Brüssel (Reuters) - Der Europäische Gerichtshof (EuGH) verschärft in einem Grundsatzurteil die Regeln für die Messung der Luftverschmutzung in Städten.
Bei der Beurteilung sei schon die Überschreitung der Grenzwerte an einer Messstation entscheidend und nicht der von allen Anlagen ermittelte Mittelwert, erklärte der EuGH am Mittwoch in Luxemburg. Dieser liefere keinen ausreichenden Hinweis auf die tatsächliche Schadstoffbelastung der Bevölkerung. Das Urteil ist relevant für die derzeitige Debatte in Deutschland über die Aussagekraft der Messung von Schadstoffen in der Luft. Ursache sind auch Autoabgase. Einige Städte wollen zusätzliche Messstationen aufstellen.
Die Bundesregierung begrüßte die Entscheidung. Eine Sprecherin des Bundesumweltministeriums sagte, es sei eine "Klarstellung und Unterstützung für alle, die sich für saubere Luft in unseren Städten einsetzen". Insofern bestätige das Urteil auch die Auslegung der Bundesregierung.
UMWELT-LOBBY LOBT ABKEHR VON MITTELWERTEN
Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) lobte, dass der EuGH mit dem Urteil den "Gesundheitsschutz vor die Profitinteressen der Dieselkonzerne" stelle. Städte könnten nun nicht länger durch "absurde Mittelwertbildungen die tatsächliche Belastung ihrer innerstädtischen Atemluft schön rechnen", sagte DUH-Chef Jürgen Resch. Der Verein setzte in mehreren deutschen Städten Dieselfahrverbote durch.
Die Luxemburger Richter stellten gleichzeitig die Befugnisse von Gerichten der Mitgliedsstaaten in solchen Fällen klar. Die Instanzen seien befugt, die Wahl der Standorte von Luftqualitäts-Messstationen zu überprüfen und gegenüber den Behörden Vorschriften zu machen. Die EuGH-Entscheidung geht auf Klagen Brüsseler Bürger und einer Umweltschutzorganisation in Belgien zurück. Das nationale Gericht wandte sich mit Rechtsauslegungsfragen an das höchste europäische Gericht.