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ROUNDUP: RWE startet milliardenteures Braunkohle-Kraftwerk

Veröffentlicht am 15.08.2012, 15:52
GREVENBROICH (dpa-AFX) - Begleitet von Protesten durch Umweltschützer hat der Energieriese RWE nach sechs Jahren Bauzeit ein neues Braunkohlekraftwerk in Betrieb genommen. Die 2,6 Milliarden teuren Blöcke 'BoA 2&3' des Kraftwerks Neurath im rheinischen Grevenbroich - laut RWE die weltweit modernsten ihrer Art - haben eine Kapazität von 2.200 Megawatt und sollen 3,4 Millionen Haushalte mit Strom versorgen. RWE-Vorstandschef Peter Terium unterstrich am Mittwoch die große Bedeutung der Anlage für die Energiewende, weil sie ähnlich flexibel wie Gaskraftwerke auf dem Strombedarf regieren könne.

Die erneuerbaren Energien brauchten noch mehrere Jahrzehnte konventionelle Kraftwerke. 'Am intelligenten Zusammenspiel müssen wir gemeinsam weiter arbeiten', sagte Terium. Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) betonte, RWE habe erkannt, wie konventionelle Energie-Erzeugung und erneuerbare Energie gemeinsam für die Energiewende genutzt werden könnten. 'Auch in Technologien wie der Braunkohle steckt noch viel Potenzial.' NRW-Ministerpräsidenten Hannelore Kraft (SPD) sagte, der Tag zeige, wie Innovationskraft konstruktiv für die Energiewende eingesetzt werden könne. 'Wir sprechen uns für den Neubau von Kohle- und Gaskraftwerken aus, die hocheffizient sind.'

Anders dagegen die Umweltschützer: Mit Parolen wie 'Klimaschutz statt Kohleschmutz' protestierten sie vor dem Werkstor gegen das neue Braunkohlekraftwerk. Dirk Jansen vom BUND in Nordrhein-Westfalen sprach von einer 'Dinosauriertechnik' und einer 'schweren Hypothek', für den Klimaschutz. Er zeigte sich zugleich zuversichtlich, dass die Anlage noch vor der geplanten Laufzeit von 30 bis 40 Jahren eingemottet werde.

Die Umweltorganisation Greenpeace sprach von einem 'Desaster für den Klimaschutz'. Neurath zähle 'zu den größten CO2-Schleudern Europas', hieß es in einer Mitteilung. 'Allein diese beiden Blöcke werden 17 Millionen Tonnen Kohlendioxid pro Jahr ausstoßen.' Die Linken in NRW bezeichneten das Braunkohlekraftwerk als 'Dreckschleuder'.

Der BUND griff Rot-Grün in Nordrhein-Westfalen an. 'Dass ausgerechnet Ministerpräsidentin Kraft diesen Klimakiller offiziell in Betrieb nimmt, belegt die widersprüchliche Energie- und Klimaschutzpolitik der Landesregierung', kritisierte der nordrhein-westfälische BUND-Chef Paul Kröfges. Er bemängelte auch, dass die Gewinnung von Braunkohle in den Tagebauen des Rheinlandes 'mit unbeherrschbaren Ewigkeitsschäden' verbunden sei.

Anders als SPD-Politikerin Kraft betonten die NRW-Grünen, ihre politische Ablehnung des Baus neuer Kohlekraftwerke bleibe bestehen: 'Nordrhein-Westfalen wird auch weiterhin die erneuerbaren Energien ausbauen und den Ausstieg aus der Kohle vorantreiben.'

In Deutschland wird etwa ein Viertel des Stroms aus Braunkohle erzeugt. Die neuen Anlagen des Kraftwerks Neurath sollen pro Jahr bis zu sechs Millionen Tonnen des Treibhausgases Kohlendioxid einsparen. Sie sollen alte Anlagen ersetzen, die zum Teil bereits außer Betrieb genommen worden sind. Terium kündigte an, Pläne für ein neues Braunkohlekraftwerk 'BoAplus' voranzutreiben. Am Standort Niederaußem soll es das modernste und umweltfreundlichste Braunkohlekraftwerk des rheinischen Reviers werden. Die Abkürzung 'BoA' steht für 'Braunkohlenkraftwerk mit optimierter Anlagentechnik'.

RWE-Chef Terium sieht gerade in der neuen Doppelblockanlage 'BoA 2&3' in Grevenbroich einen wichtigen Baustein für die Energiewende. Moderne Kohle- und Gaskraftwerke seien unverzichtbar, 'weil sie anders als Wind und Sonne immer und flexibel produzieren können', erklärte Terium. Dem Energiekonzern zufolge ist jeder Kraftwerksblock so konzipiert, dass er in 15 Minuten seine Leistung um gut 500 Megawatt verändern kann. Die neuen Blöcke könnten pro Jahr rund 16 Milliarden Kilowattstunden Strom produzieren.

Zur Grundsteinlegung war am 23. August 2006 auch Bundeskanzlerin Angela Merkel gekommen. Im Oktober 2007 sorgte dann ein schwerer Unfall auf der Baustelle für Aufsehen. In großer Höhe stürzte ein Stahlgerüst in die Tiefe. Drei Männer kamen ums Leben./ls/kie/DP/stb

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