerin
zu 1. das von ihr als Dienstleister übernommene, unternehmerische Risiko
verwirklichen. Auch dies ist der Antragstellerin zu 1. daher positiv
anzurechnen.
Drittens sind die Sanierungsbeiträge der Antragstellerin zu 1. bei ihrer
Gewichtung ins Verhältnis zu der Art der Kontrollposition zu setzen, die die
Antragstellerin zu 1. als Verwalter eines Teils des Vermögens der
Zielgesellschaft erlangt. Denn in Abweichung vom typischen Fall der
Kontrollerlangung, den der Gesetzgeber der Pflichtengestaltung des § 35 WpÜG
zugrunde gelegt hat, ist die Antragstellerin zu 1. in Bezug auf die Art und
Dauer der Kontrollausübung nicht frei, sondern durch die verbindlichen und
vollstreckbaren Festsetzungen des Insolvenzplans gebunden. Dieser gibt
insbesondere die künftige unternehmerische Ausrichtung der Zielgesellschaft
vor.
Auch über den Zeitpunkt der Kontrollerlangung kann die Verwaltungsgesellschaft
nur eingeschränkt selbst bestimmen. Der zeitlich befristete und zweckgebundene
Erwerb der Kontrolle verschafft aber gerade nicht die typischerweise mit dem
Kontrollerwerb verbundene Rechtsmacht.
In der Gesamtwürdigung erbringt die Antragstellerin zu 1. damit einen eigenen
finanziellen Beitrag, der sich als für den Sanierungserfolg unverzichtbar
darstellt, geeignet erscheint, hierzu maßgeblich beizutragen, und schließlich
in
Anbetracht der Rolle der Antragstellerin zu 1. als Verwalterin der
Kontrollbeteiligung als angemessen zu bewerten ist.
Diese Leistungen der Antragstellerin zu 1. kommen gleichermaßen dem
Antragsteller zu 2. zugute. Denn als Alleingesellschafter der Antragstellerin
zu
1. nimmt er an allen Chancen und Risiken, welche die Antragstellerin zu 1. mit
den Sanierungsbeiträgen eingeht, unmittelbar teil.
5. Interessenabwägung
Die Erteilung der Befreiung liegt im Ermessen der Bundesanstalt für
Finanzdienstleistungsaufsicht. Bei einer Abwägung der Interessen der
Antragsteller mit denen der außenstehende Aktionäre der centrotherm
photovoltaics AG, die nach § 37 Abs, 1 WpÜG vorzunehmen ist, ist bei Vorliegen
eines Tatbestandes des § 9 WpÜG-AV grundsätzlich von einem Vorrang der
Interessen der potentiellen Bieter auszugehen. Denn durch die Sanierung soll
die
Fortführung der centrotherm photovoltaics AG gesichert werden, was auch im
Interesse aller Aktionäre an der Abwendung einer Abwicklung der
Zielgesellschaft
liegt.
Da die Antragsteller im Rahmen der Sanierung durch erhebliche Leistungen zum
Fortbestand der Zielgesellschaft beitragen, kann ihnen nicht zugemutet werden,
den Aktionären der Zielgesellschaft darüber hinaus ein Pflichtangebot zum
Erwerb
aller Aktien zu unterbreiten. Denn ihre Leistungen sollen vorrangig der
Zielgesellschaft und damit mittelbar auch deren Aktionären zugutekommen. Daher
ist die Befreiung nach § 37 Abs. 1 und 2 WpÜG i.V.m, § 9 Satz 1 Nr. 3 WpÜG-AV
grundsätzlich - wenn auch unter Nebenbestimmungen - zu erteilen.
Entgegenstehende Interessen der bisherigen Aktionäre der Zielgesellschaft, die
auch unter Berücksichtigung der bereits in § 9 WpÜG-AV durch den Gesetzgeber
vorweggenommenen Interessenabwagung besonderes Gewicht haben, sind - abgesehen
von dem Interesse, an der Sanierung teilzuhaben - nicht ersichtlich.
