Berlin (Reuters) - Der FDP droht beim Parteitag am Wochenende eine handfeste Auseinandersetzung in der Russlandpolitik.
Im Gegensatz zum Vorsitzenden Christian Lindner und der übrigen Parteispitze pocht Vizechef Wolfgang Kubicki in einem Antrag auf eine Lockerung der Sanktionen gegen Moskau. Linder sagte der Nachrichtenagentur Reuters jedoch, es handele sich "um eine Sach- und keine Machtfrage". Man sei sich in der Politik gegenüber Russland eigentlich zu 100 Prozent einig, nur in einem Aspekt des Weges nicht. Auch wenn Kubicki beim Parteitag in Berlin nicht die Mehrheit erhalte, sei dieser nicht beschädigt, sondern bleibe freier Demokrat "mit besonders freiem Geiste".
Lindner hatte auf eine Entscheidung beim Parteitag gedrängt. In dem zur Abstimmung stehenden Antrag des Bundesvorstands, dem sich Kubicki enthalten hatte, heißt es: "Wir stehen zu den gegen Russland verhängten Sanktionen." Im Fall einer weiteren militärischen Eskalation in der Ukraine müsse Europa die Sanktionen weiter verschärfen.
In Kubickis Änderungsantrag, über den am Freitag zuerst die "Süddeutsche Zeitung" online berichtet hatte, heißt es dagegen, die gegen die Russische Föderation verhängten Sanktionen hätten "keine erkennbaren Fortschritte in Richtung der gewünschten deeskalierenden und friedensstiftenden Wirkung gebracht". Im Sinne einer lösungsorientierten Außenpolitik sei es angezeigt und im Sinne des Außenwirtschaftsgesetzes gesetzlich geboten, "die bisherigen Maßnahmen einer kritischen Überprüfung zu unterziehen".
Ein Sprecher Kubickis sagte, der Parteivize bringe den Antrag ein, weil er eine eigene Meinung habe. Dies müsse in einer "Partei des Meinungsstreits" möglich sein. Kubicki selbst hatte mehrfach betont, es handele sich nicht um einen persönlichen Streit mit Lindner und erst recht nicht um eine Machtprobe. Dennoch war über einen Riss oder ein Zerwürfnis zwischen den beiden mächtigsten Liberalen spekuliert worden. Große Übereinstimmung besteht in der Partei darin, dass es neue Dialogangebote an Russland geben müsse, etwa in Form eines "G7+1-Formats".