London/Berlin (Reuters) - Die Mehrheit der Briten will einer neuen Umfrage zufolge doch in der Europäischen Union bleiben.
Dabei sei der Vorsprung der EU-Befürworter mit 51 Prozent vor den Brexit-Anhängern mit 41 Prozent so groß wie noch nie seit der Volksbefragung im Juni 2016, berichtete die Zeitung "The Independent" am Wochenende unter Berufung auf eine Studie des Meinungsforschungsinstituts BMG. Die britische Premierministerin Theresa May erklärte dagegen mit Blick auf den angestrebten Brexit 2019, sie lasse sich nicht von ihrer Pflicht abbringen, den demokratischen Willen des britischen Volkes zu erfüllen. Durch den EU-Austritt Großbritanniens könnten auf Deutschland einem Zeitungsbericht zufolge zusätzliche Beiträge für den EU-Haushalt von sechs Milliarden Euro pro Jahr zukommen.
Ein für Mai vorgesehener Vorschlag von EU-Haushaltskommissar Günther Oettinger für den Finanzrahmen ab 2021 werde in diese Richtung gehen, berichtete die "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung" ohne Angabe von Quellen. Im Bundesfinanzministerium sei man darauf vorbereitet. Der Betrag ergibt sich der "FAS" zufolge aus Überlegungen, den EU-Haushalt auch nach dem Ausscheiden des Nettozahlers Großbritannien stabil bei 160 Milliarden Euro zu halten.
Wie genau der Brexit aussehen soll, ist aber auch in Großbritannien weiter umstritten. Beim Referendum 2016 hatten noch 52 Prozent der Briten für den EU-Austritt und 48 Prozent dagegen entschieden. Mit Blick auf den Meinungsumschwung sagte der Chef von BMG der Zeitung, die damaligen Nichtwähler hätten sich nun gegen den EU-Austritt positioniert. Wer damals abgestimmt habe, habe aber in neun von zehn Fällen seine Meinung nicht geändert. Befragt wurden 1400 Personen vom 5. bis zum 8. Dezember.
Der britische Außenminister und Brexit-Befürworter Boris Johnson sprach sich unterdessen in der Zeitung "Sunday Times" dafür aus, bei den Verhandlungen mit der EU so viel wie möglich herauszuholen. Sollte Großbritannien die europäischen Verordnungen nicht abstreifen können, werde das Königreich zu einem "Vasallenstaat" der EU werden, warnte er.
May schrieb im "Sunday Telegraph", trotz des Lärms komme man bei den Austrittsverhandlungen mit der EU voran. Beim EU-Gipfel am Freitag hatten die 27 Staats- und Regierungschefs der Gemeinschaft grünes Licht gegeben, die zweite Phase der Verhandlungen einzuläuten und mit der Regierung in London über ein Freihandelsabkommen zu reden.
Am Montag und Dienstag stehen einige wichtige Gespräche von May mit Ministern an, wie Großbritannien weiter verfahren wird. Für große Diskussionen sorgt die Frage nach den weiteren wirtschaftlichen Beziehungen zwischen dem Königreich und der Europäischen Union. Während einige Politiker eine weiter enge Verbindung bevorzugen, sind andere für einen härteren Schnitt. Für Diskussionen sorgte in Brüssel, inwieweit man Zusagen Mays trauen kann. Das britische Parlament hatte am Mittwoch gegen den Willen der konservativen Regierung für sich ein Vetorecht beim Austrittsabkommen durchgesetzt.