FRANKFURT (dpa-AFX) - Der Dax (DAX) hat am Dienstag einen erneuten Kursrutsch erlitten. Die globalen politischen Unruheherde und ein Kurseinbruch bei der Bayer-Aktie gaben beim deutschen Leitindex die Richtung nach unten vor. Am Nachmittag fiel das Börsenbarometer um 1,76 Prozent auf 11 321,99 Punkte - und damit auf den tiefsten Stand seit Dezember 2016. Die Hoffnungen auf eine Stabilisierung haben sich damit als Strohfeuer erwiesen.
"Der Ausverkauf am Aktienmarkt geht weiter", titelte die Landesbank Baden-Württemberg in einem Kommentar. Laut Marktbeobachter Christian Henke vom Broker IG sorgt der Haushaltsstreit zwischen Rom und Brüssel an den Finanzmärkten weiter für Nervosität. Wie ein Damoklesschwert schweben außerdem die Brexit-Verhandlungen, der Fall Jamal Khashoggi und der chinesisch-amerikanische Handelskonflikt über den Börsen.
Für Charttechniker trübt sich das Bild beim Dax mit dem Fall unter die Marke von 11 400 Punkten wieder deutlicher ein. Laut den Experten der britischen Bank HSBC wird dort eine wichtige Unterstützung von Anfang 2017 unterschritten, weshalb nun 11 150 Punkte als nächste relevante Marke ins Blickfeld rückten. Kollege Andreas Büchler von Indexradar fürchtet sogar den Fall unter die 11 000 Punkte, sofern das Kaufinteresse der Anleger bei 11 400 Punkten nachhaltig ausbleibt.
Der Index der mittelgroßen Werte MDax (MDAX) verlor 1,89 Prozent auf 23 583,98 Punkte. Für den Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 (Euro Stoxx 50) ging es um rund 1 Prozent auf 3158,36 Zähler bergab.
Ein großer Teil der Kursverluste des Dax ging auf einen Kursrutsch des Index-Schwergewicht Bayer (4:BAYGN) zurück. Die Entscheidung einer US-Richterin, den Schadenersatz im Glyphosatprozess gegen Monsanto (NYSE:MON) nur zu senken, statt den Prozess neu aufzurollen, enttäuschte die Anleger. Sie fürchten nun wieder unwägbare Milliarden-Risiken durch Glyphosat-Prozesse in den USA. Die Aktien des Chemie- und Pharmakonzerns sackten um mehr als 11 Prozent ab auf den tiefsten Stand seit November 2012.
Allgemein ging der Ausverkauf vor allem bei Technologiewerten weiter. Im Dax sackten Wirecard (4:WDIG) und Infineon (4:IFXGn) um bis zu 6 Prozent ab. Die Wirecard-Aktien litten nach einer Phase der Erholung schon wieder unter Gewinnmitnahmen; Infineon wurden in Mitleidenschaft gezogen von einem enttäuschenden Ausblick des Branchenkollegen AMS auf das Schlussquartal.
Linde (DE:LING) waren gegen den Trend mit 1,4 Prozent Plus einer der wenigen Dax-Gewinner. Die am Vortag genehmigte Mega-Fusion mit dem US-Konkurrenten Praxair (112:PX) trieb die Titel weiter an. Die letzte Hürde sei nun genommen, schrieb Analyst Chetan Udeshi von JPMorgan (NYSE:JPM). Er rechnet nun mit einer neuen, wertsteigernden Phase für die künftige Linde Plc.
Im MDax mussten die bis zum Spätsommer noch erfolgsverwöhnten Aktionäre von Sartorius (4:SATG_p) mit minus 4,6 Prozent einen weiteren Rückschlag einstecken. Der Pharma- und Laborausrüster bestätigte zwar nach dem dritten Quartal sein Jahresziel. Händlern zufolge enttäuschte der Zwischenbericht aber im Detail - und zwar auf Spartenebene mit dem Laborgeschäft.
Ansonsten bewegten noch einige Analystenkommentare die Kurse: Siltronic (4:WAFGn) folgten mit einem Kursrutsch um 10 Prozent nicht nur der schlechten Stimmung im Chipsektor, sondern litten auch unter einer Abstufung durch die Credit Suisse (SIX:CSGN). Laut Analyst Achal Sultania sprechen eine trägere Nachfrage und schnellere Kapazitätsausweitungen der Branche nur noch für ein neutrales Votum für die Aktie.
Im SDax (SDAX) wurden die Leoni (4:LEOGn)-Aktien mit 5,5 Prozent ins Minus gedrückt. Nach der Gewinnwarnung vom Vortag senkten Analysten ihre Kurziele für die Papiere des Autozulieferers. Besonders ins Gewicht fiel aber eine Abstufung auf "Underweight" durch die Experten der Bank JPMorgan.
Am Rentenmarkt fiel die Umlaufrendite von 0,30 Prozent am Vortag auf 0,27 Prozent. Der Rentenindex Rex (DE0008469107) stieg um 0,18 Prozent auf 140,77 Punkte. Der Bund-Future (DE0009652644) legte um 0,21 Prozent auf 159,62 Punkte zu.
Der Kurs des Euro verblieb unter der Marke von 1,15 US-Dollar. Zuletzt wurden 1,1468 Prozent für die Europäische Zentralbank (EZB) gezahlt. Den Referenzkurs hatte die Europäische Zentralbank (EZB) am Vortag auf 1,1494 Dollar festgesetzt.