PARIS/LONDON (dpa-AFX) - Die europäischen Börsen haben sich am Donnerstag etwas von ihren Vortagsverlusten erholt. Nach anfänglicher Schwäche schaffte es der EuroStoxx (Euro Stoxx 50) zur Mittagszeit moderat in die Gewinnzone, wo er sich auch am Ende behauptete. Er schloss 0,20 Prozent höher bei 3466,37 Punkten. Der Zick-Zack-Kurs der vergangenen Tage, bei dem sich Gewinne und Verluste munter abwechseln, setzte sich so in einem neuen Kapitel fort.
Zeitweise hatte am Donnerstag zwar der anhaltend starke Euro belastet, der sich weiter nahe der Marke von 1,19 US-Dollar aufhält. Etwas Entlastung kam dann aber am späteren Vormittag durch anziehende Ölpreise und aktuelle Konjunkturdaten. Die Einzelhandelsumsätze in der Eurozone wussten positiv zu überraschen. Marktteilnehmer sehen in beidem ein Signal für die Stärke der Weltkonjunktur.
Auch der CAC-40 (CAC 40) schaffte es in Paris nach zögerlichem Start ins Plus und gewann letztlich fast ein halbes Prozent auf 5130,49 Zähler. Der britische FTSE 100 (GB0001383545) legte sogar um 0,85 Prozent auf 7474,77 Punkte zu. Rückenwind gab dort das nachgebende Pfund, nachdem die Bank of England an ihrer extrem lockeren Geldpolitik festhielt.
Unternehmensseitig waren alle Blicke auf die Berichtssaison gerichtet, die auf vollen Touren läuft. Ein besonderer Augenmerk lag an diesem Donnerstag auf dem Finanzbereich mit zahlreichen Zahlen von Versicherern und Banken. Deren Teilindizes entwickelten sich mit leichten Verlusten beim Stoxx Europe 600 Insurance (Stoxx 600 Insurance PR) und leichten Gewinnen beim Stoxx Europe 600 Banks (Stoxx 600 Banks) unterschiedlich.
Europas zweitgrößter Versicherer Axa (9:AXAF) profitierte im ersten Halbjahr von seinem Lebens- und Krankenversicherungsgeschäft. Der Gewinn stieg, während Analysten einen leichten Rückgang erwartet hatten. Den Aktien half das jedoch nichts, sie sanken um 0,38 Prozent. Auch beim britischen Konkurrenten Aviva (3:AV) halfen gute Ergebnisse und eine höhere Dividende nur wenig. Die Papiere gingen so gut wie unverändert aus dem Handel.
Der Bankensektor wurde angeführt von kräftigen Kursgewinnen bei der Unicredit (MI:CRDI) (IT0004781412). Der radikale Umbau der italienischen Großbank zahlt sich weiter aus, im zweiten Quartal schnitt sie besser ab als erwartet, wozu auch das Privat- und Firmenkundengeschäft in Deutschland beitrug. Die Anteile gewannen in Mailand mehr als 7 Prozent.
In London sorgten die Aktien von Next (3:NXT) mit ihrem größten Tagesgewinn seit acht Jahren für Aufsehen. Nachdem der britische Modehändler mit steigenden Umsätzen überraschte, ging es für die Papiere um fast 10 Prozent nach oben. Händler mutmaßten, dass der Schwung wohl dadurch verstärkt wurde, dass Leerverkäufer auf dem falschen Fuß erwischt wurden und sich eindecken mussten. Die Rechnung, die geliehenen Papiere später billiger zurückkaufen zu können, sei demnach nicht aufgegangen.
Außerdem erhielten die Papiere von London Stock Exchange (3:LSE) (LSE) deutlichen Rückenwind von den vorgelegten Halbjahreszahlen des Börsenbetreibers. Sie profitieren mit fast 3 Prozent von einem kräftigen Gewinnanstieg und besser als erwarteten Umsätzen. Laut RBC-Analyst Peter Lenardos haben die Ergebnisse die Wachstumsstory bei der LSE unterstrichen.
Ein Verlierer waren in London aber die Papiere von Shire (3:SHP) mit minus 2 Prozent. Im Zuge der Zahlenvorlage hatte das Phamaunternehmen seine Jahresziele beim Umsatz gesenkt, wenngleich der Gewinnausblick erhöht wurde. Außerdem erwägt das Unternehmen, sein bedeutendes Geschäft mit neurologischen Medikamenten abzuspalten, um sich stärker auf andere lukrative Bereiche konzentrieren zu können.
Insgesamt waren europaweit Konsumgüterwerte besonders gefragt, wie der Anstieg des Teilindex um etwa 0,8 Prozent zeigte. Aus dem Sektor nahmen Danone (9:DANO) im EuroStoxx mit fast 2 Prozent Plus die Spitze ein. Die Branche der Industriegüter dagegen gab als letzter der Sektortabelle um gut ein halbes Prozent nach - auch wegen eines Kursrutsches bei den Siemens-Papieren (4:SIEGn), die nach Zahlen mit 3 Prozent Minus das Schlusslicht im EuroStoxx waren.