* Börsianer betrachten Dax-Schwäche als vorübergehend
* Banken trotz hoher Gewinne unter Druck
* Nahrungsmittelhersteller gefragt
(neu: europäische Werte, US-Markt)
Frankfurt, 22. Okt (Reuters) - Nach dem Kursanstieg der
vergangenen Wochen sind die Investoren am deutschen Aktienmarkt
vorsichtig geworden. "Nachdem die US-Bilanzsaison recht gut
angelaufen ist, kamen gestern einige Enttäuschungen", sagte ein
Börsianer. "Da geht der Eine oder Andere erst einmal auf Nummer
sicher und nimmt Gewinne mit." Zuletzt hatten vor allem die
Geschäftsprognosen des US-Flugzeugbauers Boeing und des
Online-Auktionshauses Ebay den Aktionären die Stimmung
verdorben. Der Dax<.GDAXI> büßte bis zum frühen
Donnerstagnachmittag 1,4 Prozent auf 5750 Punkte ein. Kein
einziger der 30 Dax-Werte hielt sich im Plus.
Dennoch rechneten Börsianer nicht mit einem größeren
Rückschlag für den Dax. "Es gibt immer noch genügend Anleger,
die die bisherige Rally verpasst haben und nur auf eine
Gelegenheit lauern, um einzusteigen", betonte einer von ihnen.
Im Vergleich zu seinem Tief vom März hat der deutsche Leitindex
rund 2200 Punkte zugelegt. Die Aktienumsätze erreichten dabei
aber nur einen Bruchteil ihrer Vorjahreswerte.
An den europäischen Börsen ging es ebenfalls abwärts: Der
Stoxx50<.STOXX50>, in dem die Aktien der 50 größten
börsennotierten Unternehmen Europas enthalten sind, sackte um
1,3 Prozent ab auf 2485 Punkte. An der Wall Street wurden zur
Eröffnung kaum veränderte Kurse erwartet.
ERICSSON ZIEHT INFINEON NACH UNTEN - BANKEN IM MINUS
Im Dax war Infineon der schwächste Wert. Die
Aktien gaben 3,5 Prozent auf 3,59 Euro nach. "Da drücken die
schwachen Zahlen von Ericsson auf die Stimmung", sagte
ein Händler. Der schwedische Telekom-Ausrüster hatte ein
Quartalsergebnis unter Markterwartungen bekannt gegeben.
Ericsson-Titel brachen daraufhin an der Stockholmer Börse um 7,7
Prozent ein. Alcatel-Lucent verbuchten Kursverluste
von 2,2 Prozent und Nokia gaben 1,1 Prozent nach.
Auch die Bankenwerte standen wieder unter Druck, allerdings
hatten die Titel in den vergangenen Wochen auch deutlich
zugelegt, wie Händler sagten. Deutsche Bank weitete
ihre Vortagesverluste aus und rutschte um 2,4 Prozent ab. Auch
bei Credit Suisse und der Commerzbank-Tochter
Comdirect reagierten Anleger mit Verkäufen auf die
Geschäftszahlen, obwohl beide Institute mit ihrem Gewinn die
Analystenprognosen übertroffen hatten. Comdirect verloren 0,3
Prozent. Credit Suisse gaben in Zürich 2,6 Prozent auf 58,50
Franken nach. "Gut ist nicht gut genug", betonten die Experten
des Brokerhauses Close Brothers Seydler. Sie wiesen zudem darauf
hin, dass viele Unternehmen nur dank rigider Einsparungen die
Ziele des Marktes überträfen und nicht aufgrund einer Erholung
des Geschäfts.
Bei den im deutschen Nebenwerte-Index notierten
Praktiker-Aktien löste die Bekanntgabe eines
Gewinneinbruchs kräftige Verkäufe aus. Die Titel der
Baumarktkette waren mit einem Minus von 6,3 Prozent auf 9,18
Euro Schlusslicht im MDax<.MDAXI>. "Offenbar haben die
Rabattaktionen voll auf die Margen durchgeschlagen", sagte ein
Börsianer. Auch die Zahlen von Nestle wurden an der
Börse nicht sehr positiv beurteilt, doch konnte der Schweizer
Nahrungsmittelriese mit der Ankündigung eines größeren
Aktienrückkaufprogramms punkten. Die Titel legten um 2,3 Prozent
zu. Auch die Aktien des französischen Spirituosen-Herstellers
Pernod Ricard stiegen nach Vorlage von Quartalszahlen
um 2,3 Prozent. Der Index der europäischen
Nahrungsmittelbranche<.SX3P> gehörte angesichts dessen zu den
Sektorindizes, die sich am besten halten konnten.
(Reporter: Kerstin Leitel; redigiert von Olaf Brenner)