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Veröffentlicht am 22.01.2014, 20:50

Börsen-Zeitung: Das war knapp, Kommentar zum EU-Gerichtshof von Detlef

Fechtner

Frankfurt (ots) - Mit Jubel und ein wenig Häme über die britische

Regierung haben Europaabgeordnete auf das jüngste Urteil des

Europäischen Gerichtshofs reagiert. Die Richter hatten sich zuvor

dafür entschieden, dem EU-Gesetzgeber zu gestatten, europäische

Aufsichtsbehörden mit Eingriffen in das Geschehen an den

Finanzmärkten zu betrauen. Vielleicht aber wären statt Beifall und

Schadenfreude eher Erleichterung und Demut die angemessene Reaktion

gewesen. Immerhin war das eine ganz knappe Sache. Nur gerade so sind

die Architekten der umfassenden Finanzmarktregulierung in Europa -

EU-Kommission und EU-Parlament - darum herumgekommen, dass der

EU-Gerichtshof ihr Gebäude komplett einreißt.

Hätte sich das EU-Gericht nämlich dem Generalanwalt angeschlossen

(und genau das tut es ja oft), stünde jetzt weit mehr als nur die

Möglichkeit zum Verbot ungedeckter Leerverkäufe infrage. Dann wären

wohl schon bald die nächsten Kläger angerückt, um andere, unter hohem

Zeitdruck gezimmerte EU-Regelungen für Banken und Börsen auf den

richterlichen Prüfstand zu stellen. Das wiederum hätte nicht nur

Verunsicherung ausgelöst, sondern weitere Regierungen inspiriert, vor

Gericht zu attackieren, was sie politisch nicht verhindern konnten.

Gewiss: hätte, wäre, würde. Die Richter haben erfreulicherweise

anders entschieden. Es ist allerdings Vorsicht bei allzu freizügigen

Ableitungen geboten. Das EU-Gericht hat ausführlich erläutert, warum

es in diesem speziellen Fall die Befugnisse für ausreichend genau

eingegrenzt und richterlich überprüfbar hält. Ob das bei allen mit

heißer Nadel gestrickten Rechtsakten der Krisenjahre so ist, hat es

nicht bestätigt. Und ob nun beim nächsten Schritt Richtung

Bankenunion, dem gemeinsamen Abwicklungsmechanismus für marode

Banken, die im Parlament so unbeliebten zwischenstaatlichen

Verabredungen überflüssig sind, ist Ansichtssache.

Ohne Zweifel, das EU-Parlament hat einige gute Argumente gegen den

Plan der Regierungen, die Bankenabwicklung weitenteils an den

Abgeordneten vorbei in einer zwischenstaatlichen Verabredung zu

regeln. Trotzdem wird das Parlament den harten Weg der politischen

Verhandlung gehen müssen. Der Gerichtshof hat den EU-Parlamentariern

diese Mühe nicht abgenommen - und das ist richtig so. Schließlich

geht es in der EU um Politik, nicht um Juristerei. Der bloße Verweis

auf den EU-Gerichtshof reicht nicht aus. Ohnehin hat der ja nur

entschieden, dass Europas Behörden manches tun dürfen. Nicht alles.

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