- von Christian Rüttger und David Lawder
Berlin/Washington (Reuters) - Die von US-Präsident Donald Trump verhängten Importzölle stoßen weltweit auf entschiedene Ablehnung.
Von Europa über Asien bis Lateinamerika drängten Spitzenvertreter darauf, ihre Länder von den Abgaben zum Schutz der amerikanischen Stahl- und Aluminiumindustrie auszuklammern. Enge Handelspartner wie die Europäische Union, Japan und Südkorea warfen Trump am Freitag Protektionismus vor und drohten wie China mit Gegenmaßnahmen. Der Internationale Währungsfonds (IWF) und Branchenverbände warnten vor einer globalen Vergeltungsspirale und einem Handelskrieg. "Keiner würde in einem solchen Wettlauf gewinnen", sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel und mahnte zum Dialog. Wirtschaftsvertreter befürchten schwerwiegende Folgen für Verbraucher und exportstarke Industriezweige wie die deutsche Autobranche. Auch von Trumps Republikanern hagelte es Kritik.
Merkel machte klar, dass Deutschland die EU in ihrem Vorgehen unterstütze. "Aber den Vorzug müssen jetzt Gespräche haben." Sie plädierte für ein Handelsabkommen mit den USA, das weitere Barrieren abbaue und keine hinzufüge. "Wir haben als Regierung eine klare Zusage zum Multilateralismus." Ziel sei immer noch, dass die USA die Europäer von den Strafzöllen ausnähmen, sagte sie in München.
EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström kritisierte Trump scharf. "Dies ist der falsche Weg, damit umzugehen", sagte sie in Brüssel. Die EU erwarte, von den Zöllen ausgenommen zu werden. Der Vizepräsident der EU-Kommission, Jyrki Katainen, gab sich jedoch vor einem am Samstag anstehenden Gespräch mit Trumps Handelsbeauftragten Robert Lighthizer zurückhaltend. Das Treffen werde sicher nicht alle Probleme lösen. "Wir müssen uns entscheiden, ob wir ein regelbasiertes Handelsystem haben wollen, oder eines, bei dem der Stärkere den Ton angibt - so wie jetzt geschehen." Die EU ist der weltgrößte Handelsblock. Die Kommission prüft nun Importabgaben auf US-Waren wie Whiskey, Orangensaft oder Erdnussbutter. Insgesamt hat sie Produkte im Wert von 2,8 Milliarden Euro im Visier.
TRUMP SIEHT NATIONALE SICHERHEIT BEDROHT
Trump hatte sich am Donnerstag über die seit Tagen anhaltende Kritik aus dem In- und Ausland hinweggesetzt und wie angedroht Zölle von 25 Prozent auf Stahlimporte und zehn Prozent auf Aluminiumeinfuhren verhängt, die in zwei Wochen in Kraft treten sollen. Er begründete dies mit dem Schutz der nationalen Sicherheit. Billige Importe, besonders aus China, gefährdeten die heimische Branche und seien ein Angriff auf die USA. "Ohne Stahl hat man keinen Staat", sagte er im Beisein von US-Metallarbeitern bei der Unterzeichnung seiner Proklamation. Kanada und Mexiko sind von den Zöllen ausgenommen. Sollten sie jedoch aus Trumps Sicht keine ausreichenden Zugeständnisse bei den laufenden Neuverhandlungen des Nordamerikanischen Freihandelsabkommens Nafta machen, kann sich das ändern.
Trump stellte auch anderen Ländern in Aussicht, sie von den Zöllen auszunehmen. Sie müssten beim Handel mit den USA aber fair sein. Dabei würden unter anderem die Verteidigungsausgaben der Verbündeten berücksichtigt. Trump hat wiederholt Nato-Staaten kritisiert, die - wie Deutschland - weniger für Rüstung ausgeben als von der Allianz (DE:ALVG) vereinbart. Die US-Regierung hatte zunächst angedeutet, gegen alle Staaten Zölle verhängen zu wollen. Da Trump nun doch erste Ausnahmen zuließ, reagierten Aktienanleger vergleichsweise gelassen. Die europäischen Börsen lagen nur leicht im Minus.
Gerade Trumps Argument, die nationale Sicherheit sei bedroht, stieß auf Unverständnis. Europa sei keine Gefahr für die Sicherheit der USA, sagte Malmström. Der britische Handelsminister Liam Fox sagte, es wäre "absurd", sein Land aus Gründen der nationalen Sicherheit mit Zöllen zu belangen. Auch Japan und Südkorea, zwei der wichtigsten militärischen Verbündeten der USA in Asien, Australien sowie Brasilien - nach Kanada der größte Stahllieferant der USA - forderten, von den Zöllen ausgenommen zu werden. China verlangte eine Rücknahme und kündigte an, seine Interessen entschieden zu verteidigen.
Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries warf Trump vor, Strafzölle angeordnet zu haben, die nicht im Einklang mit den Regeln der Welthandelsorganisation WTO stünden. "Das ist Protektionismus, der enge Partner wie die EU und Deutschland vor den Kopf stößt und den Freihandel begrenzt." IWF-Chefin Christine Lagarde äußerte sich besorgt, dass Trumps Entscheidung weltweite Gegenmaßnahmen auslösen könne. Eine solche Eskalation sei gefährlich.
Der ranghöchste Republikaner im US-Repräsentantenhaus, Paul Ryan, zeigte sich besorgt wegen möglicher "unbeabsichtigter Konsequenzen" von Trumps Entscheidung. Er werde die Regierung dazu drängen, die Maßnahmen enger zu fassen. Senator Jeff Flake, einer der schärfsten innerparteilichen Kritiker Trumps, kündigte eine Gesetzesvorlage im Kongress an, mit der er die Zölle aufheben wolle. Trump verfügt jedoch über ein Vetorecht, das sich nur mit einer Zweidrittel-Mehrheit überstimmen lässt. Diese ist fraglich, da einige Demokraten die Schutzzölle befürworten.