Brüssel (Reuters) - Die Staats- und Regierungschefs der EU haben die Vorschläge der britischen Premierministerin Theresa May zu den Rechten für Bürger nach dem Brexit mit Skepsis aufgenommen.
"Mein erster Eindruck ist, dass das Angebot des Vereinigten Königreichs unter unseren Erwartungen liegt", sagte EU-Ratspräsident Donald Tusk am Freitag nach dem EU-Gipfel in Brüssel. Es bestehe das Risiko, dass sich die Situation für die betroffenen Bürger verschlechtere. Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte, die Vorschläge seien ein guter Anfang, aber noch kein Durchbruch. May verteidigte dagegen ihre Pläne als "faires und ernsthaftes" Angebot.
Die britische Regierungschefin hatte die Leitlinien ihrer Vorschläge am Donnerstagabend den anderen Staats- und Regierungschefs der EU vorgelegt. Demnach will sie EU-Bürgern, die mindestens fünf Jahre im Vereinigten Königreich leben, die vollen Rechte gewähren. Der maltesische Regierungschef Joseph Muscat, dessen Land derzeit die EU-Ratspräsidentschaft ausübt, kritisierte aber die Einschränkung, damit ein bestimmtes Datum zu verknüpfen. Nach den Vorstellungen Mays soll ein Datum festgelegt werden, ab dem die fünf Jahre gezählt werden. Dieses will sie zwischen dem Tag des EU-Austrittsantrags vom 30. März und dem Datum des Brexit zwei Jahre später ansiedeln.
EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker wies Mays Versuch zurück, Details der Verhandlungen zwischen der EU und Großbritannien auf EU-Gipfeln besprechen zu lassen. Dies sollte nicht geschehen, sagte er. Zudem sei es für ihn nicht vorstellbar, dass der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Streitfragen über die Rechte von EU-Bürgern nicht mehr zuständig sein soll. Dies hatte May ebenfalls vorgeschlagen. Ihre genauen Pläne will sie am Montag in London präsentieren.
Nach ihrer Darstellung äußerten sich mehrere Regierungschefs positiv zu ihren Vorschlägen. Auf die Frage, welche Rückendeckung sie in den Verhandlungen vom britischen Parlament nach der Wahlschlappe noch habe, antwortete sie, dass über 80 Prozent der Wähler für Parteien gestimmt hätten, die den Brexit wollten. "Und das ist genau das, was wir tun werden." Mit Blick auf ihre Vorschläge versprach sie erneut, dass kein EU-Bürger das Land verlassen müsse und keine Familien auseinandergerissen würden.
Die Verhandlungen zwischen der EU und der britischen Regierung begannen am Montag. Der Umgang mit den Rechten von britischen und EU-Bürgern soll dabei spätestens bis Jahresende geklärt werden. May strebt einen sogenannten harten Brexit an mit einem Ausstieg aus dem EU-Binnenmarkt und der Zollunion. Merkel sagte dazu, dass es Konsequenzen haben müsse, wenn Großbritannien die vier Grundfreiheiten des Binnenmarktes nicht akzeptieren wolle.