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Deutsche Bank beharrt auf umstrittenen Agrar-Finanzanlagen

Veröffentlicht am 20.01.2013, 14:06
BERLIN (dpa-AFX) - Die Deutsche Bank will trotz Kritik an massiv schwankenden Nahrungspreisen als Mitursache für Hunger in der Welt an Finanzanlagen auf Agrarrohstoffe festhalten. Nach einer ausführlichen Prüfung habe man 'keinen Nachweis gefunden, dass die Spekulation für die Preisentwicklung verantwortlich ist', sagte Co-Vorstandschef Jürgen Fitschen am Samstag am Rande der Grünen Woche in Berlin. Die Entscheidung stieß umgehend auf Proteste. Anlässlich der weltgrößten Agrarmesse forderten Regierungsvertreter aus rund 80 Staaten mehr Investitionen für die Landwirtschaft in armen Ländern der Erde.

Die Deutsche Bank will 'im Interesse ihrer Kunden' weiterhin Finanzprodukte auf Agrarprodukte anbieten, darunter börsennotierte Indexfonds. Das hat der Vorstand beschlossen, wie Fitschen sagte. Nach Vorwürfen von Entwicklungs- und Verbraucherorganisationen hatte die größte deutsche Bank das Neugeschäft mit solchen Anlageformen im März vergangenen Jahres ausgesetzt, um sie zu überprüfen. Kritiker warnen, Finanzgeschäfte auf Basis von Rohstoffen wie Reis, Mais oder Soja verschärften Preisexplosionen bei Grundnahrungsmitteln.

Preisschwankungen gebe es 'auch bei Abwesenheit von diesen Produkten', sagte Fitschen nun. Eine Arbeitsgruppe der Bank kam zu dem Ergebnis, 'dass es kaum stichhaltige empirische Belege für die Behauptung gibt, die zunehmende Bedeutung von Agrarfinanzprodukten sei für Preissteigerungen oder erhöhte Preisschwankungen verantwortlich'. Zugleich gebe es aber 'zahlreiche Vorteile' von Agrar-Terminmärkten für Landwirte und Nahrungsmittelverarbeitung.

'Wir glauben, dass wir damit genau das tun, was in der Diskussion immer wieder angesprochen wird: Dass wir einen Beitrag leisten zur Finanzierung des Sektors und gleichermaßen einen Beitrag dazu, die Risiken nachhaltiger und besser managen zu können', sagte Fitschen. Auch künftig will die Bank demnach aber 'bei neuen Produkten prüfen, dass die zugrundeliegenden Investitionsstrategien nicht das Entstehen von Preisspitzen begünstigen'.

Die Entscheidung rief prompt Kritik hervor. Die Präsidentin der Deutschen Welthungerhilfe, Bärbel Dieckmann, sagte: 'Spekulationen haben eindeutig dazu beigetragen, durch die Volatilität bei Preisen Hungersituationen gerade in kritischen Momenten zu verstärken.'

Die Verbraucherorganisation Foodwatch warf der Bank vor, sie mache sich 'wissentlich mitschuldig an Hungerkrisen in den ärmsten Ländern der Welt'. Geschäftsführer Thilo Bode sagte: 'Verantwortlich handeln hieße für die Deutsche Bank, sich vorsorglich aus der Spekulation mit Agrarrohstoffen zu verabschieden.'

Das Bundeslandwirtschaftsministerium äußerte sich ebenfalls distanziert. 'Wir lehnen es ab, die Geschäftspolitik und die Geschäftspraktiken der Deutschen Bank zu kommentieren', sagte ein Sprecher auf Anfrage. Einige Geldinstitute haben den Rückzug aus umstrittenen Investments in Nahrungsmittel bekanntgegeben, etwa die Commerzbank , die Landesbank Baden-Württemberg und die Sparkassen- Fondsgesellschaft Dekabank. Dagegen ist zum Beispiel auch die Allianz weiterhin im Handel mit Agrarrohstoffen aktiv.

Bei einem Agrarministertreffen am Rande der Grünen Woche sprachen sich Regierungsvertreter aus rund 80 Ländern dafür aus, mehr für die Landwirtschaft in Entwicklungsländern zu investieren. Ziel sei, das Agrar-Potenzial weltweit zu nutzen und zugleich den Umwelt- und Klimaschutz zu berücksichtigen, sagte Bundesministerin Ilse Aigner (CSU) als Gastgeberin ihrer Amtskollegen in Berlin. Hunger herrsche vor allem in ländlichen Regionen, viele Betroffene seien Kleinbauern. Für mehr Investitionen brauche es aber etwa politische Stabilität.

Der Generaldirektor der Welternährungsorganisation FAO, José Graziano da Silva, sagte, es gebe einen immer engeren Zusammenhang zwischen Lebensmittelsicherheit und allgemeiner Sicherheit, also 'zwischen Krieg und Hunger'. Seit 20 Jahren investierten aber nur noch die meist armen Bauern allein. Gebraucht werde mehr Geld von privaten Firmen und der internationalen Entwicklungszusammenarbeit. Nach FAO-Schätzungen wären jährlich rund 63 Milliarden Euro zusätzliche Investitionen im Agrarsektor nötig./sam/DP/he

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