RIO DE JANEIRO (dpa-AFX) - Im Zuge des landesweiten Korruptionsskandals hat die brasilianische Polizei den Atomkonzern des Landes ins Visier genommen. Der bisherige Präsident von Eletronuclear, Othon Luiz Pinheiro da Silva, wurde am Dienstag zu Hause in Rio de Janeiro festgenommen, wie mehrere Medien unter Berufung auf die Bundespolizei berichteten. Er hatte sein Amt schon seit April ruhen lassen müssen.
Dabei gehe es um Unregelmäßigkeiten bei der Auftragsvergabe und Versuche zur Beschleunigung der Bauarbeiten beim Reaktor Angra 3. Die Anlage wird zum Teil mit deutscher Technik ausgestattet und soll der dritte brasilianischen Reaktor werden. Das 1405-Megawatt-Projekt wird am Standort von Angra 1 und Angra 2 rund 190 Kilometer südwestlich von Rio gebaut. Der Reaktor soll bis Mitte 2018 ans Netz gehen. Brasilien ist stark von Wasserkraft abhängig, aber zunehmende Dürren gefährden die Versorgung. Bisher liegt der Anteil von Atomstrom nur bei knapp drei Prozent. Mit der Ausweitung der Ermittlungen wurde die 16. Phase der Operation Lava Jato eingeleitet. Im Zentrum stehen der Ölkonzern Petrobras und führende Baufirmen. Mehrere Unternehmensbosse wurden zuvor bereits festgenommen. Bei dem Skandal soll es um ein Volumen von mindestens 3,7 Milliarden US-Dollar (3,4 Mrd. Euro) gehen - über einen Zeitraum von rund zehn Jahren. Auch viele Politiker des fünftgrößten Landes der Welt sollen bestochen worden sein, um Einfluss auf bestimmte Auftragsvergaben zu nehmen.