Zwar werden die Aktienbeteiligungen der Aktionäre der Zielgesellschaft durch
die
geplanten Kapitalmaßnahmen, also die Kombination aus einem Kapitalschnitt im
Verhältnis 5:1 und einer Sachkapitalerhöhung mit Bezugsrechtsausschluss
zugunsten der Antragstellerin zu 1., nicht unerheblich verwässert und tragen
insofern ebenfalls einen bedeutenden Teil der in der Vergangenheit bei der
Zielgesellschaft aufgelaufenen Verluste mittelbar ebenso mit wie über den
Wertverlust ihres Aktienbesitzes durch die Entwicklung des Börsenkurses. Sobald
die gemeinsamen Sanierungsbemühungen zum Erfolg geführt haben, wofür es nach
dem
von allen Beteiligten, einschließlich einer 99 %-Mehrheit der bisherigen
Aktionäre, beschlossenen Insolvenzplan entscheidend auf die erheblichen
Sanierungsbeiträge der Antragsteller ankommt, werden allerdings auch die
übrigen
Aktionäre der Zielgesellschaft profitieren:
So wird auf einen sog. ,,Kapitalschnitt auf Null', bei dem die Anteilsrechte
der
Altaktionäre vollständig entwertet würden, verzichtet. Der verbleibende
Streubesitz von 20 % erlaubt zugleich die Aufrechterhaltung der Börsennotierung
mit der Folge, dass die außenstehenden Aktionäre bereits während der
Sanierungsphase an etwaigen Wertsteigerungen ihres Aktienbesitzes in Gestalt
von
Dividenden oder günstigeren Veräußerungsmöglichkeiten am Markt partizipieren.
Ohne den Insolvenzplan müssten die Aktionäre schließlich mangels konkreter
Aussicht auf eine Aufhebung des Insolvenzverfahrens mit einem Totalverlust
ihrer
Investition rechnen, zumal nach der Wertung des ESUG-Gesetzgebers im
Insolvenzverfahren regelmäßig von der Wertlosigkeit der Anteile auszugehen ist,
so dass etwa im Austrittsfall eine Entschädigung entfällt (vgl. § 225a Abs. 5
Satz 1 InsO und Begr. RegE ESUG, BT-Drucks. 17/5712, S. 32).
III. Nebenbestimmungen
Rechtsgrundlage für die auflösende Bedingung unter Ziffer 2 dieses Bescheides
ist § 36 Abs. 2 Nr. 2 VwVfG. Die auflösende Bedingung unter Ziffer 2 dieses
Bescheides soll sicherstellen, dass der Insolvenzplan als Kernstück der
entscheidungserheblichen Grundlagen dieses Bescheides, mit dem die Befreiung
der
Antragsteller steht und fällt, nicht wegfällt, ohne dass auch die Möglichkeit
des Eintritts der Befreiungswirkung für diesen Fall automatisch entfiele.
Rechtsgrundlage für den Widerrufsvorbehalt unter Ziffer 3 dieses Bescheides ist
§ 36 Abs. 2 Nr. 3 VwVfG. Der Widerrufsvorbehalt unter Ziffer 3 ist geeignet und
erforderlich, um seitens der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht
den
Befreiungsbescheid für den Fall widerrufen zu können, dass das von den
Antragstellern vorgelegte Sanierungskonzept nicht vollumfänglich bzw. nicht
rechtzeitig umgesetzt wird, insbesondere indem sich die Antragstellerin zu 1.
gar nicht oder nicht im geplanten Umfang an der Sachkapitalerhöhung beteiligt
bzw. ihre dabei übernommene Sacheinlageverpflichtung anschließend nicht oder
nicht im geplanten Umfang erfüllt. Der Widerrufsvorbehalt ist auch
verhältnismäßig im engeren Sinne, da er im Vergleich zu einer auflösenden
Bedingung ein milderes Mittel ist, um gegebenenfalls alternative Finanzierungs-
und Sanierungsbeiträge im Rahmen des Widerrufsverfahrens berücksichtigen oder
die Frist für die Umsetzung der Kapitalmaßnahmen verlängern zu können. Dies
gilt
im Besonderen für den Fall, dass die Durchführung der Sachkapitalerhöhung -
anders als in Ziffer 3.b. dieses Bescheides vorgesehen - nicht bis zum 31.
Oktober 2013 ins Handelsregister eingetragen worden ist. Denn diese Frist
orientiert sich an der prognostizierten Entwicklung des Eigenkapitals, die für
das Jahr 2013 unter Berücksichtigung der Durchführung der Abtretung II einen
Planwert von ca. EUR -41,733 Mio. errechnet und über die Folgejahre 2014 und
2015
bis zur Beseitigung der Überschuldung fortschreibt. Um diesen bilanziellen
Effekt tatsächlich noch im Geschäftsjahr 2013 berücksichtigen zu können,
erscheint es plausibel, als Frist für die Eintragung der Durchführung der
Kapitalerhöhung den 31. Oktober 2013 anzusetzen und davon auszugehen, dass es
der Antragstellerin zu 1. im Anschluss daran möglich sein wird, ihre
Sacheinlageverpflichtung jedenfalls bis Ende Dezember 2013 zu bewirken.
Rechtsgrundlage für die Auflagen unter Ziffer 4 dieses Bescheides ist § 36 Abs.
2 Nr. 4VwVfG. Diese Auflagen sind geeignet und erforderlich, um die Umsetzung
des Sanierungskonzepts nachprüfen zu können.
Ende der Mitteilung euro adhoc
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